Gefahren der Rallye Dakar:Todeskarawane durch die Pampa

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Gleich auf der ersten Etappe der aktuellen Rallye Dakar starb der Rennfahrer Jorge Martínez Boero, mit ihm erreichte das ewige Drama dieses Wettbewerbs auch Argentinien. Das Rennen ist eine Art Rodeo für Männer, die glauben, sich noch nicht ordentlich amüsiert zu haben. Die Veranstalter täten gut daran, besser aufzupassen und besser zu informieren - oder den PS-Exzess in der Wildnis bleiben zu lassen.

Peter Burghardt

Für Freunde schöner Landschaften und dicker Autos ist die wahnwitzigste Wettfahrt der Welt wie gehabt ein Vergnügen. Die Bilder sind noch spektakulärer geworden, seit die Rallye Dakar 2009 aus Afrika nach Südamerika geflüchtet ist. In diesem Jahr freuen sich die Fremdenverkehrsbüros von Mar del Plata, wo der Irrsinn zum Jahreswechsel begann, bis nach Lima, wo am 15. Januar die Überlebenden eintreffen.

Die Gefahr fährt mit - bei der Rallye Dakar kommt es immer wieder zu schweren Unfällen.  (Foto: AP)

Selbst viele Einheimische ahnten vor den Übertragungen kaum, welch grandiose Ebenen, Berge und Wüsten ihr Land zu bieten hat. Die Dünen im argentinischen und chilenischen Norden erinnern an die Sahara, die den Organisatoren wegen terroristischer Gefahren zu gefährlich geworden war. Aber spätestens bei dieser dritten Auflage in der neuen Heimat erkennen selbst wohlmeinende Zuschauer, dass tödliches Risiko zum System gehört.

Gleich auf der ersten Etappe des aktuellen Rennens starb der Argentinier Jorge Martínez Boero, mit ihm erreichte der Tod mitten in der Pampa auch Argentinien. Und tags darauf verloren zwei Landsleute ihr Leben, als ihr Leichtflugzeug abstürzte - sie hatten dem Treiben aus der Luft zusehen wollen.

Etwa 60 Tote sind es nun seit 1979. "Ein Inferno", schrieb das argentinische Sportblatt Olé. "Die Dakar ist für Abenteurer und Mutige", erläutert die Zeitung Clarín, aber niemand verstehe, weshalb die Missgeschicke diesmal gleich tonnenweise hinabstürzten. Dabei ist das nicht schwer zu kapieren.

80 Prozent der 465 Teilnehmer sind Amateure. Ein Argentinier verkaufte sogar sein Haus, um dabei zu sein - auf Teilstück zwei war Feierabend. Mäßig erprobte Piloten, Zuschauer und Berichterstatter überschätzen sich und unterschätzen Strecke, Hitze, Geschwindigkeiten. Nur die Elite genießt Maschinen, Erfahrung und Betreuung wie die Profis, am Mittwoch lagen Hummer-Mann Robby Gordon aus den USA sowie KTM-Motorradfahrer Cyril Despres aus Frankreich vorne.

Die Dakar ist eine Art Rodeo für Männer, die glauben, sich noch nicht ordentlich amüsiert zu haben. Die Veranstalter täten gut daran, besser aufzupassen und besser zu informieren oder den PS-Exzess in der Wildnis bleiben zu lassen. Doch die Karawane zieht weiter, nach Peru und wohl bald auch nach Brasilien. Dramatische Zwischenfälle sind einkalkuliert.

Der Franzose Sebastian Coue fiel nach einem Hitzschlag ins Koma, unterdessen soll er sich erholt haben. Der Argentinier Sergio Cerdera fuhr gegen ein Pferd, Bruno da Costa aus Frankreich gegen eine Kuh. Da Costa lebt. Die Kuh ist tot.

© SZ vom 05.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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