Toto-Pokal-Finale:Wahnsinnig stumpf

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Niedrige Erwartungen - und doch noch enttäuscht: Michael Köllner beim Toto-Pokal-Finale in Illertissen. (Foto: Stefan Bösl/Imago)

Zum Ende einer missratenen Saison verpasst der FC Ingolstadt auch noch die DFB-Pokal-Qualifikation. Für Trainer Michael Köllner ist es schon die zweite Niederlage bei Regionalligist Illertissen in dieser Spielzeit.

Von Christoph Leischwitz

Felix Thiel liegt in der Luft, der Ball klatscht von seinem Fuß gegen die Latte, und damit hat der FV Illertissen schon wieder den Toto-Pokal, den bayerischen Fußball-Verbandspokal, gewonnen. Und schon wieder im Elfmeterschießen. Für den Torhüter und für viele der Zuschauer ist es ein Déjà-vu, Thiel hatte auch vergangenes Jahr im Finale zwei Schüsse gehalten. Und weil dieser 4:3-Erfolg (0:0 nach 90 Minuten) gegen den Drittligisten FC Ingolstadt zugleich auch die Teilnahme am nächsten DFB-Pokal-Wettbewerb bedeutet, darf man sagen, dass diese Teilnahme für den schwäbischen Regionalligisten allmählich schon zu einer Haupteinnahmequelle wird.

Ein Déjà-vu war es freilich auch für Michael Köllner. Der hat nämlich in der nun beendeten Saison gleich zweimal mit einer Profimannschaft in Illertissen verloren. Ende September hatte 1860 München hier eine seltsam mutlose Vorstellung gezeigt, in jener Phase spielten die Löwen immer schlechter, bis Köllner nach der Winterpause gehen musste.

Warum tun sich also höherklassige Teams in Illertissen generell so schwer? "Da kommen ein paar Faktoren zusammen", erklärt Köllner, der Rasen sei zum Beispiel "wahnsinnig stumpf", dazu die Tartanbahn, alles Dinge, die man im Profisport nicht vorfinde, und seine Mannschaft habe es versäumt, die Bedingungen anzunehmen. Das scheint auch auf andere zuzutreffen, denn Illertissen kassierte im Wettbewerb 2022/23 kein einziges Gegentor. Und vor zwei Jahren setzte sich hier eine Profimannschaft von Türkgücü auch erst im Elfmeterschießen durch. Diesmal hatten die Schanzer ihre erste Torchance in der 53. Minute, sie verzeichneten keinen einzigen Hochkaräter - fast so, also wollten sie Illertissens Keeper im Elfmeterschießen kalt erwischen mit ihren Torschüssen.

Diesmal spielte Köllners Mannschaft ähnlich mutlos wie Ende September die Sechziger. Diesmal aber hatte der 53-Jährige ein paar plausible Begründen mehr parat. Ohnehin haut Köllner ganz gerne unverblümte Aussagen raus, wenn das letzte Saisonspiel gespielt ist, so auch diesmal. "Wir sind im wahrsten Sinne des Wortes am Krückstock gegangen heute", seine Spieler seien "tot" gewesen, denn das Minimalziel Ligaverbleib habe man mit einem Rumpfkader bewerkstelligen müssen, umso mehr Kraft habe das die Verbliebenen gekostet. "Das Bild heute erstaunt mich nicht sonderlich", sagt er dann auch auf die Frage, warum keine Führungsspieler vorangegangen seien, "die Mannschaft hat nicht umsonst so eine Saison gespielt." Einen Unterschiedmacher wie Pascal Testroet habe er zudem nur zweimal im Training gesehen, kurz nach seiner Verpflichtung Anfang April.

Zwei Elfmeter pariert: Köllner nennt FVI-Torwart Felix Thiel einen "verhinderten Profi"

Es sei deshalb völlig klar, dass ein Umbruch hermüsse, sagt Köllner, und er meint damit einen radikalen Umbau des Kaders. "Phasenweise" habe er sogar geglaubt, dass es "uns erwischt in dieser Saison", er sah die Schanzer also akut vom Abstieg bedroht. Trotz der niedrigen Erwartungen war er von der Vorstellung in Illertissen "maßlos enttäuscht". Selbst einem finanziell eher gut aufgestellten Verein wie dem FC Ingolstadt tut eine DFB-Pokal-Teilnahme natürlich gut.

"Wir haben auch eine lange Saison gespielt, und wir hatten auch den Druck, dass wir um den Klassenerhalt kämpfen. Wir haben das bravourös gemeistert gegen einen guten Gegner", sagte ein glücklicher Illertissen-Trainer Holger Bachthaler. Der 47-Jährige kehrte übrigens zu seinem Heimatverein zurück, als der FV gerade die Sechziger aus dem Pokal geworfen hatte. Trotz der höchsten Trainerlizenz mochte Bachthaler bisher der Sprung in den Profifußball nicht so recht gelingen.

Vielleicht ist der schwäbische Dauerfinalteilnehmer im Toto-Pokal ja auch ganz leicht zu erklären: Köllner spricht auch bei Torwart Felix Thiel von einem "verhinderten Profi". Genug fußballerische Substanz ist vorhanden, gleichzeitig könne der Amateur immer viel befreiter aufspielen. Man selbst habe aber "die ganze Last auf den Schultern, auch im Elfmeterschießen". Köllner meint damit vermutlich: die ganze Last einer missratenen Saison.

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