Fußball in Italien:Wie Hafenarbeiter

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Italiens Fußballer drohen mit Streik - Grund für den Protest sind zwei Punkte im neuen Tarifvertrag, die zwischen Liga und Kickern umstritten sind. Die Spielergewerkschaft um den Fußballlinken Cristiano Lucarelli gibt sich hartnäckig.

Birgit Schönau

Wenn Fußballprofiis streiken wollen, ruft das ungläubiges Staunen oder triefenden Spott hervor. Erst recht, wenn es sich um italienische Fußballer handelt. Für den 16. Spieltag am 11./12.Dezember hat die Spielergewerkschaft AIC zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Jawohl: Spielergewerkschaft. Wer das merkwürdig findet, sei daran erinnert, dass sich in Italien auch Wahrsager gewerkschaftlich organisieren.

Fußballmillionäre wie Samuel Eto'o von Inter Mailand betreffen die Änderung des Tarifvertrages nicht unbedingt - Spieler aus unteren Ligen aber sehr wohl. (Foto: AFP)

Ein richtiger Streik ist es gar nicht, der Spieltag soll nachgeholt werden. Es geht um zwei Punkte im neuen Tarifvertrag, die zwischen Liga und Kickern umstritten sind: Künftig sollen Klubs Spieler ohne deren Zustimmung transferieren können, sofern dies für die Profis keinen finanziellen Verlust oder sportlichen Abstieg bedeutet. Zudem soll den Spielern das Training mit der Mannschaft verweigert werden dürfen.

Bereits im September hatte die AIC wegen der Ungereimtheiten des neuen Vertrags streiken wollen, hatte aber damals wegen der Reaktion in der Öffentlichkeit lieber darauf verzichtet. Ligachef Maurizio Beretta hatte damals geschimpft, die armen Tifosi müssten in der Wirtschaftskrise auf vieles verzichten, um im Fernsehen oder im Stadion ihrer Mannschaft zu folgen. Und den 635 Serie-A-Spielern zu ermöglichen, durchschnittlich 1,3 Millionen Euro im Jahr zu verdienen! Dass die Vereinseigentümer den einen oder anderen Cent von den Zuwendungen der Tifosi abzweigen, erwähnte Beretta bei dieser Gelegenheit nicht. Die Marschrichtung war klar: Unglaublich, diese verwöhnten Fußball-Millionäre - verdienen ein Heidengeld und wagen es, einen Streik auszurufen als seien sie Hafenarbeiter!

"Die leben wohl auf dem Mond!"

So ähnlich hören sich die Kommentare auch jetzt wieder an. "Die leben wohl auf dem Mond", erklärte Daniele Capezzone, Sprecher von Berlusconis "Freiheitsvolk". Die Italiener, mutmaßte Capezzone, wären entsetzt über den Streik eines Berufsstandes, "der nicht weiß, was die Wirtschaftskrise ist". Er schlage vor, Tarifverträge für Fußballer abzuschaffen, die Kicker sollten sich als Selbstständige verdingen.

Doch die Spielergewerkschaft AIC vertritt durchaus nicht nur Millionäre. Auf einen Zlatan Ibrahimovic oder Samuel Eto'o mit ihren jeweils neun Millionen netto im Jahr kommen Heerscharen von Reservisten, die in der ersten Liga für 18000 und in der dritten für 13.000 Euro arbeiten. Um sie dreht sich der Streit - die Großen können sich gegen einen ungewollten Transfer ganz gut allein wehren.

"Wir kämpfen für unsere Rechte, nicht für Geld", sagte Cristiano Lucarelli, der überragende Linke des italienischen Spielbetriebs: "Unsere Gewerkschaft repräsentiert 2800 Spieler, das sind nicht alles Superreiche. Mein Vater war Hafenarbeiter in Livorno, ich weiß, dass gewisse Kollegen in der dritten Liga auch nicht mehr verdienen." Und dann fügte Lucarelli listig hinzu: "In Italien fehlen zwar die Professoren an den Universitäten aber nicht die Meister der Demagogie."

Eine Anspielung an die Revolte der Studenten gegen die Kürzungspläne der Regierung Berlusconi (der Premier ist auch Arbeitgeber von Capezzone und Ibrahimovic). Unterdessen arbeitet der Verband daran, den Streik abzuwenden. Die Chancen stehen nicht schlecht, bislang hat die Spielergewerkschaft noch immer im letzten Moment eingelenkt. "Wir sind immer bereit, eine Einigung zu finden", sagte Fabio Grosso von Juventus Turin. Es sind ja noch zehn Tage Zeit.

© SZ vom 02.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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