FC Bayern siegt gegen Gladbach:Ein Sechser? Zwei Sechser?

Über die Vorzüge der Flügel-Dribbler sprach nach der Partie dennoch niemand in der Arena. Dass die beiden was können, weiß schließlich jeder. So gingen alle schnell zu den offensichtlichen Schwächen dieses neuen FC Bayern über. Etwa, dass Borussia Mönchengladbach elf Mal auf das Tor von Manuel Neuer schoss. An so viele Bälle dürfte sich der Torwart während der gesamten Rückrunde der vergangenen Saison nicht erinnern.

Pep Guardiola wirkte peinlich berührt, als er in respektablem aber noch unperfektem Deutsch sein erstes Bundesliga-Spiel analysierte. "Wir brauchen Zeit, es ist schwierig, es wird nicht einfach", sagte er, legte die Stirn in Falten und kratzte sich den Nacken. Er zollte dem Gegner Respekt: Wenn seine Spieler das Pressing nicht gut umsetzten, die Gladbacher beim Spielaufbau "Zeit zum Denken" hatten, dann hätten sie es sehr gut gemacht. Dann taten sich nämlich bei Guardiolas Mannschaft im Mittelfeld Lücken auf groß wie ein Schwimmbecken. Dort, wo einst Martínez alle Räume zulief und den Gegner stoppte, liefen die Borussen unbeschwert umher und erspielten sich etliche gute Möglichkeiten.

Es folgte die unvermeidliche System-Debatte rund um Guardiolas Idee, wie in Barcelona nur mit einem defensiven Mittelfeldspieler zu agieren, diesmal mit der Person Bastian Schweinsteiger. "Wenn man als Mannschaft jahrelang was anderes gemacht hat, ist es schwer, es reinzubekommen", sagte der bekennende Guardiola-Fan Philipp Lahm vorsichtig. Schon leicht kritisch äußerte sich Toni Kroos: "Das System ist einen Tick offensiver. Wir werden sehen, wem das zugutekommt. Tore haben wir auch letztes Jahr nicht zu wenige gemacht."

Vor allem zu Beginn der zweiten Halbzeit wogte das Spiel ungestüm hin und her, beide Teams entblößten das Mittelfeld, von taktischem Plan war nichts mehr zu sehen. "Wir müssen die Konter besser kontrollieren in den nächsten Spielen", erklärte Guardiola kleinlaut. Denn nach Dantes Eigentor zum 1:2 (40.) benötigten seine Bayern schon zwei Handelfmeter, um das Spiel zu entscheiden. Álvaro Dominguez brachte binnen zwei Minuten zweimal den Arm an den Ball, den ersten Strafstoß verschoss Thomas Müller noch, den zweiten verwandelte David Alaba (69.).

Guardiola geriet über diese ersten 90 Minuten derart ins Grübeln, dass er bereits Änderungen in Aussicht stellte. "Wir können gut spielen mit einem Sechser, aber auch mit zwei Sechsern. Mit einem Sechser gefällt es mir besser, aber ich muss mich auch den Spielern anpassen und vielleicht das System ändern." Also wieder mit Schweinsteiger und Martínez als Stabilitätszentrum auf der Doppelsechs?

Demnächst kommen Guardiolas Lieblingsspieler Thiago und der 37-Millionen-Euro-Mann Götze zurück, beide ebenfalls keine Abräumer-Typen, sondern im Geiste Offensivspieler. Das Gedränge um die vorderen Positionen dürfte an Fahrt aufnehmen und vielleicht bietet der Offensivtrainer Guardiola mit seinem Offensivkader dem Publikum ja einfach das größte Spektakel der Bundesliga-Geschichte - Kontertore der Gegner inklusive.

Der arme Innenverteidiger Dante jedenfalls, der nun hinten so häufig auf sich alleine gestellt ist, hat den Konkurrenzdruck in diesem Kader so formuliert: "Wenn ich sehe, wer auf der Bank ist", er weitete die Augen, spitzte die Lippen und ließ ein leichtes "uuuhhh" durchsausen.

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