Situation beim FC Bayern:Hoeneß bleibt noch eine Eskalationsstufe

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Natürlich kann der FC Bayern in der aktuellen Krise den Trainer wechseln. Die wirklichen Probleme des Vereins wären dadurch aber nicht gelöst.

Kommentar von Benedikt Warmbrunn

Die Würde von Niko Kovac, zumindest diese, hat Uli Hoeneß am Samstag ausdrücklich geachtet. Der Präsident des FC Bayern hat kein böses Wort über den Trainer verloren, unter dem die Mannschaft in die schwerste Krise seit vielen Jahren geraten ist. Uli Hoeneß hat schließlich sogar gesagt, dass Kovac "sicherlich" am Dienstag in der Champions League gegen Benfica Lissabon auf der Bank sitzen werde. Hat der Trainer also nichts zu befürchten?

Das mit der Würde ist eine wichtige Sache beim FC Bayern, seit der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge vor wenigen Wochen in einer Pressekonferenz mit Hoeneß energisch darum gebeten hat, Artikel 1 des Grundgesetzes auch und vor allem im Umgang mit Angestellten des FC Bayern zu beachten. Auch deshalb hat Hoeneß vielleicht die Würde von Kovac ausdrücklich nicht angetastet. Andererseits: die Würde einzelner Spieler dafür ja umso mehr. "Dilettantisch", "hanebüchen", "Slapstick": Mit diesen Worten beschrieb Hoeneß die Leistung, er forderte die Journalisten auf: "Bitte schauen Sie sich die Gegentore von heute genauer an, und gehen Sie mit dem einen oder anderen Spieler härter ins Gericht."

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Die Krise offenbart sich in der Abwehr: 17 Gegentore mussten die Münchner in zwölf Bundesligaspielen hinnehmen - so viele wie in der gesamten Saison 2015/16. Trainer Kovac fühlt sich machtlos.

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Dass Hoeneß nach dem 3:3 gegen Düsseldorf die Spieler kritisierte, entlastet Kovac allerdings nicht. Im Gegenteil: Es zeigt, wie bedrohlich die Lage gerade für den Trainer geworden ist. Der Präsident hat den Trainer, der auf seinen Wunsch hin gekommen war, ja eben nicht "bis aufs Blut" verteidigt wie noch Anfang Oktober. Uli Hoeneß sprach seinem Angestellten die Job-Garantie schon für diesen Mittwoch nicht mehr aus. Bedrohlich ist die Lage für Kovac aber vor allem, weil die Bosse des FC Bayern inzwischen allein den alten Reflexen vertrauen.

Der Klub verfällt in alte Reflexe

Das fängt damit an, dass Hoeneß der einzige Verantwortliche war, der sich äußerte. Nicht Rummenigge, erst recht nicht Hasan Salihamidzic, der im Organigramm als Sportdirektor geführt wird. In der Krise hat der FC Bayern nach wie vor ein Gesicht: das von Hoeneß (der offiziell übrigens als Präsident und Chef des Aufsichtsrates im Klub operativ gar nicht mehr tätig ist). Und die Worte des Präsidenten standen dafür, dass sich die Lage verschärft hat. Erst stellten sich die Bosse vor die Mannschaft. Vor einer Woche, auf der zweiten Eskalationsstufe, sagte Hoeneß, dass das Team unter Beobachtung stehe. Nun, auf der dritten Stufe, hat der Präsident die eigenen Spieler angegriffen wie seit vielen Jahren nicht mehr. Es bleibt also nur eine Eskalationsmöglichkeit: die, den Trainer zu wechseln.

Dass der Klub in alte Reflexe verfällt, ist jedoch auch für den Klub kein gutes Zeichen - die Bosse folgen diesen Reflexen schon zu lange. Sie verlängerten mit Ribéry und Robben, weil die ein Jahr bestimmt noch drauf haben. Sie verschleppten die Trainersuche, weil Jupp Heynckes bestimmt noch ein Jahr lang bleiben will. Den eigenen Reflexen vertrauten sie so sehr, dass sie nicht überprüften, ob diese überhaupt noch zeitgemäß sind. So verzögerten Hoeneß und Rummenigge den Umbruch so lange, dass sie nun erst recht in untypische Hektik verfallen könnten.

Die einfachste Maßnahme dürfte es sein, den Trainer zu wechseln. Dadurch wäre ein Schuldiger gefunden. Gelöst aber wäre damit immer noch fast nichts.

© SZ vom 26.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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