Frankreich bei der Fußball-EM:Vor sechs Wochen wurde Giroud ausgepfiffen

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Plötzlich unumstritten: Olivier Giroud. (Foto: AFP)

Jetzt ist Frankreichs Stürmer plötzlich unumstritten. Doch wählt Trainer Deschamps gegen Island auch ein System, das zu ihm passt?

Von Claudio Catuogno, Paris

Großes Thema immer bei den Franzosen, auch vor dem Viertelfinale gegen Island: wer gerade nicht mitspielen kann. Diesmal fehlen N'Golo Kanté als sentinelle (Wachposten) im defensiven Mittelfeld sowie der Innenverteidiger Adil Rami. Beide sind gelbgesperrt.

Der robuste Kanté, 25, hat mit Leicester City die englische Meisterschaft gewonnen, und obwohl er erst in sieben Länderspielen dabei war, ist er aus der Zentrale kaum noch wegzudenken. Allerdings steht in Yohan Cabaye, 30, erprobter Ersatz parat. Weniger erprobt ist Samuel Umtiti, der am Sonntag wohl den Platz von Rami einnehmen darf.

Für den 22-Jährigen, der für 30 Millionen Euro Ablöse von Olympique Lyon zum FC Barcelona wechselt, wäre es das erste Länderspiel. Er kann immerhin auf eine starke Liga-Saison verweisen, außerdem gehen Didier Deschamps die Alternativen aus. Das erprobte Duo Mamadou Sakho (positiver Dopingtest) und Raphaël Varane (verletzt) kam dem Nationaltrainer vor der EM abhanden.

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Der "unnominierbare" Benzema spielt bei der EM keine Rolle

Kaum mehr die Rede ist hingegen von Karim Benzema. Der Stürmer, der mit Real Madrid kürzlich die Champions League gewann, glaubt, dass Deschamps ihn wegen seiner nordafrikanischen Abstammung übergangen hat. Tatsächlich hatte der Verband Benzema für "non- sélectionnable" (unnominierbar) erklärt, solange die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittelt.

Jugendfreunde Benzemas hatten versucht, den Nationalspieler Mathieu Valbuena mit einem Sexvideo zu erpressen - Benzema soll als Vermittler aufgetreten sein. Die Affäre hat beide die EM-Teilnahme gekostet. Benzemas durch nichts gestützter Rassismus-Vorwurf hatte vor der EM Wirbel verursacht. Jetzt ist es um ihn still geworden. Das wiederum liegt an Olivier Giroud - und ist bemerkenswert.

SZ-Grafik (Foto: SZ-Grafik)

Keine sechs Wochen ist es her, da wurde Giroud von den eigenen Fans noch ausgepfiffen, als in Nantes die Aufstellung des Test-Länderspiels gegen Kamerun verlesen wurde. Der 29-Jährige vom FC Arsenal hatte in der Vergangenheit nicht immer glücklich agiert als Stürmer Nummer zwei. Dann schoss er beim 3:2 in dem Test ein Tor, die Nationalelf zog weiter nach Metz, Giroud traf zweimal gegen Schottland - und wurde gefeiert. Im EM-Eröffnungsspiel gegen Rumänien (2:1) erzielte er den Auftakttreffer, im Achtelfinale lieferte er Antoine Griezmann die entscheidende Kopfball-Vorlage für dessen Siegtor gegen die Iren (2:1).

Giroud ist nun unumstritten. Sehr umstritten ist hingegen die Frage, in welches System er am besten eingebunden wird. Deschamps präferiert ein 4-3-3 mit Griezmann auf dem Flügel, allerdings entwickelte das Team gegen Irland mehr Wucht, als Griezmann zu Giroud in die Mitte rückte. Das machte Rochaden im Mittelfeld nötig. Ob Deschamps sich das wieder traut: mit zwei Stürmern spielen? Dann dürfte Kingsley Coman den rechten Flügel besetzen - Cabaye bliebe draußen. Vermutlich ist das aber nur eine Variante, falls sich die Franzosen gegen die Isländer ähnlich schwer tun wie die Engländer im Achtelfinale.

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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