Joshua Zirkzee beim FC Bayern:Retter der Meisterambitionen

Lesezeit: 3 min

Gnadenlos effektiv: Nachdem Joshua Zirkzee bereits bei seiner Bundesliga-Premiere in Freiburg zum Spielentscheider wurde, gelang ihm das selbe Kunststück nun gegen Wolfsburg gleich noch mal. (Foto: Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)
  • Der junge Zirkzee schießt auch gegen Wolfsburg das entscheidende Tor - und er beschert dem FC Bayern einen erfolgreichen Hinrundenabschluss.
  • Kapitän Neuer grüßt daraufhin selbstbewusst gen Leipzig.
  • Zu den Ergebnissen und der Tabelle der Bundesliga geht es hier.

Aus dem Stadion von Maik Rosner

Auch Joshua Zirkzee setzte sich nach der Partie eine Weihnachtsmannmütze auf, als Geschenke an 20 Fans verteilt wurden und der Tölzer Knabenchor "Stille Nacht" intonierte. Andächtig lauschte Zirkzee und bestaunte das festliche Szenario in der Arena des FC Bayern zum Jahresausklang. Ein bisschen muss sich der 18-Jährige dabei vorgekommen sein wie der Weihnachtsmann persönlich. Denn wie schon beim 3:1-Sieg am Mittwoch in Freiburg hatte er kurz nach seiner Einwechselung auch am Samstag gegen den VfL Wolfsburg den 2:0 (0:0)-Sieg auf den Weg gebracht und den Münchnern einen erfolgreichen Hinrundenabschluss beschert.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Wellenbrecher bricht zusammen

Martínez wird vom Platz getragen, Zirkzee sorgt für eine Fußball-Weihnachtsgeschichte und Lewandowski tritt im Trikot, nicht im Krankenhauskittel an. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Martin Schneider

In Freiburg hatte das Talent aus der U23 bei seinem Bundesligadebüt 104 Sekunden nach seiner Einwechselung für Philippe Coutinho mit seinem ersten Ballkontakt das entscheidende 2:1 erzielt (90.+2). Diesmal traf er in seinem zweiten Ligaspiel 150 Sekunden nach seiner Einwechselung für Coutinho erneut mit seinem ersten Ballkontakt zum entscheidenden 1:0 (86.). "Das ist eine Durchschnittsdauer, die sich steigert. Da müssen wir dran arbeiten", witzelte Thomas Müller über die etwas längere Dauer, die Zirkzee diesmal für das erlösende Tor benötigt hatte. Schnell fügte der Weltmeister von 2014 aber hinzu: "Wir sind sehr dankbar, dass er das gemacht hat." Dass Serge Gnabry, wie in Freiburg, auch diesmal kurz darauf den Endstand herstellte (89.), fügte sich in die vielen Parallelen dieser erstaunlichen Weihnachtsgeschichte mit Zirkzee als erneutem Retter der Münchner Meisterambitionen.

Neuer grüßt selbstgewiss gen Leipzig

Mit vier Punkten Rückstand auf den Herbstmeister RB Leipzig ziehen die Bayern in die Winterpause und zudem in dem Gefühl, in der Rückrunde den achten Ligatitel in Serie erreichen zu können. "Wenn wir unseren Stiefel runterspielen, sind wir die bessere Mannschaft", grüßte Kapitän Manuel Neuer bereits selbstgewiss gen Leipzig. Wie die Kollegen wusste aber auch der Torwart, dass Danksagungen an Zirkzee angebracht waren nach einem Spiel, das die Münchner zwar bestimmt hatten, bei ihren Abschlüssen aber oft an sich oder dem starken Wolfsburger Torwart Koen Casteels gescheitert waren. Oder wie es Passgeber Müller mit Blick auf Zirkzees 1:0 formulierte: "Das haben wir auf jeden Fall gebraucht von einem Spieler, der das Quäntchen Glück hat."

