Fifa-Machtkampf und WM 2022:Blatters Wille regiert

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Sepp Blatter Fifa Fußball-WM 2022 Kater

"Man kann die Stadien abkühlen, aber nicht das ganze Land abkühlen": Fifa-Chef Sepp Blatter plädiert überraschend für eine Verschiebung der WM in Katar in den Wüstenwinter hinein.

(Foto: dpa)

Fifa-Präsident Sepp Blatter war nie ein Freund der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar. Nun plädiert er plötzlich für eine Verlegung in den Winter. Worum geht es ihm dabei wirklich? Darum, sich gegen seinen Intimfeind Michel Platini zu behaupten.

Von Thomas Kistner

Irgendwie muss es diese neue Veranstaltung mit dem etwas kryptischen Namen "Camp Beckenbauer" ja auf den internationalen Sportterminkalender schaffen. Und da der Namensstifter über beste Verbindungen in die Fußballwelt verfügt, war es nicht schwierig, den Promi-Treff in den Kitzbüheler Alpen mit ein wenig Informationsgehalt aufzupeppen.

Das übernahm Sepp Blatter, Chef des Fußball-Weltverbandes, indem er ein Thema setzte, das von all den heiklen Debatten ablenkt, die seine Fifa im Hinblick auf die WM 2014 in Brasilien bedrängen. Blatter, 77, richtete den Blick auf die über-übernächste WM 2022 in Katar und verkündete, dass dieses Turnier im Winter und nicht im Sommer stattfinden werde.

"Ich werde das im Fifa-Exekutivkomitee zur Sprache bringen", sagte er und ließ durchblicken, dass ihm die Vorstandskollegen gewohnheitsmäßig zu folgen pflegen. "Man kann Stadien abkühlen, aber nicht das ganze Land abkühlen", hatte Blatter bei seiner jüngsten Nahostreise durch Jordanien, Palästina und Israel herausgefunden. Seine so profunde wie späte Erkenntnis: "Ich habe gesehen, welche Hitze in diesen Ländern herrscht, und dort ist es nicht so heiß wie in Katar."

Nun ist das sicherlich die eine Nachricht, dass die Fußballbranche ihr WM-Turnier tatsächlich aus der 50-Grad-Sommerhitze des Wüstenstaats in den milden Winter verlegen könnte; daran arbeitet der Chef der Europäischen Fußball-Union, Michel Platini, seit eineinhalb Jahren. Die andere aber ist, dass sich Blatter als Befürworter bekennt, sogar als Betreiber der Terminverlegung. Damit vollzieht er eine 180-Grad-Kehrtwende. Zudem könnte das Unterfangen komplizierter werden, als es bei dem Treffen im alpenländischen Going so dahingesagt wurde.

Blatter ist kein Freund Katars mehr, seit ihn 2011 sein "Bruder" Mohamed Bin Hammam bei der Fifa-Präsidentenwahl herausfordert hatte. Blatter zählte zu der Minderheit im Fifa-Vorstand, die bei der WM-Vergabe 2022 mit 8:14 gegen Katar votierte. Seither übt er genüsslich Druck aus. Das Emirat bietet sich als Zielscheibe an: Zum einen ließe sich hier wirklich durchgreifen, sollte Handfestes zur branchenüblichen Korruption ruchbar werden.

Die Recherche betreibt der interne Fifa-Chefermittler Michael Garcia: Man braucht ja keinen Verschwörungstheorien anzuhängen, um das Faible so vieler Fifa-Vorstände für eine Fußballparty im Backofen des winzigen, superreichen Wüstenemirats fragwürdig zu finden. Zweitens ist Katars stärkster Befürworter Michel Platini Blatters neuer Intimgegner. Der greise Schweizer peilt 2015 die fünfte Amtszeit an, und in seinem dank korruptionsbedingter Abgänge stark ausgedünnten Fifa-Vorstand ist nur der Franzose als ernsthafter Gegner verblieben.

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