FC Bayern:Warum die Hoeneß-Rückkehr wahrscheinlich ist

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Nach Matthias Sammers Rückzug lassen die Bayern die Stelle des Sportvorstandes vorerst offen. Langfristig könnte es eine überraschende Lösung geben.

Von Christof Kneer

Alle Antworten auf diese Frage liegen im Moment zwei bis drei Autostunden entfernt. Ob der Kaderplaner Michael Reschke als Nachfolger von Matthias Sammer in Frage komme, wurde Karl-Heinz Rummenigge am Montag gefragt. Rummenigge hätte auf das Stadion in Stuttgart verweisen können oder auf das in Großaspach oder Heidenheim, er hätte all jene süddeutschen Arenen aufzählen können, in denen seit diesem Montag die U-19-EM zur Austragung kommt.

Bei diesem Turnier wird der Bayern-Funktionär Reschke von Donnerstag an täglich auf den Tribünen sitzen, er wird dort versuchen, Spieler ausfindig zu machen, die vielleicht einmal Bayern-Spieler werden könnten. Bei der letzten U-19-EM ist Reschke ein Spieler namens Joshua Kimmich aufgefallen, auch den Franzosen Kingsley Coman und den Portugiesen Renato Sanches hat er bei Juniorenspielen erstmals ausgekundschaftet.

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Es war also eher keine Überraschung, dass Rummenigge auf die Frage nach Reschke folgende Antwort präsentierte: "Der FC Bayern braucht Michael Reschke in der Rolle, die er perfekt beherrscht, und das ist das Scouting. Wir wären nicht gut beraten, wenn wir da eine Rotation machen würden. Wir würden eine Baustelle schließen, uns aber eine andere schaffen."

Nach dem Abschied von Matthias Sammer ist der FC Bayern einerseits auf der Suche nach einem neuen Sportvorstand und andererseits auch wieder nicht. "Wir werden das bis auf Weiteres so machen, wie wir das die letzten Monate schon machen mussten, da haben wir das ja auch auf mehrere Schultern verteilt", sagte Rummenigge, und was eine mögliche Wiederbesetzung der Planstelle anbelange, werde man "in Ruhe eine Entscheidung treffen".

Sammer lehnt mehrmonatiges Sabbatical ab

Für die Öffentlichkeit kam der Rückzug des bisherigen Sportvorstandes überraschend, im Klub hatten sie ein wenig mehr Zeit, sich darauf vorzubereiten. Seit Sammer im April "einen leichten Schlaganfall" (Rummenigge) erlitt, war er nicht mehr an der Säbener Straße, die Prozesse haben sie im Klub seitdem schon anders organisiert.

Sammers "Sichtweise auf das Leben" habe sich durch die Erkrankung verändert, erklärte Rummenigge am Montag; in den jüngsten gemeinsamen Gesprächen habe er "ziemlich schnell festgestellt, dass Matthias das Kapitel Bayern beenden wollte". Auch das Angebot, ein mehrmonatiges Sabbatical einzulegen, habe er abgelehnt.

Eine mögliche Lösung mit Reschke habe man "maximal kurz andiskutiert", heißt es im Klub, aber alle Parteien - inklusive Reschke - waren dann schnell der Meinung, dass Reschke an seinem aktuellen Arbeitsplatz am besten aufgehoben ist. In der Kaderplanung werden die großen, strategischen Entscheidungen angebahnt, dort entscheidet sich das Schicksal eines Klubs viel eher als in den TV-Interviews vor dem Spiel, in denen ein Sportdirektor sagen darf, dass man sich akribisch auf den SC Freiburg vorbereitet habe. Reschke, ein ebenso langjähriger wie gläubiger Leverkusener, muss, soll und will nicht das Gesicht des FC Bayern werden.

Diese Überlegungen führen direkt zurück zu Sammer, um den es schon vor der Erkrankung ruhiger geworden war im Klub. Bei Bayern legen sie sehr ausdrücklich Wert auf die Feststellung, dass es ausschließlich gesundheitliche Gründe waren, die zur Trennung geführt haben. Unabhängig davon haben sich die Verantwortlichen in den gemeinsamen vier Jahren immer wieder ein bisschen missverstanden.

Sammers Jobverständnis war nicht das eines klassischen Sportchefs, er hat seine Aufgabe weniger darin gesehen, mit Präsidenten in Florenz über Mario Gomez zu verhandeln; er organisiere Leistung, so hat er sich ausgedrückt, sein Ziel war, durch tägliche professionelle Begleitung ein Klima zu erzeugen, das Spielern, Trainern und Stab ideale Arbeitsbedingungen garantiert.

Wenn Uli Hoeneß - was alle erwarten - demnächst zu seinem Klub heimkehrt, wird er gemeinsam mit Rummenigge auch solche Fragen beantworten müssen: Wie muss unser Unternehmen in der sportlichen Führung künftig aufgestellt sein? Braucht es bei Hoeneß, Rummenigge, Reschke und Finanzvorstand Dreesen überhaupt noch einen Sportvorstand, oder reicht ein klassischer Sport- oder Teammanager, der sich zum Beispiel um die Nachwuchsarbeit kümmert? Und wer könnte den Laden mal nach uns übernehmen?

Das Funktionärs-Scouting hat begonnen. Schnelle Entscheidungen sind nicht zu erwarten, denn die hohen Herren wissen ja, dass der im Klub hoch geschätzte Philipp Lahm höchstens noch zwei Jahre Fußball spielt.

© SZ vom 12.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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