Fußball-WM in Brasilien:Frankreich siegt mit Videobeweis

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Honduras' Torwart Noel Valladares streckt sich vergeblich - der Ball ist laut Torlinientechnik hinter der Linie. (Foto: Jon Super/AP)

Frankreich startet mit einem deutlichen Sieg in die WM - der überragende Karim Benzema ist an allen drei Treffern beteiligt. Erstmals in diesem Turnier muss die Torlinientechnik helfen. Dafür versagt die Tontechnik.

Honduras' Trainer Luis Fernando Suarez konnte sich das Lachen nicht verkneifen, Schiedsrichter Sandro Ricci aus Brasilien fragte seinen Assistenten, was denn los sei und wie es nun weitergehen solle, und Frankreichs Mathieu Valbuena blickte drein wie ein kleiner Junge, dem der Weihnachtsmann die Playstation verweigert hat: Im Stadion Beira-Rio von Porto Alegre wurden vor dem Anpfiff die Nationalhymnen beider Mannschaften einfach nicht abgespielt. Offenbar versagte die Technik. Alle Beteiligten entschieden sich dann relativ zügig dafür, diesen Programmpunkt einfach zu überspringen, die Wimpel zu tauschen und loszulegen.

Die Partie verlief dann weniger kurios als das Vorprogramm: Frankreich hatte sie von Beginn an wie erwartet im Griff und siegte auch ohne Marseillaise 3:0 (1:0) durch Treffer von Karim Benzema (45./Foulelfmeter, 72.) und ein Eigentor von Honduras' Torhüter Noel Valladares (48.).

Benzema, der 26-jährige Stürmer von Real Madrid, der seine erste WM spielt, freute sich über den "schönen Sieg", gab aber zu: "Am Anfang haben wir uns schwer getan. Nach dem Platzverweis beim Elfmeter hatten wir mehr Platz und haben davon profitiert."

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Bei jenem zweiten Tor kurz nach der Halbzeitpause kam die Torlinientechnik zu ihrem ersten großen Auftritt bei dieser WM - zum Glück funktionierte sie im Gegensatz zur Tontechnik einwandfrei. Beim Schuss von Benzema an den Innenpfosten war der Ball zunächst nicht hinter der Linie, den nach innen prallenden Ball beförderte dann aber Torhüter Valladares dorthin. Das entlang der Linie rollende Spielgerät lenkte er mit der linken Hand über die Torlinie, ehe er es wieder zurückholte.

Auf der Anzeigetafel wurde die Szene in zwei Momente zerlegt: Ein Raunen ging durchs Stadion, als die Goal-Control-Technologie zunächst "No goal" nach Benzemas Schuss anzeigte; ein noch größeres Raunen dann, als sie sich bei der zweiten Sequenz für "Goal" entschied. So wurde bewiesen, dass es sich zwar um einen Treffer handelte, Benzema aber nicht der Torschütze war. Honduras' Trainer Suarez musste zum zweiten Mal grinsen.

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Nicht benötigt wurde die Torlinientechnik auf der anderen Seite. Honduras wartet, was wenig überraschend ist angesichts eines eklatanten Mangels an Versuchen, weiterhin auf den ersten Treffer bei einer Weltmeisterschaft seit 1982. Ein Schüsschen von Oscar Boniek Garcia in der 68. Spielminute war der erste Torabschluss der Honduraner in dieser Partie und auch der letzte.

Frankreichs Trainer Didier Deschamps wird sehr erleichtert gewesen sein, die Pflichtaufgabe zum Auftakt erledigt zu haben; nach verschiedenen Skandalen und internen Streitigkeiten hatte er die französische Auswahl ja wieder in die Spur gelenkt und zuletzt "die Freude in der Gruppe" gespürt. Nur noch vier Spieler aus der Chaostruppe von 2010 stehen noch im Aufgebot, mögliche Auswirkungen einer Blamage gegen Honduras waren jedoch bereits zu erahnen.

Eine Blamage drohte allerdings zu keiner Zeit, von Beginn an hatte Deschamps' Mannschaft alles unter Kontrolle und kam gegen einen destruktiven Gegner auch zu einigen Torchancen. Nach einem Freistoß von Valbuena geriet Jerry Bengtsons Kopfballabwehr zu kurz; den Schuss von Blaise Matuidi aus 12 Metern lenkte Honduras' Torhüter Noel Valladares mit den Fingerspitzen an die Querlatte (15.). Und auch Antoine Griezmann scheiterte nach einer Flanke von Patrice Evra mit einem Kopfball am Gebälk (22.). Zwei Minuten später setzte Griezmann mit einem Flügelwechsel Valbuena ein, Benzema köpfelte die Hereingabe übers Tor (24.).

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Gerade als kurz vor der Pause der Eindruck entstand, die Franzosen könnten das Abwehrbollwerk des Gegners doch langsam als lästig empfinden, stieß Wilson Palacios von Stoke City aus recht unerfindlichen Gründen den Turiner Paul Pogba im Strafraum um; Palacios, der zuvor schon nach einer wilden Treterei mit Pogba ebenso Gelb gesehen hatte wie sein Gegenspieler, erhielt nun Gelb-Rot, und den Foulelfmeter verwandelte Stürmer Benzema zum 1:0-Führungstreffer.

Das 2:0 wurde als Eigentor von Torwart Valladares verbucht; ein zweites Tor für Benzema, das er sich hätte anrechnen dürfen, verhinderte Valladares dann zunächst wenige Minuten später durch bloße Anwesenheit - er wurde von dem französischen Stürmer direkt angeschossen (55.). In der 72. Minute war Valladares dann allerdings machtlos: Nach einem Eckstoß schoss Mathieu Debuchy aus dem Rückraum, sein Versuch wurde abgeblockt, doch im Nachschuss traf Benzema.

Die Honduraner, die eine ganze Spielhälfte in Unterzahl verbrachten hatten, schleppten sich nun immer mühevoller über den Platz und sehnten das Spielende spürbar herbei; die Franzosen sahen offenbar keine Notwendigkeit mehr, sich zu verausgaben. Sie hatten die Pflicht erfüllt - genauso wie das Goal-Control-System. War nur noch die Frage zu klären, was eigentlich bei der Tontechnik vorgefallen war.

Der Videobeweis auf der Anzeigetafel im Stadion (Foto: Franck Fife/AFP)
© SZ vom 16.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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