FC Bayern gegen Schalke:Der Bart wird langsam grau

Lesezeit: 3 min

Besorgt, weil die Defensive nicht zur Stabilität findet: Bayern-Trainer Niko Kovac. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern besiegt Schalke mit 3:1 und reduziert den Rückstand auf Borussia Dortmund auf fünf Punkte.
  • Echte Jubelstimmung kommt aber nicht auf: Trainer Kovac ist besorgt, weil sein Team weiter die defensive Stabilität vermissen lässt.
  • Hier geht es zur Einzelkritik des FC Bayern.

Aus dem Stadion von Maik Rosner

Hinterher ging es sogar um die Farbe der Gesichtsbehaarung von Niko Kovac, und mit seinem launigen Verweis darauf war schon viel erzählt über die Gemengelage beim FC Bayern. "Schauen Sie sich doch mal meinen Bart an. Der ist grau", antwortete der Münchner Trainer auf die Frage, wie es ihm denn gehe mit den wiederkehrenden Fehlern und Gegentoren nach Kontern.

Dass Kovac diesen kleinen Einblick mit einem Lächeln gewährte, bildete den 3:1 (2:1)-Heimsieg gegen den FC Schalke 04 recht gut ab. Hochüberlegen hatten die Bayern gewonnen, nach einer sehr schwungvollen ersten und einer dosierten zweiten Halbzeit. Der Rückstand auf Tabellenführer Borussia Dortmund, der am Nachmittag einen 3:0-Vorsprung gegen die TSG Hoffenheim verspielt hatte und sich mit einem 3:3 begnügen musste, ist auf fünf Punktze reduziert. Vorbeigezogen sind die Münchner zudem am bisherigen Tabellenzweiten Borussia Mönchengladbach, der gar 0:3 gegen Hertha BSC verloren hatte.

Und doch hielt sich die Freude der Münchner darüber sowie über den eigenen Erfolg in Grenzen, weil der gute Vortrag wieder einmal mit jenen Makeln in der Defensive versehen war, die sich aus Münchner Sicht in unschöner Regelmäßigkeit wiederholen. "Wir können es nur predigen", sagte Kovac über seine Gegenmaßnahmen im Training und mahnte an, doch auch mal ein taktisches Foulspiel zu begehen. Dabei lächelte er nicht mehr - zehn Tage vor dem Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League beim FC Liverpool, der sich besonders gut auf überfallartige Gegenangriffe versteht.

Erst Gnabry beruhigt das Spiel der Bayern

Es ist auch am Samstagabend in der Arena erneut sichtbar geworden, dass die Suche nach Stabilität beim FC Bayern anhält. Durch ein Eigentor des Schalker Winterzugangs Jeffrey Bruma waren die Münchner rasch in Führung gegangen (12.), ehe sie Ahmed Kutucus Ausgleich trotz großer Überlegenheit kassierten (25.). Robert Lewandowski brachte die Bayern schnell wieder in Front (27.), doch erst Serge Gnabrys Tor zum Endstand nach knapp einer Stunde (57.) sorgte für eine nachhaltige Beruhigung des Spiels, in dem Schalke dem erneuten Ausgleich durchaus nahe gekommen war. "Wir haben mal wieder ein paar Torchancen zu viel zugelassen", sagte der ehemalige Schalker Leon Goretzka.

Begonnen hatte der Abend mit einer weiteren Überraschung nach der Steilvorlage der Dortmunder. Die Frage, ob Mats Hummels oder Jérôme Boateng in der Innenverteidigung spielt, hatte Kovac mit einem unerwarteten und beantwortet. Für Boateng musste diesmal Niklas Süle auf der Bank Platz nehmen und nicht Hummels, der sich beim 3:2-Pokalsieg in Berlin einen besonderen Fauxpas vor dem zwischenzeitlichen 2:2 der Hertha erlaubt hatte. Nun aber sah Süle, wie sich Boateng bei seinem ersten Startelfeinsatz und nach bisher nur einer Minute Spielzeit in diesem Jahr genau vor der Bank mit einer Lehrbuchgrätsche einführte.

