Paris gegen Basaksehir:Kniend um den Mittelkreis

Paris gegen Basaksehir: Neymar (Mitte), die Spieler und das Schiedsrichtergespann knieten vor dem Anpfiff während der Champions-League-Hymne.

Neymar (Mitte), die Spieler und das Schiedsrichtergespann knieten vor dem Anpfiff während der Champions-League-Hymne.

(Foto: FRANCK FIFE/AFP)

Beim deutlichen Sieg von PSG im tags zuvor abgebrochenen Spiel gegen Basaksehir setzen beide Mannschaften und das Schiedsrichter-Team Zeichen gegen Rassismus.

Von Martin Schneider

Als die Champions-League-Hymne ertönte, da knieten sie alle, die Spieler von Paris, die Spieler von Basaksehir und auch das neue Schiedsrichtergespann. Ein Knie auf dem Boden, eins im rechten Winkel aufgestellt, die meisten streckten noch die Faust in die Luft. Die Geste "take a knee", zuerst gezeigt 2016 von US-Footballer und Quarterback Colin Kaepernick, wurde in den vergangenen Jahren zum internationalen Zeichen gegen Rassismus, die hochgestreckte Faust ist es schon länger, wurde aber durch die Black-Lives-Matter-Bewegung nach dem Tod von George Floyd wieder aufgenommen. Beide Mannschaften und die Unparteiischen haben sich offensichtlich vorher darüber verständigt, diese Gesten vor dem Spiel nochmal zu zeigen.

Auch das Prinzenparkstadion sah ein wenig anders aus als am Abend zuvor. Auf der Gegengerade der immer noch pandemiebedingt leeren Arena waren zwei große Banner platziert, darauf zu sehen die beiden Wappen der Klubs und darunter auf English und Französisch "No to Racism" und "Non au Racisme". Beim Aufwärmen trug jeder Spieler ein T-Shirt mit dieser Botschaft und auch die abwesenden Ultras von PSG haben ein Transparent aufhängen lassen: Sie seien stolz auf die Spieler und solidarisierten sich mit dem Co-Trainer des Gegners, Pierre Webó.

Paris gegen Basaksehir: Die Banner der Ultras von Paris.

Die Banner der Ultras von Paris.

(Foto: FRANCK FIFE/AFP)

Die Gesten am Mittwoch zeigten erneut die Einigkeit, die PSG und Basaksehir schon am Dienstag demonstrierten. Die Untersuchung des europäischen Fußballverbandes Uefa läuft noch, aber allen Anschein nach trug sich Folgendes zu: Der vierte Offizielle Sebastian Coltescu aus Rumänien nannte Webó nur "den Schwarzen", um ihn zu identifizieren. Das Wort "negro" oder das rumänische Wort "negru" (schwarz) war über die Außenmikrofone deutlich zu hören. Webó sollte die rote Karte sehen, offenbar weil er bei einem Foul zu heftig intervenierte. Der Co-Trainer protestierte in Richtung Coltescu lautstark und fragte ihn wiederholt: "Why you said negro?"

Schon kurz danach waren sich beide Mannschaften einig, dass man unter diesen Umständen nicht weiterspielen wolle. Kylian Mbappé von PSG sagte noch auf dem Platz, dass, falls die Worte so gefallen seien, man das nicht akzeptieren könne. Basaksehir-Spieler Demba Ba erklärte deutlich hörbar für alle, warum man den Wortwechsel rassistisch verstehen muss. "Einen weißen Spieler nennst du nie 'den Weißen' - warum dann einen schwarzen Spieler 'den Schwarzen'?"

Spät am Abend entschied die Uefa, dass das Spiel am kommenden Abend neu angesetzt werden soll - mit neuem Schiedsrichtergespann. Danny Makkelie aus den Niederlanden kam zum Einsatz, Linienrichtern waren Mario Diks (Niederlande) und Marcin Boniek, der vierte Offizielle war Bartosz Frankowski (beide Polen). Nur der Italiener Marco Di Bello blieb als Videoassistent eingesetzt. Pierre Webó durfte übrigens auf der Bank Platz nehmen. Weil das Spiel streng genommen erst nach seiner roten Karte abgebrochen wurde, setzte die Uefa die rote Karte aus. Das teilte zumindest PSG auf seiner Homepage mit.

Paris gegen Basaksehir: Pierre Webó mit einem "No to Racism"-Shirt vor dem Anpfiff. Die Uefa setzte seine rote Karte aus.

Pierre Webó mit einem "No to Racism"-Shirt vor dem Anpfiff. Die Uefa setzte seine rote Karte aus.

(Foto: Francois Mori/AP)

Die Regeln sehen vor, dass ein abgebrochenes Spiel an der Stelle fortgesetzt wird, an der es unterbrochen wurde und so trug Schiedsrichter Makkelie den Ball zu dem Punkt, an dem Presnel Kimpembe tags zuvor foulte. Weil Kimpembe nicht verwarnt wurde, protestierte die Bank von Basaksehir, was mutmaßlich zum Verweis von Webó führte und zu den folgenden Ereignissen.

Um 18:55 Uhr wurde der Freistoß ausgeführt, ein langer Schlag in die Abwehr von Paris und ein besonderes Spiel nahm zumindest sportlich seinen erwartbaren Verlauf. Neymar tunnelte seinen Gegenspieler mühelos und schlenzte nach sieben beziehungsweise 21 gespielten Minuten zum 1:0 ins Tor, kurze Zeit später erzielte der Brasilianer das 2:0, vor der Pause versenkte dann Mbappé einen Strafstoß. Damit war das Spiel ergebnistechnisch gelaufen, Neymar zeigte nach Wiederanpfiff im Zusammenspiel mit Angel di Maria erneut seine Fußballkunst vor dem 4:0, Mehmet Topal erzielte für Basaksehir den kurzen Anschluss, Mbappé stellte schließlich mühelos den Vier-Tore-Abstand wieder her.

Einen Mini-Aufreger gab es dann noch. Neymar setzte in einem Zweikampf seinen Ellbogen ein bisschen zu aktiv gegen das Kinn des Gegenspielers ein - aber weder gab es Proteste, noch schritt der VAR ein. Das Ergebnis war klar und niemandem hatte an weiteren Verwerfungen Interesse.

Dann war Schluss in einem Spiel, das Paris sportlich den Gruppensieg vor Leipzig sicherte, das aber in die Geschichte eingehen wird als erstes Match, das wegen eines rassistischen Vorfalls an zwei Tagen gespielt wurde.

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