Geschlechterdebatte in der Leichtathletik:Immer Ärger für die Frauen

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Der internationale Leichtathletik-Verband will Marathonläuferin Paula Radcliffe ihren Weltrekord aberkennen, weil er nicht in einem reinen Frauen-Rennen erzielt wurde. Ein klarer Fall von Ungleichbehandlung, der allerdings noch übertroffen wird: Hochspringerin Ariane Friedrich ist im Hochleistungszentrum des Emirats Katar unerwünscht - weil sie eine Frau ist.

Thomas Hahn

Die britische Läuferin Paula Radcliffe kann sich manchmal wirklich fragen, ob sich das rentiert hat, 2003 in London den Marathon-Weltrekord auf 2:15:25 Stunden verbessert zu haben. Nur Scherereien mit der Bestzeit, nur Ärger.

Da staunt Ariane Friedrich: Sie darf im Hochleistungszentrum in Doha nicht trainieren, weil sie eine Frau ist. (Foto: ddp)

Die einen messen sie ständig daran, die anderen vermuten Doping dahinter, und jetzt greift auch noch der Leichtathletik-Weltverband IAAF nach der Marke. Alles muss man selber machen: Weltrekord aufstellen, Weltrekord rechtfertigen, Weltrekord verteidigen gegen den Rotstift der Sport-Bürokraten.

Jedenfalls ist Paula Radcliffe am Donnerstag bei Präsident Lamine Diack vorstellig geworden, um diesem darzulegen, welch kolossalen Blödsinn die IAAF-Entscheidung darstelle, ab Januar Frauen-Marathon-Weltrekorde nur noch als solche gelten zu lassen, wenn sie in reinen Frauen-Rennen erzielt wurden.

Die Frauen haben es schon immer schwerer gehabt in der Leichtathletik. Und es geht immer noch munter weiter mit der Ungleichstellung, auch wenn es seit 2005 alle olympischen Disziplinen auch für Frauen gibt (außer das 50 Kilometer Gehen). Den Gipfel dieser Tatsache hat gerade die deutsche Hochsprung-Rekordlerin Ariane Friedrich erlebt: Sie hat ihr Trainingslager in Doha absagen müssen, weil sie im Hochleistungszentrum des Scheichtums Katar als Frau unerwünscht war. Im Grunde müsste auch Ariane Friedrich mal zu Diack, um diesem einen Eindruck von der Weltoffenheit des Olympia-Bewerbers für 2020 zu vermitteln.

Und die Marathon-Reform der IAAF ist in dieser Hinsicht auch größer, als sie erscheint. Marathons sind meistens gemischte Rennen, und wenn Frauen-Rekorde in solchen Rennen nicht anerkannt werden, weil die Frauen den Windschatten der Männer nutzen könnten, dürfte letztlich auch kein Mann mehr einen nationalen Rekord im Hinterfeld internationaler Marathons erzielen, weil er dort ja auch den Windschatten schnellerer Mitbewerber nutzen könnte.

Wenn die IAAF die Reform wirklich wie geplant in Kraft setzt, ist das ein klarer Fall von Ungleichberechtigung. Paula Radcliffe ist also aus gutem Grund bei Diack gewesen, und nicht nur, weil sie um ihren Weltrekord fürchtet. Den behält sie nämlich auf jeden Fall durch ihre 2:17:41 von London 2005, als es dort ein reines Frauenrennen gab.

© SZ vom 14.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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