FC Ingolstadt:Selbstverständnis gesucht

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"Ganz, ganz viele Großchancen herausgespielt": Michael Köllner hatte gegen Unterhaching Grund zum Applaus. (Foto: Leonhard Simon/Getty)

Eine eingespielte Ingolstädter Mannschaft mit allen Rückkehrern könnte das Zeug zum Aufstieg haben. Trainer Michael Köllner bittet nach dem 3:0 gegen Unterhaching aber noch um Geduld.

Von Christoph Leischwitz

Die Richtung, die sein FC Ingolstadt eingeschlagen hat, die stimme, sagte Trainer Michael Köllner. Trotzdem gebe es ja "links und rechts immer noch Leitplanken", auf die man achten müsse. Eine dieser Leitplanken auf dem Weg zur nächsten Ausfahrt zweite Fußball-Bundesliga war am Samstagnachmittag Ben Westermeier. Das 20-Jährige Talent der SpVgg Unterhaching war in der vierten Spielminute für Timon Obermeier (Verdacht auf Kreuzbandriss) eingewechselt worden. Westermeier hatte in der 56. Minute das 1:0 für Haching auf dem Fuß, sein Ball wurde jedoch vor der Torlinie abgewehrt. Und eine Viertelstunde später beging er den spielentscheidenden Fehler, als er den Ball im Aufbau verlor. Benjamin Kanuric traf zur Führung, am Schluss gewann Ingolstadt - viel zu hoch - 3:0 (0:0). Mit Leitplanken ist es eben so: Es ist zunächst nicht angenehm, mit ihnen Bekanntschaft zu machen, aber sie halten einen in der Not zugleich in der Spur.

Nun ist Köllner, der 53-jährige Oberpfälzer, ein Trainer, der gerne das Positive hervorkehrt. Das fiel ihm nach dem deutlichen Sieg im Oberbayern-Duell gegen einen Gegner, der nun seit 271 Spielminuten kein Tor mehr erzielt hat, besonders leicht. Sein FCI sei dominant gewesen, "über das gute Umschaltspiel, über guten Ballbesitz", das Team habe sich "ganz, ganz viele Großchancen herausgespielt" und sei oft in Abschlusspositionen gekommen. Die Zuschauer seien "glücklich nach Hause gegangen". Mal wieder - die Schanzer haben im eigenen Stadion auch schon den starken Aufsteiger Ulm und Köllners ehemaligen Verein TSV 1860 München geschlagen. Doch zu Hause 13 Punkte (mit 17 Toren), auswärts nur vier (bei sieben Toren) - das zeigt, dass die Konstanz noch fehlt, und das, was Köllner das "Selbstverständnis" nennt.

Der Trainer tut, was so gut wie alle Trainer in dieser Situation tun: Er bittet um Geduld. Eine eingespielte Mannschaft wie Unterhaching habe es zum Beispiel in einer Englischen Woche leichter als der FC Ingolstadt, wo man sich immer noch im Umbruch befinde. Das liegt auch an der Konstanz im Verletzungspech. Immerhin konnte Bryang Kayo seine ersten Pflichtspielminuten im schwarz-roten Dress feiern, er kam unmittelbar nach dem 1:0 für den Torschützen aufs Feld. Der 21-jährige US-Amerikaner strahlte eine enorme Präsenz aus. Gut möglich, dass eine eingespielte Ingolstädter Mannschaft mit allen Rückkehrern durchaus das Zeug hat, Richtung Tabellenspitze zu marschieren.

"In ganz vielen Spielen in der Liga entscheiden einzelne Situationen", sagt Innenverteidiger Lorenz

Manch Spieler spricht die Probleme deutlicher an. So der Torschütze zum entscheidenden 2:0 (86.), Simon Lorenz: "Ich glaube, egal in welchem Spiel, man hat immer in einzelnen Phasen gesehen, dass wir mit als auch gegen den Ball in Abläufen, Positionierungen, teilweise auch im individuellen Verhalten besser werden können und müssen", sagte er. Aber gegen Unterhaching war der Plan ja aufgegangen - mit Ballbesitz den Gegner nicht ins Spiel kommen lassen, und vor allem: ihn zu Fehlern zwingen, wie vor dem 1:0. Und dann folgte noch eine ehrliche Einschätzung des 26-jährigen Innenverteidigers: "In ganz vielen Spielen in der Liga entscheiden einzelne Situationen."

Der Ingolstädter Plan wäre nämlich womöglich nicht aufgegangen, wenn ein Kopfballtor des Hachingers Raphael Schifferl (59.) nicht zurückgepfiffen worden wäre. Hachings Präsident Manfred Schwabl ging noch während des Spiels zum vierten Offiziellen und erzählte ihm, wie er später erklärte, dass er sich diese Szene dringend nochmal ansehen sollte. Angreifer Patrick Hobsch war zwar im Abseits gestanden, ob er ins Spiel eingriff, ist aber zumindest streitbar. Und beim 2:0 für Ingolstadt befand sich Vorlagengeber David Kopacz zuvor recht klar im Abseits. Zu den Leitplanken gehören manchmal eben auch die Schiedsrichter.

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