Länderspiel der DFB-Frauen:Zweimalig gut

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Machtwinnerin Alexandra Popp. (Foto: Robert Michael/dpa)

Alexandra Popp führt beim Freundschaftsspiel gegen Frankreich - fast exakt wie im EM-Halbfinale - eine fast schon kitschig anmutende Wiederholung auf. Das Ambiente in Dresden macht Lust auf mehr solcher Länderspiele.

Von Frank Hellmann, Dresden

Alexandra Popp hat inzwischen gelernt, mit dem Rummel um ihre Person umzugehen. Längst erfüllt die prominente Fußballerin nur noch einen Bruchteil der Medienanfragen, doch mitunter ist ihre Präsenz in einer Pressekonferenz unvermeidlich. Gerade geduscht, noch mit nassen Haaren, erzählte die Matchwinnerin nach dem fast rauschhaften Freundschaftsspiel der DFB-Frauen gegen Frankreich (2:1) nun bereitwillig, welch "Riesenmehrwert" der stimmungsvolle Rahmen in Dresden gegeben habe - und sie hoffe, "dass das weiterhin anhält". Sie könne sagen: "Die Atmosphäre war einfach Wahnsinn, es hat uns beflügelt."

26 835 Augenzeugen im fast ausverkauften Rudolf-Harbig-Stadion, rundherum so begeistert, dass die "Oh-wie-ist-das-schön"-Gesänge bis in den Großen Garten dröhnten, sind künftig der Maßstab für Heim-Länderspiele der EM-Frauen, die so authentisch rüberkommen, dass sie damit einen nicht unbeträchtlichen Teil der deutschen Fußball-Interessierten erreichen. Bei der ARD schalteten 3,23 Millionen ein - ein Marktanteil von 12,6 Prozent, die meistgesehene ARD-Sendung hinter der Tagesschau.

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Popp ging zur Primetime wieder als Symbolfigur voran, die bei der Neuauflage des EM-Halbfinals eine fast schon kitschig anmutende Wiederholung aufführte. Wieder 2:1 gewonnen. Erneut dank der doppelten Popp. Wie schon am 27. Juli im englischen Milton Keynes traf die 122-fache Nationalspielerin auch in Dresden per Kopf und Fuß, diesmal nach Vorlagen von Felicitas Rauch und Svenja Huth, die zielsicher ihre Mitspielerin vom VfL Wolfsburg fanden (44. und 48.).

Dass Popp auch bei der WM 2023 in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) ihren Sturm und Drang auslebt, ist aber keineswegs sicher. Ein vorzeitiges Karriereende im DFB-Dress ist weiterhin nicht abwegig, mag die 31-Jährige gerade noch so abgefeiert werden. "Ich habe nicht gesagt, dass ich die WM auf keinen Fall spielen werde. Stand jetzt ist die WM auf meinem Zettel, aber ich lasse es trotzdem weiterhin offen." Es sind dem Vernehmen nach sehr private Gründe, weshalb die sechsfache EM-Torschützin diese Hintertür nicht schließen mag. Der Spaß sei definitiv da, versicherte sie.

Mit ihren Länderspieltoren 60 und 61 unterstrich Popp in Dresden einmal mehr ihren sportlichen Wert für ein deutsches Team, das sich mit dem französischen Pressing anfangs außerordentlich schwer tat. Aber die DFB-Frauen verbissen sich in das Spiel - stürmisch angefeuert von einem Publikum, das vom Anpfiff weg jede gelungene Aktion feierte. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg vermutete viele Gründe für den sagenhaften Support. "Die Lust auf tollen Fußball, Freitagabend in einem tollen Stadion: Es sind gerade viel Mädchen wie Jungs, viele Familien, die uns mit Nahbarkeit unterstützen wollen."

"Man merkt, dass es boomt. Ich musste bei der Nationalhymne immer nur grinsen und mich dann konzentrieren, wieder zu singen", sagte die 20-jährige Lena Oberdorf, die vom Publikum mit Sprechchören gefeiert wurde. "Es war Gänsehaut pur. Als Kind träumt man genau von dieser Kulisse, wenn man über ein Länderspiel nachdenkt. Genau da müssen wir dranbleiben."

Spielorte in der Provinz und Spielzeiten am Nachmittag passen eigentlich nicht mehr für die DFB-Frauen

Sogar die Polizisten grinsten, denn in diesem fröhlichen wie friedlichen Ambiente hatten sie endlich mal einen entspannten Fußballabend - auch das ist an einem Standort möglich, der zuletzt wegen der Gewaltexzesse der Fans von Dynamo Dresden in den Schlagzeilen war. Wenn statt der Dynamo-Ultras mal Eltern mit Kindern, Schüler und Studenten den K-Block bevölkern, muss die Stimmung nicht schlecht sein.

Hochrangige Gäste der DFB-Sponsoren in den VIP-Logen trugen offen den Wunsch vor, die Stimmung auf die Männer zu übertragen. Die hatten zuletzt im Nations-League-Duell gegen Ungarn in Leipzig vor einer operettenhaften Anhängerschaft gespielt, die kaum einen Mucks von sich gegeben hatte. Die DFB-Frauen verneigten sich hingegen weit nach Spielende noch vor gut gefüllten Rängen. Die Ovationen wollten nicht enden. Klar, dass auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf schwärmte: "Ein wunderbarer Abend. Großartig, mit wie viel Power und Teamspirit die Spielerinnen zu Werke gehen."

Der Verband wird nun mit den Fernsehanstalten abwägen müssen, wie künftig die Heimspiele der DFB-Frauen gestaltet werden. Spielorte in der Provinz und Spielzeiten am Nachmittag passen eigentlich nicht mehr, selbst wenn die Gegner in den Qualifikationsspielen irgendwann wieder weniger namhaft werden. Der nächste Heimauftritt ist noch nicht mal terminiert, weil zunächst eine Reise in die USA mit zwei Tests gegen die Weltmeisterinnen (11. und 13. November) in Fort Lauderdale und Harrison ansteht.

Voss-Tecklenburg deutete an, dass es für diese Härtetests mitten zwischen den Champions-League-Spielen des VfL Wolfsburg und FC Bayern "nicht der beste Zeitpunkt" sei. An den vertraglichen Verpflichtungen sei jedoch nicht mehr zu rütteln gewesen. Gegen wen dann im Frühjahr 2023 gespielt wird, hängt maßgeblich davon ab, wer bei der WM-Auslosung am 22. Oktober im neuseeländischen Auckland als Gegner gezogen wird. Die Bundestrainerin will hernach zügig entscheiden, wo für dieses logistisch anspruchsvolle Großereignis das Camp aufgeschlagen wird.

Alexandra Popp, so viel steht fest, soll unbedingt mit zur Reisegruppe gehören. "Wir brauchen sie - in der Form sowieso", sagte Voss-Tecklenburg, die in Popps Andeutungen vom Aufhören "nicht zu viel reininterpretieren will". Die 54-Jährige beruft sich in dieser Hinsicht auf ein Vier-Augen-Gespräch nach dem verlorenen EM-Finale gegen England, als sie der damals wegen einer Oberschenkelverletzung nicht einsatzbereiten Popp ins Ohr flüsterte: "Wir haben beide ein Finale verloren. Ich finde, so kann man nicht aufhören!"

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