Von der rechten Seite hatte Müller nach innen in den freien Rückraum gepasst und den Ball dabei eigentlich an Gnabry adressiert. Doch Zirkzee lief ebenso ein und schloss ohne Rücksicht auf Gnabry ab, was auch Joshua Kimmich imponierte. Als Beleg für Zirkzess "Entschlossenheit und Wille" wertete der Nationalspieler diesen Torschuss trotz Gnabrys Ballnähe und sprach von einem "Knotenlöser" und "Lucky Punch" nach einem in der zweiten Halbzeit zunehmend müden Vortrag. "Er hat uns jetzt zweimal gerettet", sagte Kimmich und verwies auf Zirkzees Dynamik und Bewegungen im Strafraum, also auf "Fähigkeiten, die für einen Stürmer wichtig sind". Bodenständig und zurückhaltend sei Zirkzees, ergänzte Neuer, "aber auf dem Platz brennt er und ist sehr präsent."

Zirkzees wundersame Bilanz (zwei Bundesligaspiele, zwei Tore nach zwei Torschüssen, acht Spielminuten, acht Ballkontakte) legte zudem nahe, dass das Talent den Profis in Sachen Effizienz aktuell sogar einiges voraus hat. Es war ja lange Zeit ein Spiel der vergebenen Chancen gewesen und zudem eines, das bei den gelegentlichen Offensivbemühungen der Wolfsburger die Gefahr eines Gegentores bereithielt. Der Führung nahe kamen die Gäste vor allem bei der Gelegenheit von Felix Klaus, als sich Neuer dem freistehenden Ersatzstürmer gerade noch rechtzeitig in den Weg stellte und abwehrte (16.), sowie später durch Maximilian Arnolds Schuss knapp am Tor vorbei (81.). Doch abgesehen von Wolfsburgs seltenen Torannäherungen prägten die Bayern das Geschehen und erspielten sich einige Abschlüsse. Ein Kopfball von Ivan Perisic, ein direkter Freistoß von David Alaba sowie weitere gefährliche Versuche von Müller, Gnabry und Coutinho waren darunter.

Gemein hatten diese Chancen, dass sie meist in Eigenregie entstanden waren. Das galt auch in der zweiten Halbzeit für Coutinhos Schlenzer, den Casteels auf Winkelhöhe ablenkte. So hübsch das alles aussah: Auffällig war auch, dass es den Bayern oft an Ideen und Kombinationen vor den Abschlüssen mangelte, um die Wolfsburger Defensive in größere Verlegenheit zu stürzen und damit die Wahrscheinlichkeit für einen Torerfolg zu erhöhen.

Als Diagnose bot sich aus der Fußballersprache die fehlende Durchschlagskraft an. Das erschien auch deshalb stimmig, weil die Münchner am Jahresende körperlich und gedanklich ermattet wirkten, zumal mit ihren nur elf gesunden Profifeldspielern, von denen sich kurz vor der Pause auch noch Javier Martínez mit Verdacht auf einen Muskelbündelriss für mindestens sechs Wochen in den Krankenstand verabschiedete.

Salihamidzic mahnt mit fast schon väterlicher Fürsorge

Doch dann kam ja Zirkzee und ermöglichte es Hasan Salihamidzic, sich in seiner positiven Zwischenbilanz auf "gute bis sehr gute Weihnachtsferien" zu freuen. Jedenfalls nach dem Gesprächstermin mit Hansi Flick an diesem Sonntag, nach dem dieser als Cheftrainer bis mindestens zum Sommer bestätigt werden soll. "Es ist sehr, sehr gut, dass er uns wieder zu drei Punkten verholfen hat", sagte der Sportdirektor noch über Zirkzee und sprach von einer "Erfolgsstory", auf die nun "Basisarbeit" folgen werde. Und zwar mit dem Ziel, dass Zirkzee "auf dem Boden bleibt".

Es sei gut, "dass er weiß, dass er eine große Zukunft vor sich hat, aber hart daran arbeiten muss", mahnte Salihamidzic mit fast schon väterlicher Fürsorge. Als Weihnachtsmann für die Profis des FC Bayern hat sich Zirkzee schon einmal nachhaltig empfohlen. Für diesen Sonntag ist er wieder bei der U23 gegen Würzburg in der dritten Liga eingeplant. Dort ist ihm in 13 Spielen noch kein Tor gelungen.

© SZ vom 22.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Bundesliga
:Leipzig macht die Herbstmeisterschaft klar

Der Tabellenführer dreht die Partie gegen Augsburg. Gladbach gibt sich im letzten Topspiel des Jahrzehnts schläfrig. Werder Bremen stürzt noch tiefer in die Krise. Das Wichtigste zum Bundesliga-Spieltag.

Von Felix Haselsteiner und Lisa Sonnabend

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: