Fußball-Bundesliga:Neues Grauen beim HSV

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Lieber verstecken: Michael Gregoritsch (vorne) (Foto: Bongarts/Getty Images)

Nach gutem Start fällt dem Hamburger SV in Mainz gar nichts mehr ein. Der Rückfall in alte Muster zeigt sich sogar bei den Fans.

Von Christoph Ruf, Mainz

Das Urteil der Mainzer Fans stand fest - und es klang nicht gut in hanseatischen Ohren. "Absteiger" und "Zweite Liga", hallte es den HSV-Spielern entgegen, die sich nach der 1:3-Niederlage in Mainz zum Gesprächszirkel am Anstoßkreis versammelt hatten. Für deren Fans in der Gästekurve war das offenbar zu viel des Schlechten, sie antworteten mit einem Rekurs auf die ruhmreiche Vergangenheit der Hanseaten: "In Europa kennt euch keine Sau." Das war nun allerdings ein miserabler Konter. Schließlich waren es die 05er, nicht die Hamburger, die diese Saison in der Europa League gespielt haben.

Die Qualifikation fürs internationale Geschäft dürfte den Mainzern in dieser Spielzeit kaum noch gelingen, doch sie scheint immer noch wahrscheinlicher als dass sich dieser HSV vorzeitig aus dem Abstiegsrennen verabschiedet. Dabei hatten sich im ersten Durchgang noch all die bestätigt gesehen, die finden, dass Markus Gisdol dem Team Struktur und phasenweise auch Spielkultur beigebracht hat.

Der HSV blieb zwar seiner defensiven Ausrichtung treu, doch wenn der Ball mal erobert war, ging es planvoller und durchdachter zu als bei den Gastgebern, denen man die Verunsicherung anfangs stark anmerkte. So schafften es die ballsicheren Offensiven wie Nicolai Müller, Filip Kostic und Michael Gregoritsch immer mal wieder, sich mit wenigen Ballkontakten vor das Mainzer Tor zu kontern. Dementsprechend verdient war die Hamburger Führung durch Bobby Wood (21.). Nach dem Tor folgten 15 ordentliche Hamburger Minuten - und 55 grauenhafte.

Danny Latza trifft drei Mal, Hamburg fällt zurück in alte Verhaltensmuster

Diese nicht eben kurze Hamburger Schwächeperiode nutzte wiederum ein Mann, der nach dem Schlusspfiff verlegen lächelnd in der Interviewzone stand, in den Armen den Spielball, den ihm der Mainzer Teamkollege Pablo de Blasis vorher in die Hand gedrückt hatte: Danny Latza war mit seinen drei Treffern (35./56./67.) der Mann des Tages. "Ich hätte mich auch über einen Treffer gefreut", sagte der gebürtige Gelsenkirchener, der gerade erst von einer langwierigen Adduktorenverletzung genesen war. Und versprach seinen Kollegen bei der Weihnachtsfeier "ein oder zwei Getränke" auszugeben.

"Nach seiner Verletzung ist alles von ihm abgefallen", freute sich Sportdirektor Rouven Schröder. "Und dann schießt er als zentraler Mittefeldspieler drei Tore - das ist unfassbar." Als Team sei man "über die Zweikämpfe ins Spiel reingekommen. Vielleicht haben wir es deshalb gedreht". Deshalb, und weil der HSV nach dem Ausgleich nichts mehr von dem zeigte, was seinen Fans zuvor noch gefallen hatte.

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In der zweiten Halbzeit fällt der HSV in alte Alibi-Fußball-Zeiten zurück

Der zweite Durchgang war wieder ein Rückfall in die Zeiten des Saisonbeginns, als selbst eingefleischte HSV-Fans keine Argumente fanden, warum diese Alibi-Mannschaft in der kommenden Saison noch erstklassig spielen sollte. Ohne jede Überzeugung bestritt der HSV nun die Zweikämpfe, ein Verzweiflungsschuss von Gotoku Sakai (69.) war einer von zwei, drei harmlosen Torabschlüssen im zweiten Durchgang. Mehr brachte der HSV nicht zustande.

Das Team war zuletzt in vier Spielen ohne Niederlage geblieben und hatte dabei acht Zähler geholt - eine Bilanz, mit der Gisdol nun in Hamburg plötzlich nicht mehr als Fehlbesetzung gilt, sondern als Ideallösung für den dringend notwendigen Neustart. Da der allerdings nicht nur auf dem Feld, sondern auch im administrativen Bereich erfolgen soll, wurde bekanntlich Heribert Bruchhagen von seinem Rentnerdasein erlöst. In Mainz war er noch nicht vor Ort, seine vertraglichen Pflichten als Sky-Experte fürs "Top-Spiel" zwangen ihn am Samstag nach Wolfsburg. Am kommenden Dienstag, wenn der HSV im Volksparkstadion auf Schalke 04 trifft, wird Bruchhagen allerdings höchstpersönlich im Stadion sein. Ein Top-Spiel kann es aber nicht sein, wenn eine von beiden Mannschaften der HSV ist.

© SZ vom 18.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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