FC Bayern in der Einzelkritik
:James erhält mahnende Blicke

Der Kolumbianer zaubert gegen Schalke, trabt aber nur langsam in die Abwehr. Kingsley Coman ignoriert den Rat von Jupp Heynckes. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Martin Schneider

Ebenfalls in der Beobachterrolle neben Süle befand sich Thomas Müller, und sehen konnte der Offensivspieler, wie sein Konkurrent James Rodríguez rasch zur ersten Chance kam, welche aber abgeblockt wurde. Und dann sah Müller, wie James in die Schnittstelle auf Lewandowski passte und Bruma dem Stürmer mit einem Eigentor beim Rettungsversuch die Arbeit abnahm.

Auch nach ihrer Führung spielten eigentlich nur die Bayern, weshalb es eine gute Idee gewesen zu sein schien, dass Boateng seine Präsenz gleich einmal mit seiner Grätsche dokumentiert hatte. Doch nach weiteren Torannäherungen der Münchner stand es plötzlich 1:1, ohne dass Boateng gegrätscht hatte. Viel zu schnell war es dafür gegangen, nachdem die Bayern weit aufgerückt waren, James einen Fehlpass spielte und Weston McKennie Kutucu schickte, der freistehend an Torwart Sven Ulreich vorbei einschob. Boateng hatte zwar noch die Verfolgung aufgenommen, war aber gar nicht in die Reichweite einer Grätsche gekommen.

Es war ein Tor aus dem berühmten Nichts, aber auch eines, das den Münchnern vertraut vorkommen musste. Mit unerwarteten Gegentoren haben sie in dieser Saison ja schon reichlich Erfahrung gesammelt, und auch diesmal genügten den Schalkern zwei schnelle Aktionen, um die gesamte Defensive des Meisters zu überrumpeln. "Nach dem 1:1 habe ich das Gefühl gehabt, vielleicht geht heute was", sagte Schalkes Linksverteidiger Bastian Oczipka, und man sei ja auch danach "schon dran gewesen". Doch auch die Gäste wiederholen ihre Fehler in dieser Saison häufig. Wie beim 2:1, das Lewandowski umgehend erzielte, nachdem die Schalker im Aufbau havariert waren.

Fast wäre es in diesem Rhythmus weitergangen, als die Gäste durch McKennies Kopfball und Yvhen Konoplyanka Abschluss kurz darauf beinahe zum zweiten Mal von der Instabilität der Münchner Defensive profitiert hätten. Doch erst rettete Thiago Alcántara vor der Linie und kurz darauf Manuel Neuers Vertreter Ulreich. Auch ohne einen weiteren Ertrag für die Gäste behielt der Eindruck Bestand, wonach die Münchner weiter auf der Suche nach Stabilität sind.

Das ließ sich auch zu Beginn der zweiten Halbzeit beobachten, als Konoplyanka auf recht schlichte Weise freigespielt wurde, seinen Abschluss jedoch verzögerte und an Ulreich scheiterte. McKennies zweiter Versuch endete am Pfosten, gefolgt von weiteren Turbulenzen im Strafraum der Bayern. Und auch kurz darauf kamen die Schalker dem Ausgleich nahe, diesmal durch Brumas Kopfball an den Pfosten. Danach war es der FC Bayern, der beinahe aus dem vorübergehenden Nichts zum Torerfolg kam, als Gnabry Lewandowskis Fallrückzieherversuch mit dem Kopf ins Schalker Tor lenkte. "Für mich war es eine super Woche, für den FC Bayern auch", sagte Gnabry später. Mit seinen beiden Toren im Pokal hatte der offensiven Flügelspieler bereits maßgeblich zum Einzug ins Viertelfinale beigetragen. Graue Haare sind für ihn gerade noch kein Thema.

© SZ vom 10.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

3:3 gegen Hoffenheim
:Der BVB hat ein Führungsproblem

Tabellenführer Dortmund verspielt gegen Hoffenheim einen 3:0-Vorsprung. Ohne den verletzten Kapitän und grippekranken Trainer setzt sich ein lästiger Trend fort.

Von Ulrich Hartmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: