Bochum besiegt Berlin:Mit der Kraft des Schokotalers

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Akrobatischer Fallrückzieher: Hätte Bochums Takuma Asano diese Aktion mit einem Tor abgeschlossen, er wäre mit Sicherheit ein Kandidat für den Treffer des Jahres geworden. (Foto: Chai v.d. Laage/Imago)

Der VfL Bochum setzt seinen Aufwärtstrend fort. Beim 3:0-Sieg gegen den direkten Konkurrenten Union Berlin überzeugt besonders Takuma Asano mit einem Tor, zwei Fallrückzieher-Versuchen - und einem ungewöhnlichen Snack.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Am Samstag um 15.42 Uhr hat mitten im Ruhrgebiet der Japaner Takuma Asano aus Komono in der Präfektur Mie ein Stück Schokolade gegessen. Dieser Vorfall warf Fragen auf: Wie erhält ein Fußballprofi, der gerade ein Bundesliga-Spiel für den VfL Bochum absolviert, in diesem Augenblick Zugang zu Schokolade, und wieso überhaupt verzehrt Asano so etwas, obwohl sein Trainer Thomas Letsch doch nach dem Spiel sagte: "Ich hätte nicht gedacht, dass Taku überhaupt Schokolade isst, der lebt so gesund."

Am Wochenende brachten in vielen Stadien Fans ihre Missbilligung des Einstiegs von Investoren bei der Bundesliga dadurch zum Ausdruck, dass sie symbolträchtig Schoko-Goldtaler aufs Feld warfen, um den Spielbetrieb zu stören. Die Fußballer halfen, den Rasen von der zuckerhaltigen Währung zu befreien. Asano, nach eigener Aussage ausgangs eines anstrengenden Jahres bereits zu Spielbeginn ein wenig müde, wickelte ein Stück Schokolade aus und steckte es sich in den Mund. 40 Minuten später schoss er Bochums erstes Tor beim 3:0-Sieg über Union Berlin, und in der 74. Minute hätte er beinahe auch noch einen tollkühnen, spektakulären Fallrückzieher versenkt, der vermutlich zum Tor des Jahres gewählt worden wäre. Schon in der ersten Halbzeit hatte er ein solches Kunststück versucht. Juristische Anfechtungen seines Leistungsausbruchs sind nicht zu erwarten. "Schokolade", witzelte der Trainer Letsch, "steht nicht auf der Doping-Liste."

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Die DFL hat sich redlich bemüht, über ihre Investoren-Pläne aufzuklären. Es hat wohl nicht gereicht. Doch der genauere Blick zeigt: Es geht um Konkurrenzfähigkeit, nicht um den Ausverkauf.

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"Die Schokolade", räumte Asano hernach ein, "hat gar nicht so gut geschmeckt - aber sie hat mir Power gegeben." Als gesündere und nachhaltigere Energie-Booster gelten zwar Avocado, Banane und Brokkoli, allerdings hätten Obst und Gemüse die Seriosität des Fan-Protestes womöglich untergraben. Als der Rasen wieder gesäubert und fürs Fußballspielen hergerichtet war (alle anderen Schokotaler wurden beiseite geworfen und nicht gegessen), forcierten die Bochumer mit wachsendem Selbstvertrauen ihren zweiten Sieg binnen drei Spielen und schafften es, sich durch den ersten Heim-Treffer von Asano in dieser Saison (45+5.) sowie die weiteren Tore von Goncalo Paciencia (54.) und Kevin Stöger (78., Foulelfmeter) spürbar von der Abstiegszone zu entfernen.

"Wir sind gut und glauben an uns": Bochums Trainer Thomas Letsch strahlt Führungsqualitäten aus - das macht sich derzeit bezahlt. (Foto: David Inderlied/dpa)

Dem Bochumer Sportdirektor Mark Lettau fielen nach Abpfiff etliche Vokabeln ein, um diese außerordentliche Bochumer Leistung einzuordnen. Er fand, dies sei das beste VfL-Spiel in dieser Saison gewesen, er sei stolz auf seine Profis und sprach von "Maximum", "Leistungspeak" und "Benchmark". Dass der Trainer Letsch hernach behauptete, "auf dieser Leistung lässt sich aufbauen", setzt die Mannschaft zwar eigentlich ganz schön unter Druck, allerdings hat sie im nächsten und das Jahr abschließenden Spiel am Mittwochabend in Leverkusen gar nicht so viel zu verlieren. "Ich hoffe, dass wir in Leverkusen einen Punkt mitnehmen", sagte der bärenstarke Bochumer Spielgestalter Stöger und machte es sich mit dieser Erwartungshaltung einfach, schließlich fehlt er am Mittwochabend gelbgesperrt.

Für Union ist die Niederlage ein Rückschlag

Bochums jüngste Bilanz mit 13 Punkten aus neun Spielen kommt etwas überraschend, wenn man sich daran erinnert, dass der Trainer Letsch vor gut zwei Monaten nach einer 1:3-Heimniederlage gegen Borussia Mönchengladbach äußerst zerknirscht gewesen war und "alles in Frage" gestellt hatte: sein System ebenso wie die Einstellung der Spieler. Man habe danach, berichtete Letsch am Samstag, "analysiert, trainiert und viel gesprochen", überdies hat er als Fan einer Dreierkette seine Fußballer in den vergangenen sechs Spielen wieder die von ihnen offenbar favorisierte Viererkette spielen lassen.

Alles in allem, so Letsch, sei die Mannschaft zuletzt stabiler geworden: "Wir sind gut und glauben an uns." Das empfinden so auch die Fans, die das Ruhrstadion mit einem Medley aus Lieblingsliedern beschallten, darunter: "VfL, mein Herz schlägt nur für dich" und "So ein Tag, so wunderschön wie heute". Bochums spanische Celta-Vigo-Leihgabe Gonçalo Paciência war von der Stimmung im beleuchteten Ruhrstadion jedenfalls derart berauscht, dass er um 17.40 Uhr in den Katakomben in brüchigem Deutsch schwärmte: "Das war eine tolle Nacht!"

Tatsächlich zappenduster war die Stimmung bei den Gästen aus Berlin, die im dritten Pflichtspiel unter dem neuen Trainer Nenad Bjelica die zweite Niederlage kassierten. Nach einem 3:1-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach und einer allerdings respektablen 2:3-Niederlage gegen Real Madrid stimmte nun erstmals die Einstellung nicht, was Unions Kapitän Rani Khedira zur Kollektivschelte veranlasste: "Ich bin gerade sauer auf alles, denn wenn du mit zehn Punkten da unten drinstehst, kannst du nicht zufrieden sein, dann kannst du auch nicht in Ruhe Weihnachten feiern." Die letzte Chance, das Fest der Liebe noch halbwegs zu retten, besteht für die Eisernen am Mittwochabend gegen den Tabellennachbarn 1. FC Köln.

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