Fußball-WM 2019:"Und was spielen wir dann? Querpässe!"

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Sara Däbritz (r.) und Alexandra Popp können am Ende doch noch feiern - zufrieden sind sie mit dem Spiel gegen China aber nicht. (Foto: AFP)
  • Die deutsche Nationalelf muss für das zweite WM-Spiel nach Valenciennes reisen.
  • Nach dem 1:0 gegen China zum Start wird klar, dass sich noch einiges verbessern muss im Team.
  • Gegen Spanien könnte es am Mittwoch schon ums Weiterkommen gehen.

Von Ulrich Hartmann, Lille

Am Sonntagmittag ist der Zug der deutschen Fußballerinnen in den Disneyland-Bahnhof nahe Paris eingefahren. Aussteigen durften sie dort aber nicht. Mit dem TGV 5272 waren sie nur auf der Durchreise von Rennes nach Lille. In der Bretagne hatten sie am Samstag mit 1:0 ein rustikales WM-Auftaktspiel gegen China gewonnen, das alles andere war als Disneyland.

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In Lille ganz im Norden Frankreichs bereiten sie sich nun auf ihr zweites Spiel vor: am Mittwoch (18 Uhr, ZDF) im nahen Valenciennes gegen Spanien. Hier geht es bereits vorentscheidend um den Gruppensieg, der dann auch beste Chancen fürs Achtelfinale böte. Doch wenn sie gegen Spanien so spielen wie gegen China, dann wird das schwierig.

"Das ist nicht unser Anspruch", hatte die Torhüterin Almuth Schult nach dem glücklichen Auftaktsieg unmissverständlich mitgeteilt. Vor allem im Mittelfeld angesichts vieler Ballverluste fehlte der deutschen Mannschaft noch die WM-Reife. Glücklicherweise gingen die Kontrahentinnen aus dem Reich der Mitte mit ihren Chancen allzu großzügig um. "Das war in der Abwehr deutlich zu viel", sagte Schult über die taktischen und individuell spielerischen Ungereimtheiten. Die 28-Jährige vom VfL Wolfsburg formuliert die Hoffnung auf Besserung im nächsten Spiel am Mittwoch: "Wo wir wirklich stehen, das wird man vielleicht nach dem Spanien-Spiel sehen."

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In der Hauptstadt der Region Hauts-de-France, also hoch droben in Frankreich nahe der belgischen Grenze, werden in einem Mercure-Hotel nun die Weichen fürs Turnier gestellt, denn so wie gegen China darf das deutsche Team nicht noch einmal auftreten, wenn es wirklich Weltmeister werden will.

"Das Bittere im Auftaktspiel war", sagt die Stürmerin und Kapitänin Alexandra Popp, "dass wir immer sagen: Wir spielen keine Querpässe - und was spielen wir dann? Querpässe!" Im Mittelfeld, französisch: Milieu de Terrain, hätten die deutschen Fußballerinnen beinahe ihre ganze Zuversicht schon wieder verspielt. "Wir standen sehr hoch, weil wir halt auch immer sehr offensiv spielen wollen", erklärte Popp. Gegen Spanien werden sie ein bisschen mehr Vorsicht walten lassen müssen.

Das Städtchen Valenciennes ist gut 200 Autobahn-Kilometer von Aachen entfernt und 300 von Trier. Die deutsche Delegation hegt fürs zweite Spiel darum Hoffnung auf ein bisschen Heimspiel-Atmosphäre. In Rennes war das Stadion 'Roazhon Park' insgesamt nur zur Hälfte gefüllt und die einzigen, die Stimmung machten, waren chinesische Zuschauer. Im 'Stade du Hainaut' in Valenciennes wünschen sich die deutschen Spielerinnen ein bisschen mehr Unterstützung. Gut zu erreichen wäre auch noch der WM-Spielort Reims (etwa 250 Kilometer von Saarbrücken), in dem sie im Achtelfinale spielen würden, wenn sie in ihrer Gruppe Zweiter werden.

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Doch mit diesem Ziel geht die Mannschaft natürlich nicht ins Spiel gegen Spanien. "Es wird uns besser liegen, dass die Spanierinnen auch das Spiel machen wollen", glaubt Popp. Die Spanierinnen haben sich in ihrem ersten Spiel gegen Südafrika ebenfalls schwer getan. Durch einen zweifelhaften Hand- (69.) und einen zweifelhaften Foul-Elfmeter (82.) haben sie das Spiel spät gedreht, nachdem sie 44 Minuten lang 0:1 hinten gelegen hatten. Am Ende gewannen sie 3:1. Die Erfahrung der Deutschen, "im ersten Spiel Widerstände überwinden zu müssen" - wie die Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg euphemistisch formulierte - haben die Spanierinnen mithin auch gemacht.

Ein Fragezeichen vor dem Spiel steht hinter dem Einsatz der deutschen Spielmacherin Dzsenifer Marozsan, die am Samstag die harte Gangart der Chinesinnen besonders zu spüren bekommen hatte und nach trotzdem durchgehaltenen 90 Minuten mit lädiertem Fuß vom Platz gehumpelt ist. Wohl auch aus diesem Grund hat Marozsan, ähnlich wie ihre Nebenfrauen im Mittelfeld-Dreieck, Sara Däbritz und Melanie Leupolz, gegen China eine nur mäßige Leistung gezeigt.

Auf ihre Erfahrung wird das Team in den weiteren Spielen gleichwohl nicht verzichten können und es muss sich zudem auch erst noch zeigen, ob die beiden jungen Spielerinnen Giulia Gwinn, 19 (und Torschützin gegen China), und Lena Oberdorf, 17, die gegen China überragende Leistungen gezeigt haben, auf diesem Niveau so unbekümmert weiterspielen können. Wenn ja, werden sie sich nach der WM sicher doch noch mit einem Besuch im Disneyland belohnen dürfen.

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