FC Bayern: Louis van Gaal:Raus durch den Vorderausgang

Lesezeit: 3 min

Louis van Gaal möchte sich mit Erfolg und großem Anstand vom FC Bayern trennen. Solch eine Situation hat der Trainer schon zweimal mitgemacht - einmal ging es gut aus, einmal nicht. Van Gaal geht es dabei auch um seine Ehre.

Andreas Burkert

Er weiß nicht, wie die Geschichte zu Ende geht. Er weiß nur: "Es kann nach beiden Seiten ausgehen." Louis van Gaal spricht aus Erfahrung, die Situation ist nicht neu für ihn. Er ist 59 und hat schon viel erlebt im Fußball. In dieser Woche ist also in Deutschland ausgiebig darüber diskutiert worden, ob das gut gehen kann, ein Trainer auf Abruf, wie er das jetzt ist, wie es auch Armin Veh ist, der Kollege aus Hamburg, den er am Samstag im Duell mit dem HSV in der Arena trifft. Van Gaal weiß nur dies: dass er "traurig und enttäuscht" ist, seine Arbeit nicht fortführen zu können. Und dass er gleichzeitig denkt, "dass es so für beide Seiten vernünftig ist".

Will einen versöhnlichen Abschied vom FC Bayern: Trainer Louis van Gaal. (Foto: dapd)

Vier Tage, nachdem die Bayern überraschend nicht die sofortige Trennung von ihrem Cheftrainer verkündeten, sondern ihm das Neun-Wochen-Vertrauen bis zum Saisonende aussprachen, redet Louis van Gaal erstmals über diese Situation, die nur die anderen sonderbar finden. Er nicht. Er habe das schon zweimal mitgemacht, erzählt er, damals bei seinem zweiten Engagement beim FC Barcelona und während seiner letzten Station in Holland, beim AZ Alkmaar. Bei Barcelona hatten sie ebenfalls dreimal am Stück verloren, wie zuletzt die Bayern, aber dann hätten sich die Spieler beim Vorstand für ihn ausgesprochen. Van Gaal blieb, er gewann drei Spiele. Doch die nächsten beiden verlor er. "Da habe ich gedacht, es ist besser, wenn ich gehe."

In Alkmaar ist es noch skurriler gewesen, denn im dritten Jahr war er bereits entlassen, wegen Tabellenplatz 13. Aber dann hätten die beiden Kapitäne die Mannschaft zusammengetrommelt und bei den Bossen rebelliert. Van Gaal blieb dann, sie "gewannen danach alles". Und wurden im Jahr darauf Meister.

Louis van Gaal trägt das alles ohne Pathos vor, für ihn sind das Fakten. Er sei eben "ein Relationscoach, das bedeutet, dass ich immer eine Verbindung habe mit jedem Spieler. Und auch jetzt will jeder Spieler etwas machen für mich, ich weiß das". Man muss dann noch ein wenig warten, bis er dann diejenigen benennt, die jetzt seiner Ansicht nach einen Fehler gemacht haben in diesem Klub, den er "liebe", wie auch dessen Fans und Heimatstadt. Denn dann ergänzt van Gaal: "Bayern München ist größer als van Gaal. Aber auch größer als der Vorstand."

FC Bayern: Louis van Gaal
:Feierbiest und Sturkopf

Van Gaals Ära beim FCB war ein ständiges Auf und Ab. Er kam als dominanter Fußballlehrer, stand kurz vor dem Aus - und führte den Klub ins Finale der Champions League. Jetzt muss er gehen. Seine Zeit beim Rekordmeister in Bildern.

Jürgen Schmieder

Eigentlich ist das alles überflüssig, die Trennung und der Ärger. So sieht er das wohl. Es sei zwar schon vor den Niederlagen gegen Dortmund (1:3), Schalke (0:1) und Hannover (1:3) nicht alles in Ordnung gewesen, räumt er ein, aber an Rücktritt habe er dennoch nie gedacht. Auch nicht am Montag, als er mit dem Vorstand beisammensaß. Van Gaal weiß, dass sie so schnell keinen anderen gefunden haben, und das Geld, was ihm für den vorzeitig aufgelösten Vertrag zusteht, wird auch eine Rolle gespielt haben. Aber deswegen triumphiert er nun nicht. Er verweist mehrmals auf die Presseerklärung, die sie montags zusammen aufsetzten, "auf die unterschiedliche Philosophie", die er und die Herren vom Vorstand verfolgten. Van Gaal schützt sich selbst, obwohl ihm das nicht immer gelingt im Gespräch (Antwort: "Das ist nur Provokation!").

Vorschau: Bundesliga, 26. Spieltag
:"We love LvG"

Die Bayern-Spieler huldigen Trainer Louis van Gaal mit selbstgemalten T-Shirts, Schalkes Angelos Charisteas freut sich diebisch auf Otto Rehhagel und St. Pauli spielt endlich wieder mit Libero.

zum Bundesliga-Spieltag

Eigentlich überflüssig, aber halt nicht mehr zu ändern, eine ähnliche Ansicht hat zuvor auch der Kapitän verbreitet. Nur der Vorstand treffe derlei Personalentscheidungen, sagte Philipp Lahm politisch korrekt, doch zugleich klang aus seinen Worten ein Bedauern über die Trennung. Wie zuvor Bastian Schweinsteiger betonte Lahm, zwischen Trainer und Spielern sei "der Kontakt, das Verhältnis, immer noch gut". Zugleich ist Lahm jetzt sehr besorgt, dass womöglich nichts zurückbleibt von dem, was der holländische Fußballlehrer geschaffen habe. "Was Louis van Gaal gemacht hat, was er im letzten Jahr an Struktur und Philosophie reingebracht hat, das muss jetzt weiterentwickelt werden", sagt Lahm.

Noch neun Wochen, danach will sich van Gaal "ein Sabbatical nehmen, das ist im Moment mein Plan". Bis dahin will er nur eines bleiben: van Gaal. "Ich mache nichts anders", versichert er lächelnd, "wir haben einen Halt, eine Struktur, wir sind deshalb so sympathisch geworden im letzten Jahr - warum soll ich etwas ändern?" Lahm berichtete, der Trainer habe "am Sonntag eine Super-Ansprache gehalten".

Beide wollten jetzt auch alles dafür tun, ihre jeweiligen Ziele zu erreichen: Die Mannschaft einen Platz für die Champions League. "Und ich möchte diesen Klub noch durch den Vorderausgang verlassen", sagt van Gaal: "Da geht es auch um die Ehre".

© SZ vom 12.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: