Hängende Spitze:Eier-Protest zur Primetime

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"Eure Spielansetzungen gehen uns auf die Eier": Gladbacher Fans protestieren mit einem Banner und gefärbten Ostereiern - passend zu den Feiertagen. (Foto: Weis/TEAM2sportphoto/Imago)

In Gladbach erklären sich Fans per Wurf-Aktion im Stadion unzufrieden über die selten zur Bundesliga-Tradition passenden Anstoßzeiten ihres Klubs. Dabei gibt es ein kleines Problem.

Glosse von Ulrich Hartmann

Warnung, liebe Leserinnen und Leser: Im nachfolgenden Text werden überdurchschnittlich häufig die Wörter "Tradition" und "traditionell" verwendet. Wem das auf die Eier geht, der kann die entsprechenden Stellen färben, pardon: schwärzen.

Beim langjährigen Fußball-Bundesligisten Arminia Bielefeld heißt das Stadionheft, ungeachtet der aktuellen Zweitklassigkeit des Traditionsklubs aus Ostwestfalen, "Halbvier". Halb vier ist den Traditionalisten unter den Fußballfans eine heilige Zeit, weil die Bundesliga traditionell samstags um 15.30 Uhr angepfiffen wird. Früher galt das für sämtliche Spiele. Heute nur noch für gut die Hälfte der Partien.

Auch bei Borussia Mönchengladbach wird Tradition großgeschrieben. Zwar heißt das Stadionheft hier "Fohlenecho" und nicht Halbvier oder Fuffzehndreissich, aber das tief verwurzelte Traditionsverständnis der Fans hat auch am Niederrhein eine zeitliche Komponente. Samstags lässt sich einfach nachmittags gut Fußball schauen - und dann hinterher in gemütlicher Runde darüber meditieren. In Mönchengladbach geschieht das traditionell mit lokalem Altbier.

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Von Ulrich Hartmann

Nun ist Gladbach allerdings als Traditionsverein auch überdurchschnittlich attraktiv für Übertragungszeiten, die von der Norm abweichen. Am Samstagnachmittag gibt es im Bezahlfernsehen die traditionelle Fußball-Konferenz mit mehreren Klubs, alle anderen Anstoßzeiten im Bundesliga-Kalender von heute sind exklusiv. Dass ihre Borussia für letztere von den Spielplangestaltern der Deutschen Fußball-Liga als besonders geeignet erachtet wird, müsste den Gladbacher Fans eigentlich schmeicheln - tut es aber nicht.

Borussia Mönchengladbach, so viel steht fest, wird am Ende dieser Bundesliga-Saison nur ganze neun Mal samstags um 15.30 Uhr gespielt haben. Ansonsten: je einmal dienstags und mittwochs um halb neun, zweimal sonntags um halb acht, dreimal sonntags um halb sechs, je fünfmal freitags um halb neun und sonntags um halb vier - sowie achtmal samstagabends um halb sieben.

Man sieht an diesem Durcheinander schon: Würden die Arminen in Bielefeld ihr Stadionheft nach heutigen Kriterien benennen, dann dürfte dieses Periodikum nur noch "Halb" heißen. Denn dies ist die einzige Konstante im derzeit gültigen deutschen Fußball-Kalender.

Die Gladbacher Fans haben deshalb am Ostersonntag - beim wichtigen Heimsieg gegen den VfL Wolfsburg (2:0) - ein feiertägliches Stilmittel des Protests gewählt. Sie haben in der ersten Halbzeit gefärbte Ostereier auf den Rasen geworfen, während von einem Banner im Fanblock der Spruch abzulesen war: "Eure Spielansetzungen gehen uns auf die Eier."

Kleines Problem: Die Gladbacher Fanszene ist mit ihren Choreographien, Spruchbannern und Protestaktionen (wenn auch bisweilen grenzwertig) derart kreativ unterwegs, dass das nicht in der Konferenz samstags um halb vier versteckt werden kann. Derlei fußballerisches Kulturgut erfordert Exklusivität, freitags, samstags oder am Sonntagabend. Zur Primetime, wie man so schön sagt.

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