Fifa-Chef Sepp Blatter:"So einer EM fehlen Seele und Herz"

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Joseph Blatter: kein Befürworter einer EM in vielen Ländern. (Foto: dpa)

Sepp Blatter heizt den Streit mit Uefa-Präsident Michel Platini an und kritisiert die Pläne, die Europameisterschaft 2020 in 13 Ländern auszutragen. Der Fifa-Präsident lobt die Bundesliga, spricht über die WM 2022 in Katar - und deutet an, bei der nächsten Wahl nicht mehr zu kandidieren.

Ablehnung der Platini-Pläne für die paneuropäische EURO 2020, deutliche Signale für einen Abschied 2015 und dickes Lob für die Bundesliga: Fifa-Präsident Joseph S. Blatter hat mit ungewohnt drastischen Worten die Idee von Uefa-Boss Michel Platini, die EM-Endrunde in sieben Jahren in 13 europäischen Ländern austragen zu lassen, abgekanzelt und deutliche Signale für das Ende seiner Amtszeit in zwei Jahren gesandt - allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

"Ich werde erst einmal auf dem Kongress im Mai in Mauritius die große Fifa-Reform durchboxen. Dann spielen wir den Worldcup 2014 in Brasilien. Danach ist alles offen. Wenn dann sichergestellt ist, dass die Fifaso weitergeführt wird, dass sie global bleibt und die Pyramide nicht zusammenstürzt, dann übergebe ich das Zepter 2015 sehr gerne an einen neuen Präsidenten", sagte der seit 1998 amtierende 77-Jährige im Intervie mit dem kicker.

Kein gutes Haar ließ Blatter an der Idee von Platini für eine gesamteuropäische EURO 2020. "Ein Turnier gehört in einem Land gespielt, dadurch schafft man Identität und Euphorie. Nehmen Sie das Sommermärchen in Deutschland. Das Turnier 2020 hat man verzettelt. Sonst ist es keine Europameisterschaft mehr. Das muss man anders bezeichnen - ich weiß nicht wie. So einer Europameisterschaft fehlen Seele und Herz", sagte Blatter.

Für Blatter sind die Pläne sogar nur ein Abklatsch jener Idee, die einst der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi für eine WM in Afrika ins Gespräch gebracht hatte: "Ich habe mal zu Michel Platini gesagt: Der frühere Staatschef von Libyen, Colonel Gaddafi, hat bei der Vergabe der Weltmeisterschaft 2010 an Südafrika mir erklärt, dass in den 53 Ländern Afrikas in jedem Land ein Spiel ausgetragen wird und die Finalspiele in Südafrika stattfinden sollen. Er glaubte an diese Idee, ich sagte ihm, dass dies undenkbar sei. Deshalb habe ich Platini auch gesagt, seine Idee sei nicht neu."

Zu den wiederholt kolportierten Ambitionen seines einstigen Ziehsohns Platini (57), sich 2015 um die Blatter-Nachfolge im Weltverband zu bewerben, meinte der Schweizer: "Ich weiß nicht, ob er will." Ganz ausschließen mag Blatter allerdings auch eine erneute eigene Kandidatur, dann für seine fünfte Amtszeit, nicht, auch wenn er dann sein 79. Lebensjahr vollendet hätte: "Was darf man ausschließen, wenn man nicht genau weiß, was die Zukunft bringen wird?"

Blatter sieht eine Gefahr für die Fifa durch eine Dezentralisierung und eine Machtverteiligung in Richtung der Konföderationen. "Das ist auch heute kein zukunftsträchtiges Modell", betonte der Walliser im kicker. Viel Ansehen genießt beim Fifa-Präsidenten die deutsche Eliteklasse, die in diesem ihr 50-jähriges Bestehen feiert: "Die Bundesliga ist ein Vorzeigemodell. Gerade auch im internationalen Vergleich. Ihr Aufbau, ihr Controlling, ihr Verantwortungsbewusstsein in wirtschaftlichen Fragen und ihr Zuschauerzuspruch - da muss ich sagen: Kompliment!"

Blatter sieht indes das deutsche Fußball-Oberhaus im Vergleich zu anderen Ligen unterbewertet. "Würde man eine Wertung der Ligen machen, wäre Deutschland ganz oben. Weltweit genießt die Premier League (Englands höchste Spielklasse, d.Red.) im Fernsehen das höchste Interesse. Aber von der Konstanz und der Seriosität würde ich die Bundesliga auf den ersten Platz setzen", so Blatter, der zur Weltfußballer-Wahl im Januar befragt wurde, als kein deutscher Spieler Berücksichtigung in der Weltelf fand und der Beste abgeschlagen auf Platz 15 gelandet war.

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Ob die WM 2022 in Katar vom Sommer in den Winter verlegt wird, obliegt laut Blatter nicht der Entscheidung des Fifa-Exekutiv-Komitees: "Die Entscheidung der Fifa-Exekutive steht. Die Weltmeisterschaft wird alle vier Jahre im Juni und Juli ausgetragen. Wenn Katar etwas anderes wünschen sollte, müssen sich die Katari an die Fifa wenden."

Die Notwendigkeit einer Neuausschreibung sieht der Fifa-Chef nicht: "Nein, es würde eine neue Situation entstehen, über die wir dann entscheiden müssten. Katar hat bisher keinen Schritt in Richtung eines anderen Zeitpunktes gemacht. Sie haben auch noch Zeit bis 2016, dann wird der internationale Terminkalender bis 2022 gemacht."

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