Abwehrspieler des FC Bayern:Süle konkurriert wieder

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Torschütze und Vorlagengeber: Niklas Süle (links) freut sich nach seinem Kopfballtreffer zum 1:0 mit Douglas Costa. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Der FC Bayern spielt gegen Lokomotive Moskau erstmals seit Oktober wieder zu null - der zuletzt kritisierte Verteidiger bekommt Lob von Trainer Flick.

Von Sebastian Fischer, München

Niklas Süle hatte sehr viel Platz in alle Himmelsrichtungen, es sprang kein Gegenspieler in seiner Nähe mit ihm zum Kopfball hoch, das erste Champions-League-Tor seines Lebens war also sicherlich nicht die größte Herausforderung seiner Karriere, aber es passte zum Thema des Abends. "2020 war ein herausragendes Champions-League-Jahr für uns", sagte Trainer Hansi Flick nach dem 2:0 gegen Lokomotive Moskau im letzten Vorrundenspiel gegen den Letzten der Gruppe A, als deren Sieger die Münchner schon lange feststanden.

Zehn von elf Champions-League-Spielen hat der FC Bayern 2020 gewonnen, nach dem Titelgewinn in der Vorsaison ist in der Gruppenphase bislang weiterhin keine Mannschaft in Europa besser, nur Manchester City hat ebenfalls 16 Punkte gewonnen, dabei aber die um ein Tor schwächere Tordifferenz. Doch welche Rolle der Verteidiger Süle, am Mittwoch der Torschütze zum 1:0 nach 63 Minuten, in diesem Champions-League-Jahr für den Rekordmeister spielen würde, das war oft nicht so ganz klar.

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Süle, 25, war im Frühjahr, man erinnert sich dunkel, noch der prominenteste Fußballpatient Münchens, vielleicht ganz Deutschlands. Er arbeitete nach seinem Kreuzbandriss im Herbst 2019 an einem Comeback, das möglichst rechtzeitig stattfinden sollte vor einer Europameisterschaft, für die er als eine Art Abwehrchef der Nationalmannschaft vorgesehen war. Seine Rückkehr fand dann tatsächlich bei einem Turnier statt, allerdings bei dem in den August verschobenen Finalwettbewerb der Champions League in Lissabon. In jedem Spiel wurde er eingewechselt.

"Was geschrieben wird, ist scheißegal", sagt Süle

Doch wie das manchmal so ist nach einer langen Verletzung, waren die Leistungen Süles danach noch nicht wieder von jener Souveränität gekennzeichnet, die man vorher von ihm kannte. Und wie das immer ist beim 1,95 Meter großen Süle, wurden deshalb die Ausmaße seines wuchtigen Körpers kritisch vermessen. "Trainingsrückstand" attestierte ihm Flick und strich ihn aus dem Kader, nach acht Tagen Quarantäne wegen eines falsch-positiven Corona-Tests und der anschließenden Länderspielreise mit der Nationalmannschaft. Es half nicht unbedingt, dass Süle beim 0:6 gegen Spanien 45 Minuten auf dem Platz stand, in einer chancenlosen Abwehr ohne Chef.

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Was Süle von der flankierenden Boulevard-Berichterstattung über sein angebliches zwischenzeitliches Übergewicht hielt, sagte er am Mittwoch nach dem Spiel im Sky-Interview recht unmissverständlich: "Was geschrieben wird, ist scheißegal." Etwas relevanter ist da schon, was sein Trainer sagt. Und der erklärte auf Nachfrage: "Ich bin zufrieden mit der Entwicklung von Niklas."

Nun ist es zur Beurteilung von Süles Entwicklung wohl entscheidender zu beobachten, wie er in Spielen gegen ambitionierte Konkurrenz verteidigt. Gegen die Gäste aus Moskau, die sich als Ziel nur Schadensbegrenzung gesetzt zu haben schienen und auf gefährliches Angreifen vorsichtshalber ganz verzichteten, war er kaum gefordert.

Beim 3:3 gegen Leipzig am vergangenen Wochenende hatte er im Verbund mit Jérôme Boateng oft nicht ganz so glücklich ausgesehen. In den verbleibenden drei Ligaspielen 2020 könnte er nun womöglich wieder mit Boateng um einen Platz in der Innenverteidigung neben David Alaba konkurrieren. Auf der linken Außenseite, wo Alaba gegen Leipzig erstmals in dieser Saison spielte, steht neben Lucas Hernández nun auch Alphonso Davies wieder zur Verfügung, der gegen Moskau erstmals nach seiner Bänderverletzung im Oktober wieder auflief.

Die Probleme der Bayern bleiben sportlich eher klein

Süles Leistung, sein Tor und das erste Spiel seit Oktober ohne Gegentreffer stehen aber trotzdem beispielhaft für das Phänomen, dass die sportlichen Probleme beim FC Bayern gerade auch dann eher klein bleiben, wenn sich welche andeuten - und ein Spiel nach dem anderen ansteht und zur Ermüdung einlädt. Ein zu kleiner Kader? Am Mittwoch spielten alle vier kurz vor Transferschluss Anfang Oktober verpflichteten Zugänge, Eric Maxim Choupo-Moting schoss das Tor zum 2:0, Douglas Costa bereitete immerhin Süles Treffer per Eckstoß vor.

Rechtsverteidiger Bouna Sarr und Marc Roca, die anderen beiden Neuen, offenbaren zwar weiterhin taktischen Nachholbedarf, doch selbst auf Rocas Position im zentralen Mittelfeld scheinen die Münchner den Ausfall von Joshua Kimmich bis Jahresende ohne dramatische Punktverluste zu überstehen. Und ein Problem wie jenes, dass der ebenfalls im Sommer verpflichtete Leroy Sané ähnlich wie Süle nach einem Kreuzbandriss 2019 noch nicht in Bestform ist, würde wohl jeder andere Klub in Europa auch gerne haben.

"Wenn wir die drei Spiele auch noch erfolgreich bestreiten, war es ein traumhaftes Jahr", sagte Hansi Flick am Mittwoch über die verbleibenden Partien gegen Union Berlin, Wolfsburg und Leverkusen. Für Niklas Süle beginnt erst danach ein Jahr, in dem unter anderem bei der verschobenen EM wieder die wirklich herausragenden Leistungen von ihm erwartet werden.

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