Kürzlich sprach Jupp Heynckes über "Auto-Motivation" bei Fußballern, übersetzt hieß das: Spieler, die nur nach Aufforderung Gas geben, sind auf dem Holzweg. Beim Nationalteam hat der Eigenantrieb seiner Profis am Mittwoch funktioniert: 3:2 gegen Brasilien mit acht Münchnern, das sah prima aus.
In eigener Sache ging der Ligaauftakt gegen Gladbach schief, daher ertönten im Laufe der Woche Weckrufe von höchster Stelle. Bayerns Sportchef Christian Nerlinger forderte: In die Gänge kommen! Mehr Aggressivität im Spiel! Mehr Zwingendes! Mehr Inspiration! Mehr Tempo! Und auch der Trainer kehrte zum Thema der inneren Schubkraft zurück. Aus einem "Verlustspiel wie Gladbach", sagte Heynckes, "muss man Motivation schöpfen und eine Schippe drauflegen".
Alles soll besser werden in dieser Saison bei den Bayern, nächste Woche ist schon das Champions-League-Zulassungsspiel gegen den FC Zürich, entsprechend groß ist der Druck. Vor der schweren Aufgabe in Wolfsburg bieten Wettbüros sogar den bösen Tipp an, dass Bayern am Samstagabend Tabellenletzter ist.
Viele Schadenfrohe im Land werden auf eine Zuspitzung der Lage für Heynckes und sein Team hoffen, in dem Arjen Robben erneut ausfällt. Den Niederländer, der sich im Gladbach-Spiel oft verzettelt hatte, plagen Rücken- und Adduktorenschmerzen, er reiste nicht mit nach Niedersachsen. Dagegen war Franck Ribéry einer der wenigen, den der Trainer in der zerfaserten Länderspielwoche täglich begrüßen konnte. Der Franzose rückt wohl in die Startelf ein, er habe "sehr gut trainiert", fand Heynckes, er brenne.
Feuereifer und totale Hingabe bei der Arbeit vermissten viele Bayern-Fans zuletzt, gerade bei etablierten Spielern. Die Startniederlage wog doppelt schwer, weil der Kontrast so groß war zum mitreißenden Speed-Fußball von Meister Dortmund mit seinen kleinen, flinken Feintechnikern, die das Spiel gut antizipieren - und verlorene Bälle sofort zurückgewinnen.
Jene Gier in der gemeinsamen Balleroberung nach flotter Rückwärtsbewegung möchte Heynckes auch seiner Elf beibringen, seine zentrale Erkenntnis zum Fußball im 21. Jahrhundert ist auf den jüngsten Bayern-Stil gemünzt: "Ballbesitz und individuelle Klasse reichen heute nicht mehr aus für Titel!"
Aber auch Bayerns Spiel mit Ball benötigt frische, zeitgemäße Aspekte. Gegen Gladbachs Mauer fehlten Spielwitz, Zug und Beschleunigung zum Tor, durch Direktpässe und Sprints in die Tiefe - statt statischer Ballverwaltung. "Wir müssen Spielzüge konsequenter abschließen", weiß Heynckes. Die von ihm bestellten Tempowechsel ("wenn der Gegner nicht organisiert ist!") waren ebenso noch verbesserungswürdig wie die Kooperation der Flügelpaare, die Flanken und die nun wieder öfter eingebauten weiten Diagonalpässe.
"Geduld, mehr Übersicht, das Spiel schnell nach außen verlagern - und keine Einzelaktionen gegen drei, vier Mann", empfiehlt Mittelfeldchef Bastian Schweinsteiger. Auch er steht mittlerweile unter kritischer Beobachtung.