FC Ingolstadt:Die Familie rennt

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Schützenparade: Vier Ingolstädter überwinden Sandhausens Torwart Nikolai Rehnen, hier jubeln Yannick Deichmann (v.l.) und Pascal Testroet. (Foto: Stefan Bösl/Imago)

Die Elf von Michael Köllner belohnt sich immer zuverlässiger für ihre aufwendige Spielweise, die Mechanismen greifen, die Aufstiegsplätze rücken näher. Und beim 4:0 gegen Sandhausen gibt es noch einen besonderen Gänsehaut-Moment.

Von Christoph Leischwitz

Der Elfmeterpfiff beim Stand von 0:0 blieb aus, der Trainer sah wegen Meckerns Gelb - egal. Pascal Testroet vergab beim Stand von 1:0 eine so dicke Torchance (54.), dass man sich Sorgen um das Nervenkostüm des Ingolstädter Angreifers machen musste - eine Minute später bereitete er das 2:0 per Hacke vor. Das 3:0 wurde wegen einer angeblichen Abseitsstellung von Yannick Deichmann zurückgepfiffen, TV-Bilder zeigten, dass es eine Fehlentscheidung war. Auch alles nicht der Rede wert, denn Testroet traf wenig später. Und als die Abwehr des FCI beim Stand von 3:0 kurz einmal ins Schwimmen geriet, antwortete sie mit einem Premierentor: Das 20-jährige Eigengewächs Felix Keidel traf zum ersten Mal bei den Großen in der dritten Liga.

So könnte man das Gefühl bekommen, dass sich die Schanzer gerade einfach nicht von ihrem Weg abbringen lassen, der aktuell recht deutlich nach oben führt. Seit Ende Oktober ist Michael Köllners Mannschaft ungeschlagen, besonders auffällig ist die Heimstärke. Da trifft es sich gut, dass Ingolstadt nicht nur zum Abschluss der Hinrunde den SV Sandhausen daheim empfangen konnte, sondern obendrein noch am Dienstag (19 Uhr) Erzgebirge Aue zum Jahresabschluss. Köllner redete nach Schlusspfiff trotzdem noch mal auf den Schiedsrichter ein, aus Prinzip. "Das ist nach einem 4:0 ein leichtes Gespräch", sagte er bei Magentasport, aber er könne sich da "auch nicht einfach hinsetzen und Glühwein trinken".

Nun ist Köllner ein Trainer, der sich gerne vor die Mannschaft stellt, diesmal holte er sich beim ausgebliebenen Elfmeterpfiff die Gelbe Karte ab, bevor das am Ende noch ein Spieler tut. Manchmal redet er die Leistung auch besser, als sie tatsächlich war. Diesmal allerdings war es keine Untertreibung, als der 53-Jährige den Sieg im Verfolgerduell als "in der Höhe verdient" bezeichnete, auch wenn es dank einiger guter Chancen der Gäste nicht unbedingt zu null hätte enden müssen. Sandhausen übrigens war mit dem neuen Trainer Jens Keller auch seit Oktober in der Liga ungeschlagen gewesen.

"Er ist Woche für Woche mehr zum Manne gereift", sagt Köllner über Felix Keidel

Zu Pause stand es noch 0:0, doch auffällig war, dass die Schanzer über 90 Minuten hinweg konsequent ihren Plan durchzogen. Der sah vor, den Gegner mit viel Laufbereitschaft in dessen Hälfte einzuschnüren. Durch gute Umschaltmomente entstand eine Vielzahl von Möglichkeiten, oft gelang es auch, in klarer Unterzahl die Sandhauser Abwehr zu "stressen", wie Köllner es nannte. Er hatte sich recht weit aus dem Fenster gelehnt, als er genau vor Beginn der aktuellen Erfolgsphase um Geduld bat: Einige Mechanismen würden bald greifen. Er sollte recht behalten.

Freilich weiß der Trainer auch, dass er auf einen hochkarätigen Kader zurückgreifen kann. Mit einem erfahrenen Pascal Testroet, dem aber der zweite Angreifer sogar oft die Show stiehlt: Jannik Mause, 25, hatte vor seinem Wechsel nach Ingolstadt lediglich Regionalliga-Erfahrung, jetzt führt er mit 13 Treffern die Torjägerliste an. Für Köllners Spiel braucht es Rackerer wie Yannick Deichmann, der gegen Sandhausen wieder einmal zu den Besten gehörte. Und zugleich Talente wie Felix Keidel, die ihr Potenzial ausleben. "Er ist Woche für Woche mehr zum Manne gereift", sagt Köllner, endlich habe er sich mit einem Tor im Profifußball belohnt. Für die "ganze Schanzer-Familie" sei seine Entwicklung wichtig, schließlich habe er alle Jugendmannschaften des FC durchlaufen. Für die echte Familie vermutlich auch: Vater Ralf beendete seine Karriere einst beim FC Ingolstadt. Der Mittelfeldspieler selbst sprach von einem "Gänsehaut-Moment" und davon, dass man in den vergangenen Wochen sehr gut trainiert habe, das spiegele sich jetzt wider. "Das Hinspiel war bis in die Schlussminuten ausgeglichen. Jeder sieht unsere stetige, spielerische Entwicklung", analysiert der Youngster.

Das Einzige, was Köllner nicht gefallen dürfte, ist der Tabellenplatz: Rang vier kennt er aus seiner Zeit mit 1860 München zur Genüge. Um aufsteigen zu können, sollte die Entwicklung noch weitergehen.

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