Finanzkrise bei 1860 München:Das Pokerspiel beginnt

Lesezeit: 3 Min.

Schon im Winter muss sich Zweitligist 1860 München von einigen Profis trennen. Leistungsträger wie Benny Lauth und Stefan Aigner bleiben zumindest bis zum Sommer, andere eher nicht. Die Kandidaten im Überblick.

Gerald Kleffmann

Im Profifußball gibt es zwei Zeitabschnitte, in denen Vertragsspieler zwischen Klubs transferiert werden können. Der eine ist der August, der andere der Januar. Für den angeschlagenen TSV 1860 München ist die nächste Wechselperiode von großer Bedeutung, gilt es doch, aufgrund der prekären Finanzlage den Spielerkader zu entschlacken. Auf der aktuellen Vereinshomepage sind 33 Spieler unter der Rubrik Profis 2010/2011 aufgelistet. Zwei können vorerst von der Gehaltsliste gestrichen werden. Zweitligakonkurrent Arminia Bielefeld leiht Eke Uzoma und Sandro Kaiser bis zum Saisonende aus. Welche Profis sonst 1860 verlassen könnten - ein Überblick.

Was wird aus 1860-Stürmer Benjamin Lauth (li.)? Sein Vertrag läuft im Sommer aus. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Im Tor

Gabor Kiraly ist eine Säule im Tor, der Ungar gibt der Mannschaft Rückhalt und hat mit vielen Paraden oft genug Gegentore in der zweiten Liga verhindert. Der erfahrene 34-Jährige soll zu den Topverdienern zählen, weshalb man im Verein angeblich überlegt hat, Kiraly im Winter abzugeben. Ersatztorwart Philipp Tschauner hat zwar nicht die Präsenz von Kiraly, er gilt aber auch als fähiger Schlussmann. Diese Planspiele sind offenbar vom Tisch.

Sportchef Miroslav Stevic teilte Anfang der Woche öffentlich mit, dass man Kiralys Ende der Saison auslaufenden Vertrag verlängern möchte. Damit bliebe wohl alles beim Alten - es sei denn, Tschauner ginge, weil er nicht mehr ewig auf der Bank sitzen will. Er wollte schon mal weg. Als dritter und vierter Torwart stehen die jungen Vitus Eicher und Björn Bussmann bereit.

In der Abwehr

Elf Abwehrspieler listet 1860 auf. Fünf davon - Antonio Rukavina, Stefan Bell, Kai Bülow, Stefan Buck und Mate Ghvinianidze - bilden das Stammpersonal. Bell (ausgeliehen), Bülow und Buck werden wohl bleiben. Rukavina sollte laut internen Überlegungen im Sommer verkauft werden, offenbar fand sich kein Abnehmer für den Rechtsverteidiger, der im Tausch für das einstige Löwen-Juwel Sven Bender von Dortmund nach München gekommen war. Rukavina könnte wieder ein Verkaufskandidat sein, der frühere Erstligaprofi dürfte nicht schlecht verdienen.

1860 könnte in diesem Fall sowohl eine Ablöse kassieren als auch Gehalt einsparen. Problematisch nur: Auf der rechten hinteren Position hat 1860 keinen adäquaten Ersatz. Mate Ghvinianidze, der manchmal mit lebensfroher Einstellung abseits des Platzes auffällt, könnte ebenfalls zur Disposition stehen. Mathieu Beda wiederum soll mit seinem früheren Klub Standard Lüttich in Verbindung stehen. Der Franzose, in den vergangenen Monaten ausgemustert, verfügt angeblich über einen gut dotierten Vertrag. Ginge er, wäre das eine Entlastung.

Im August stießen die Abwehrspieler Necat Aygün und Juan Barros zu 1860. Der 30-jährige Aygün erhielt einen Einjahresvertrag und spielt bei der U23. Barros hat den Durchbruch nicht geschafft, der 21-Jährige wurde bis zum 31. Dezember 2010 vom peruanischen Club Universitario de Deportes ausgeliehen. Der TSV kann offenbar entscheiden, ob er Barros weiter ausleiht oder kauft.

TSV 1860 München
:Gefangen zwischen Tradition und Chaos

Zwischen Euphorie und Komödiantenstadl: Die Geschichte des TSV 1860 prägen schöne Erinnerungen, heftige Machtspiele und der dunkle Schatten des Nachbarn FC Bayern. Jetzt soll Benno Möhlmann den Klub vor dem Abstieg retten.

Im Mittelfeld

Einer der wenigen, der definitiv bleibt: Mittelfeldspieler Daniel Bierofka (re.). (Foto: dpa)

Ohne Uzoma und Kaiser sind es zehn Spieler. Ein Verkauf Florin Lovins könnte Geld einbringen. Aleksandar Ignjovski, von OFK Belgrad ausgeliehen, kann 1860 mit einer Kaufoption auslösen, mit dem AC Florenz soll ein Abnehmer für den quirligen Sechser bereitstehen. Die Tendenz ist, dass er bis zum Sommer bleibt. Stevic könne sich "nicht vorstellen, dass er im Winter gehen wird".

Daniel Bierofka wird definitiv bleiben, Stevic hat ihm eine Vertragsverlängerung angeboten, aufgrund der Finanznot von 1860 zu reduzierten Bezügen. Aus der zweiten Reihe könnten sich Tarik Camdal und Emanuel Biancucchi verabschieden. Moritz Leitner wurde an Dortmund verkauft, er gehört ab 1. Januar der Borussia, wird aber für die Rückrunde ausgeliehen.

Stefan Aigner hat derweil angekündigt, bei einem Nichtaufstieg der Löwen wohl zu gehen. Er bleibt demnach vorerst, was die Löwenfans freuen wird. Alexander Ludwig wird wohl diese Saison in München zu Ende spielen. Sein Vertrag endet im Sommer. Kein Verein zahlt in der Regel eine Ablöse für einen Profi, der bald ohne Ablöse zu haben ist.

Im Angriff

Sechs Stürmer zählt der Angriff. Benjamin Lauths Vertrag endet im Juni. Ob er den Vertrag verlängert? Stevic hat ihm ein Angebot gemacht, das sicher auch geringere Bezüge beinhaltet. Djordje Rakic kam im Sommer und hat einen Vertrag bis 2012. Gilt nicht als Verkaufskandidat. 1860 braucht ein paar Angreifer. Kenny Cooper wurde zwischenzeitlich nach England ausgeliehen, der Amerikaner war lange verletzt, kämpft sich gerade zurück.

1860 hat offenbar viel für den Stürmer bezahlt. Fraglich, ob sich bei einem Verkauf die Summe wieder reinholen ließe. Kushtrim Lushtaku kam 2009 zu 1860, der Kosovo-Albaner erhielt einen Dreijahresvertrag. Spielt in der U23.

Markus Ziereis und Kevin Volland sind Talente, die 1860 nicht viel Geld einbringen könnten. Bei diesen beiden wäre ein Verkauf jetzt der falsche Zeitpunkt. Der Januar wird für 1860 allemal ein Pokerspiel um die Zukunft. Auch für manchen Spieler.

© SZ vom 22.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: