WM-Erfolg für die Schweiz:Hitzfeld wechselt den Sieg ein

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Sieg in der Nachspielzeit: Der eingewechselte Haris Seferovic rettet den Schweizer WM-Auftakt. (Foto: AP)

Beinahe hätte die Schweiz ihr Auftaktspiel verpatzt. Doch zwei Einwechselspieler drehen die Partie gegen Ecuador. Den Siegtreffer in der Nachspielzeit macht der Schiedsrichter möglich - durch eine treffliche Regelauslegung.

Nicht nur in der Schweiz sprechen sie ja von einer goldenen Generation, sondern auch in Ecuador. Die beste Nationalmannschaft aller Zeiten sei es, die da nach Brasilien gereist sei. Was damit gemeint sein soll, führten die Ecuadorianer beim 1:2 gegen die Schweiz über weite Strecken auch vor: Mit ihrer Robustheit, ihrer Athletik und ihrer Disziplin schienen sie lange auf dem besten Wege zu sein, Ottmar Hitzfeld den Auftakt seiner Abschieds-WM zu verderben.

Der 65-jährige Übungsleiter beendet nach diesem Turnier ja seine Karriere und möchte aus diesem Anlass nach eigener Aussage nicht weniger als "Geschichte schreiben", was er so definiert: "Weiter kommen als bis zu den Achtelfinals." Den ersten Schritt haben sie nun gemacht, genauer gesagt machte ihn Haris Seferovic. Der eingewechselte Stürmer von Real Sociedad San Sebastian traf in der dritten Minute der Nachspielzeit zum Sieg.

"Ganz, ganz schön und unbeschreiblich" fand es Admir Mehmedi vom SC Freiburg, der ebenfalls eingewechselte Schütze des Ausglichstors (48.): "In der ersten Halbzeit hat nach vorne nicht viel geklappt, aber Ecuador hat auch sehr gut gekämpft."

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Ecuadors Stürmer Felipe Caicedo hatte die Schweizer vor der Partie als "eine Kopie der Deutschen" bezeichnet; sechs Spieler aus der Bundesliga nominierte Hitzfeld für die Startaufstellung. Neben Torwart Diego Benaglio und Linksverteidiger Ricardo Rodriguez (beide VfL Wolfsburg) sowie den Offensiven Xherdan Shaqiri (Bayern München), Granit Xhaka (Borussia Mönchengladbach) und Josip Drmic (bisher Nürnberg, künftig Leverkusen) setzt Hitzfeld auch auf Innenverteidiger Johan Djorou, der beim Hamburger SV eine eher enttäuschende Saison gespielt hatte.

Zwischen angespannt und entspannt

Die Schweizer, die in den vergangenen 28 Spielen nur vier Niederlagen erlebt hatten, fanden zunächst keine Mittel, um zu Torchancen zu kommen - viel zu statisch, zu langsam und zu ideenlos agierten sie, Fernschüsse blieben lange Zeit ihr einziges Mittel, um den Ball überhaupt einmal Richtung Ziel zu befördern.

Nach einer Viertelstunde gelang Shaqiri immerhin mal ein Schuss aufs Tor; doch in Führung gingen die Ecuadorianer. Nach einem Freistoß von Walter Ayovi von der linken Seite traf Enner Valencia mit einem wuchtigen Kopfstoß (22.); der Angreifer des mexikanischen Erstligisten CF Pachuca durfte sich ungedeckt im Strafraum herumtreiben.

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Die Schweizer hingegen stemmten sich zunächst nicht besonders wuchtig gegen das drohende Schicksal; sie schienen eher in jenem Zwischenstadium zwischen "angespannt und entspannt" zu schweben, in dem sich der 65-jährige Hitzfeld vor dem Turnier nach eigenen Angaben selbst befunden hatte. Doch zumindest verzeichneten sie mit zunehmender Spielzeit ein paar Torchancen: Valon Behrami nach einer Ecke (34.) und Gökhan Inler mit einem Distanzschuss (36.) scheiterten an Ecuadors Torwart Alexander Dominguez (34.).

Zur zweiten Spielhälfte wechselte Hitzfeld den siebten Bundesligaspieler ein, Freiburgs Mehmedi kam für Valentin Stocker (der zur kommenden Saison aus Basel zu Hertha BSC Berlin geht). Und dieser Wechsel lohnte sich prompt: Mehmedi traf bei seinem ersten Ballkontakt zum 1:1 (48.) - nach einem Eckstoß mit dem Kopf. Nicht nur durch diesen Treffer trug Mehmedi entscheidend zur Belebung seiner Mannschaft bei.

Auf der Gegenseite schoss Enner Valencia nach einer Stunde knapp am Tor vorbei, doch nun wurden die Schweizer immer dominanter. Ein Treffer von Drmic zählte wegen einer vermeintlichen Abseitsposition des Stürmers zu Unrecht nicht (70.); Shaqiri schoss nach Zuspiel von Mehmedi aus spitzem Winkel ans Außennetz (72.).

Es dauerte allerdings nicht lange, bis die Schweizer wieder etwas schwächer wurden, Ecuador blieb bei seinen Kontern gefährlich. Nach einem Aussetzer von Steve von Bergen eroberte Jefferson Montero den Ball, doch Djourou klärte noch vor dem leeren Tor (74.). Dann parierte Benaglio mit Mühe und Not einen Freistoß von Michael Arroyo (87.); und in der dritten Minute der Nachspielzeit zögerte Arroyo bei einer Großchance zu lange.

Während sich Arroyo noch geärgert haben wird, den Sieg für Ecuador vergeben zu haben, lief der Gegenangriff. Der Schiedsrichter, der den Schweizern ja ein reguläres Tor aberkannt hatte, legte diesmal die Vorteilsregelung trefflich aus und ermöglichte es Rodriguez, den Ball noch einmal flach nach innen zu bringen.

Seferovic eilte heran und traf unter die Querlatte - mit einem Schuss, dem all die Entschlossenheit innewohnte, die man bei den Schweizern zuvor vermisst hatte.

© SZ vom 16.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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