Sieben Kurven in der Formel 1:Das Sofa der guten Laune

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(Foto: Evan Buhler/Reuters)

Max Verstappen, Fernando Alonso und Lewis Hamilton sind jeweils mit ihrem Ergebnis hochzufrieden, Red Bull feiert eine historische Marke - und der Fahrer des Tages kommt aus Thailand. Geschichten des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Mmontreal

Max Verstappen

(Foto: Jakub Porzycki/NurPhoto/Imago)

Jeder Formel-1-Pilot der in diesem Jahrtausend seinen 41. Grand-Prix-Sieg einfahren kann, weiß um die Besonderheit dieser Marke, denn das ist die Anzahl der Erfolge, die Ayrton Senna erringen konnte. Der 1994 ums Leben gekommene Brasilianer brauchte dafür 148 Rennen, Verstappen 170. Allerdings erreicht der Niederländer den fünften Rang der ewigen Bestenliste schon mit 25, neun Jahre früher als Senna. Und es wird, nimmt man die aktuelle Form, nicht dabei bleiben. Selbst Rang drei, derzeit von Sebastian Vettel mit 53 Siegen belegt, ist noch in dieser Saison theoretisch drin, es sind ja noch 14 Rennen. Auf den Punkt ist WM-Spitzenreiter Verstappen da, passt sich an alle Bedingungen an. Lediglich zwei Schrecksekunden hatte er auf der Ile de Notre-Dame zu überstehen. Einmal kollidierte sein Red-Bull-Rennwagen mit einem Vogel, einmal räuberte er so über einen Randstein, dass er an die Box funkte: "Ich hätte mich gerade fast selbst rausgeschossen." Um dann einen Lachanfall zu bekommen.

Christian Horner

(Foto: Jared C. Tilton/Getty Images via AFP)

Als der Brite 2005 das frisch gegründete Red-Bull-Team übernahm, kannten ihn nur Insider des britischen Formel-Sports. Inzwischen ist der 49-Jährige der dienstälteste Teamchef der Formel 1 und feiert mit seinem Rennstall den 100. Grand-Prix-Sieg. Da kommen auch bei dem sonst so gnadenlosen Manager Gefühle auf: "Ich erinnere mich noch an unseren ersten Sieg in China 2009 mit Sebastian Vettel und daran, dass wir damals schon froh waren, überhaupt ein Rennen gewonnen zu haben. Hundert Siege zu erreichen, ist daher eine unglaubliche Leistung." Red Bull ist jetzt die Nummer fünf der Allzeitwertung bei den Rennställen, Dinosaurier Williams als Vierter hat 114 Siege. Und diese Saison hat noch 14 Rennen. Zitat Max Verstappen: "Unser nächstes Ziel sind die 200!"

Fernando Alonso

(Foto: David Kirouac/USA TODAY Sports via Reuters Con)

Zweiter in der Startaufstellung, Zweiter im Ziel. Das war eine weitere starke Leistung von Fernando Alonso, und das Ergebnis zeigte auch, dass die technischen Upgrades am Aston Martin funktionieren. Nur die fast zehn Sekunden Rückstand auf Sieger Verstappen wollten dem Spanier nicht so recht schmecken, er musste seine Zielsetzung vorerst vertagen: "Ich hoffe, dass wir mit diesem Auto Max ein bisschen ärgern können." Bis auf zwei Sekunden will die Überraschung der Saison den Rückstand minimieren. Nicht ganz einfach, aber ausgeschlossen scheint das nicht. Die Welle positiver Energie wogt weiter, bei der Fahrerparade formte der 41-Jährige mit den Fingern sogar Herzchen fürs Publikum. Seinen am Start gegen Hamilton verlorenen Platz holte er sich zurück, stand dann zum sechsten Mal in dieser Saison auf dem Podium und frohlockte: "Das ist doppelt so oft wie in den letzten sechs Jahren." In keiner anderen Phase seiner Karriere habe er so viel Spaß gehabt wie momentan. Corazon!

Lewis Hamilton

(Foto: Evan Buhler/Reuters)

Die Formationsfahrt der drei Weltmeister im aktuellen Formel-1-Feld führte in Kanada erst aufs Podium und dann auf ein Sofa zur Talkrunde. Rekordchampion Hamilton zollte den Kollegen Verstappen und Alonso, jeweils mit zwei Titeln ausgestattet, Respekt: "Das ist eine ikonische Runde. Ich empfinde es als Privileg, hier zu sitzen." Tagessieger Verstappen, der auf seinen Titel-Hattrick zusteuert, befand sich ebenfalls in ausgelassener Stimmung. Er beschied seinen Sofa-Nachbarn: "Ich bin sicher, dass die beiden anderen gerne die Plätze tauschen würden. Aber ich bin hier in der Mitte ganz glücklich." Am Mercedes von Hamilton haben sich die technischen Änderungen bewährt, die Form von Maschine und Mensch ist aufsteigend. "Wir kommen definitiv näher", sagte der Brite, "die frische Energie ist im ganzen Team zu spüren. Wir haben wieder Land in Sicht." Die Botschaft dahinter ist klar: jetzt beginnt das Entwicklungsrennen.

Nico Hülkenberg

(Foto: IMAGO/IMAGO/Pro Shots)

Der Formel-1-Rückkehrer aus Emmerich gehörte mit dem Haas-Ferrari zu den Profiteuren des Qualifikations-Chaos von Montreal, als das Ergebnis stark durch die Launen des Regenwetters bestimmt wurde. Ursprünglich Zweiter verlor Hülkenberg die Position wieder, weil er unter roten Flaggen zu schnell war. Aber als Fünfter zu starten, ist für einen Hinterbänkler auch sehr ordentlich. Nur fiel er mit seinem Rennwagen dann ruck-zuck in den zweistelligen Bereich zurück, am Ende blieb nur ein 15. Platz: "Wie erwartet, wie befürchtet." Das Kundenauto aus Maranello geht im Renntrimm einfach zu schlecht mit den Reifen um. Wie sehr es Hülkenberg nervt, mangels Grip im Rennen "aufgefressen" zu werden, wie er es nennt, ist ihm anzusehen: "Was bringen uns schöne Samstage, wenn uns die Sonntage wieder runterziehen?" Einziger Lichtblick: Der Vertrag des 35-Jährigen mit Haas wird wohl verlängert werden. An ihm liegt's ja auch nicht.

Charles Leclerc

(Foto: GEOFF ROBINS/AFP)

Ferrari und die Strategie, Ferrari-Fahrer und die Klagen über die Strategie - ein amüsantes Thema der Saison, wenn man nicht betroffen ist. Im unübersichtlichen Regen-Qualifying von Montreal forderte Charles Leclerc eine andere Reifenwahl, wurde aber vom Kommandostand überstimmt. Ergebnis: nur Startplatz zehn. Der Monegasse klagte hinterher sogar noch verhalten: "Es ist nicht zum ersten Mal, dass wir bei einer Chance fifty-fifty auf der falschen Seite stehen." Am Sonntag aber machten die Taktiker aus Maranello alles wieder gut, mit Hilfe einer Safety-Car-Phase und einer cleveren Gummi-Strategie wurde Leclerc Vierter, Kollege Carlos Sainz Fünfter. Teamchef Fred Vasseur, ohnehin der große Relativierer der Formel 1, schöpfte Mut aus der Sonntagsvorstellung: "Es wird eine Weile dauern, aber es wird funktionieren."

Alex Albon

(Foto: Dan Mullan/Getty Images via AFP)

Vermutlich war die Formel-1-Fangemeinde, die an den Rennsonntagen zur Telefonabstimmung zur Wahl zum Fahrer des Tages schreitet, froh um die Abwechslung. Keiner aus den drei Top-Teams gewann beim Großen Preis von Kanada die meisten Stimmen, sondern Alex Albon vom Williams-Rennstall. Der in England lebende Thailänder war als Neunter gestartet, was schon eine Überraschung war - und kam nach einer bravourösen Leistung als Siebter ins Ziel. Sechs wichtige Punkte auch für den Williams-Rennstall, das bisherige Schlusslicht der Teamwertung. Offenbar schlägt die Radikalkur, die der ehemalige Mercedes-Chefstratege James Vowles als Teamchef dem Dinosaurier-Rennstall verordnet hat, an. Die Komplettüberholung des blauen Rennwagens jedenfalls funktioniert. Sehr zur Freude auch seines Vorgängers Jost Capito, der in Kanada vor Ort war. "Platz neun ist mein Dankeschön für die monumentale Leistung des Teams", sagte Albon.

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