FC Bayern:Von Geschlossenheit weit entfernt

Bayern Muenchen v Fenerbahce - Audi Cup 2019 Semi Final

„Was ich gesagt habe, stimmt. Es hat absolute Richtigkeit und ist verifiziert“, sagt Bayern-Trainer Niko Kovac über einen möglichen Sané-Transfer.

(Foto: Getty Images for AUDI)
  • Der FC Bayern gewinnt bei einem Testkick 6:1 (5:0) gegen Fenerbahce Istanbul.
  • Die sportlichen Erkenntnisse rücken aber in den Hintergrund.
  • Den Verein beschäftigen die Aussagen von Trainer Niko Kovac über einen möglichen Transfer von Leroy Sané.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Als alle in die drückend warme Sommernacht entschwunden waren, blieben beim FC Bayern viele Fragen. Wer hatte was gesagt und damit wen gerüffelt und warum überhaupt und wenn ja, wie viele? Das erste Vorbereitungsspiel der neuen Saison auf deutschem Boden gegen Fenerbahce Istanbul hätte im Grunde Anlass gegeben für ein paar sportliche Erkenntnisse. Solche, die sich um Torschützen drehen (der Müllerthomas!). Oder um Formkurven (dieser Sanches könnte doch noch einer werden!) oder um taktische Neuerungen (plötzlich geht's schnurstracks in den gegnerischen Sechzehner!). Allein: Das 6:1 (5:0) gegen den offenbar gar nicht mehr so großen Großklub aus der Türkei interessierte schon nach Schlusspfiff kaum mehr.

Vielmehr war es so, dass schon vor dem Anpfiff das eigentliche Spektakel des Abends seinen Lauf genommen hatte. Es war der Moment, als der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge sich am ZDF-Mikrofon in Stellung brachte und wieder einmal Trainer Niko Kovac ein paar Chefansagen mitgab. Ansagen, die es hinterher einzufangen galt und die am Ende nur eins demonstrierten: Von Geschlossenheit ist der FC Bayern im Sommer 2019, wenige Wochen vor Saisonstart der Bundesliga, weit entfernt.

Es blieb zunächst, quasi spielbegleitend, vor allem diese Frage im Raum stehen: Warum weist der Vorstandsboss Rummenigge seinen Angestellten Kovac zum wiederholten Mal via Fernseh-Interview zurecht wie einen renitenten Schülersprecher? Zur Chronologie dieses Abends zählten nämlich auch Erklärungen von Kovac zum möglichen Transfer Leroy Sanés nach München. Kovac hatte am vergangenen Wochenende - ebenfalls im ZDF - Zuversicht versprüht, als es um den Fortschritt bei den Verhandlungen mit dem Nationalspieler von Manchester City ging.

Rummenigge geht es plötzlich um Anstand

"Den möchten wir", hatte der Bayern-Coach gesagt. Er gehe davon aus, dass man Sané haben könne, trotz dessen vertrackter Situation beim Klub von Trainer Pep Guardiola. Trotz seiner Unentschlossenheit. Trotz der gewaltigen Ablösesumme von um die 100 Millionen Euro. Diese Offenheit empfand Rummenigge offenbar als geschäftsschädigend, schließlich bedeuten Verhandlungen mit einem so prominenten Spieler ja noch kein Recht auf "Wasserstandsmeldungen", wie der Bayern-Boss monierte. "Mir hat diese Aussage nicht gefallen", erklärte Rummenigge in Kovacs Richtung. Er wisse gar nicht, wie der Trainer überhaupt darauf komme, sich so offensiv zu äußern.

"Wir arbeiten an Transfers", wichtig sei aber auch, "dass der FC Bayern eine eigene Philosophie hat." Diese ist zwar seit Wochen umstritten - manche Beobachter sagen gar, es gebe gar keine, außer endlich Sané zu bekommen -, aber Rummenigge ging es plötzlich um Anstand. Es sei schließlich auch "Vorgabe der Fifa", sich nicht öffentlich in Flirts mit Profis anderer Klubs zu ergehen. Dieser neuerliche Rüffel für Niko Kovac kam überraschend, hatte der Trainer doch nur ausgesprochen, was sich beim FC Bayern viele wünschen: Dass nämlich der aktuell dünne Kader von "15 oder 17 Feldspielern, ich weiß es gar nicht so genau", wie Thoms Müller meinte, endlich ergänzt wird.

"Ich habe das mit Pep klar besprochen, so dass dem letzten Endes nichts hinzuzufügen ist", sagt Kovac

Ergänzt um mindestens eine weitere, echte Attraktion für die Offensive. Denn die bisherigen Großtransfers Benjamin Pavard und Lucas Hernández sind bekanntlich reine Spezialisten für hinten und Jann-Fiete Arp ist eben (noch) keine echte Attraktion. So bestand der große Reiz des Abends darin, zu hören, was der gescholtene Kovac seinem Chef antworten würde. Und es entspann sich die nächste Volte. Kovac vollbrachte nämlich das Kunststück, zurückzurudern und doch seinen Standpunkt zu bekräftigen. Es stellte sich heraus, dass er offenbar mit einem grantelnden Guardiola telefoniert hatte, dem die Avancen in Sache Sané ebenso wenig in den Kram passten wie Rummenigge. Zwar hat sich der frühere Bayern-Coach selbst noch nicht so ganz entschieden, ob er weiterhin mit dem Flügelstürmer plant, aber derart offene Einkaufswünsche aus München gefielen ihm dann doch nicht. "Ich habe das mit Pep klar besprochen, so dass dem letzten Endes nichts hinzuzufügen ist", sagte Kovac auf dem Pressepodium nach dem Test gegen Fenerbahce, bei dem Renato Sanches (22. Minute), Leon Goretzka (28.), Kingsley Coman (40.) und der eingewechselte Müller (31., 44., 58.) die Tore erzielten.

"Was ich gesagt habe, stimmt. Es hat absolute Richtigkeit und ist verifiziert", fügte Kovac beinahe militärisch akkurat an. Er habe sich aber bei "Pep entschuldigt", weil er "etwas zu offensiv" über Sané gesprochen hatte und Guardiola habe das auch verstanden. Keine große Sache also. Auch bei ManCity wolle er schließlich noch um Vergebung bitten für seine Vorstöße, er werde sich "in Zukunft zurückhalten". Es waren erstaunlich kleinlaute Töne von Kovac, der hervorhob, in der Kabine wieder mit Rummenigge geredet zu haben. Dies bestätigte hinterher auch ein Vereinssprecher. Man kann sich also sicher sein, dass beim FC Bayern viel gesprochen wird, aber vielleicht nicht unbedingt flächendeckend miteinander.

Bliebe noch eine Frage: Warum die ganze Aufregung? Hintergrund könnte sein, dass Rummenigge keine schlechte Stimmung zwischen Manchester und München wünscht, um den Sané-Transfer nicht zu gefährden. Schon Anfang Juli hatte Kovac behauptet, man müsse künftig in der Champions League eher "gegen Staaten" antreten als gegen Klubs - und damit beim aus Abu Dhabi alimentierten City Irritationen ausgelöst. Dazu passt, dass Rummenigge jetzt das "gute Verhältnis" mit den "Citizens" betonte und auf die kurzen Drähte zu Guardiola verwies. Der eigene Trainer Kovac "soll seinen Job machen", folgerte Rummenigge schließlich mit einer Eiseskälte, die so gar nicht zum Sommer in München passte.

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