FC Bayern:Müller mault

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Kam erst spät: Thomas Müller. (Foto: AFP)
  • Robert Lewandowski erlöst den FC Bayern in einem zähen Spiel gegen Werder Bremen mit zwei späten Toren.
  • Wieder gewinnen die Münchner, obwohl sie Probleme mit Geschwindigkeit, Timing und Abstimmung haben.
  • Thomas Müller ist zudem mit seiner Reservistenrolle unzufrieden.

Von Carsten Scheele, Bremen

Direkt nach dem Schlusspfiff stand Robert Lewandowski plötzlich ziemlich allein auf dem Rasen. Er klatschte den mitgereisten Fans zu, doch es wollte einfach kein Kollege zum Gratulieren kommen. In jeder anderen Mannschaft wäre der zweifache Torschütze wohl bestürmt und geherzt worden, aber dass Lewandowski die Bayern vor einem Unentschieden rettet - ist halt normal.

Tatsächlich hätten die Münchner beim 2:0 (0:0) in Bremen fast die ersten Saisonpunkte liegen lassen, doch wer einen Stürmer mit solchen Qualitäten hat, braucht sich mit Eventualitäten nicht zu beschäftigen. An einem aus Bayern-Sicht spielerisch biederen Nachmittag beseitigte Lewandowski mit zwei flinken Toren binnen drei Minuten alle Zweifel. Erst traf er per Hacke auf Hereingabe von Kingsley Coman (72.), dann erhöhte er im Alleingang zum Endstand zum 2:0 (75.).

"Ein wichtiger Sieg in einem schweren Spiel", konstatierte Trainer Carlo Ancelotti in gewohnter Präzision. Sportdirektor Hasan Salihamidzic war schon eher in Schwelger-Laune. Die Bayern hätten in Lewandowski den "besten Stürmer der Bundesliga" und "einen der besten der Welt". Sein Fazit: "Für uns ist Lewa einfach der Knaller."

Eine Botschaft an den Trainer

Im Tor der Bayern stand nach halbjähriger Pause erstmals wieder Nationaltorhüter Manuel Neuer, doch interessanter war zunächst, wer nicht spielte. Renato Sanches fehlte im Kader, da er mit anderen Vereinen aktuell über einen Wechsel verhandelt und mit Erlaubnis von Ancelotti auf seinen Platz in der Mannschaft verzichtete. Nur auf der Bank saß zudem Thomas Müller. Der Weltmeister hatte gar keine Lust, diesen Umstand klaglos hinzunehmen. Nach missratener Spielzeit fühlt sich der Stürmer topfit, offenbar im Gegensatz zu Ancelotti, der ihn erst spät einwechselte. "Ich weiß nicht genau, welche Qualitäten der Trainer sehen will", bemerkte Müller im ARD-Hörfunk spitz, "meine sind scheinbar nicht hundertprozentig gefragt."

Ohne Müller, der erst nach 73 Minuten eingewechselt wurde, war die Qualität im Bayern-Spiel lange Zeit nicht sonderlich hoch. Wirklich zusammenzuspielen gedachten seine Kollegen nicht, wie schon im Saison-Eröffnungsspiel gegen Leverkusen fehlte es dem Rekordmeister gehörig an Abstimmung. Über die Außenbahnen fanden Arjen Robben und Franck Ribéry nur selten bis gar nicht ins Spiel; ohne größere Umstände schaffte es Werder im defensiven 5-3-2-System, die Bayern-Angreifer mit griffigem Pressing zu stellen. "Es gab nicht viel Raum für uns", erklärte Lewandowski den lange Zeit mäßigen Vortrag, "wir mussten geduldig sein." Auch Müller gab zu: "Das war kein Zuckerschlecken."

Solange Bremen die Ordnung hielt, fehlten den Bayern entweder Geschwindigkeit oder Timing, um den fußballerisch unterlegenen Gegner zu gefährden. Der Schuss von Corentin Tolisso aus dem Getümmel an die Latte (7.) war anfangs noch die beste Chance. Die Bremer Fans im wunderbar euphorisierten Weserstadion sahen dies mit Genugtuung. Elf Jahre hatte Werder im eigenen Stadion nicht mehr gegen den alten Rivalen gewinnen können, diesmal war Nouris Elf zumindest an der Führung dran. Doch in einer Ko-Produktion der ansonsten beschäftigungslosen Münchner Innenverteidiger blockte erst Mats Hummels einen Schuss von Thomas Delaney, dann rettete Niklas Süle Sekundenbruchteile später gegen Ludwig Augustinsson (29.). Egal, zur Halbzeit feierten die Bremer Fans eben das 0:0.

Eine Phase der Schläfrigkeit entscheidet das Spiel

Nach 70 Minuten konnten die Bayern ihr Phlegma endlich ablegen. Der eingewechselte Coman, der Robben ersetzte, brachte bei seiner ersten Aktion den Ball scharf Richtung Lewandowski, der ihn mit der Hacke ins Netz bugsierte. Die Bremer mussten ihre Hoffnung auf den ersten Punkt der Saison aufgeben. Drei Minuten später nutzte der polnische Ausnahmestürmer eine Schläfrigkeit in der Abwehr, tunnelte zwei Werderaner und sorgte so für das finale 2:0. Nach zwei Partien haben die Bayern sechs Punkte auf dem Konto, Lewandowski thront mit drei Treffern an der Spitze der Torjägerliste. Wer also nur die nackten Zahlen betrachtet, könnte meinen: alles in bester Ordnung. Aber es kam eben auf die Zwischentöne an.

So auch im Fall von Thomas Müller. Er verließ das Stadion mit einem gequälten Grinsen, wollte nicht weiter über seine persönliche Situation reden. Anders der neue Sportdirektor Salihamidzic, dessen Aufgabe es ist, die Befindlichkeiten im Team zu moderieren, dem nach dem Spiel allerdings nur eine halbherzige Verteidigungsrede für seinen unzufriedenen Weltmeister gelang. "Wir haben viele Spiele in dieser Saison", sagte Salihamidzic bei Sky, "und wir wissen, was wir an Thomas haben." Es dürften nicht die Worte gewesen sein, die Müller auf der Stelle wieder glücklich machten.

© SZ vom 27.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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