3:1 gegen Hannover:Bayern schießt Esser die Hände wund

Lesezeit: 3 min

War fast immer da: Hannover Torwart Michael Esser rettet gegen Thomas Müller. (Foto: REUTERS)
  • Der FC Bayern gewinnt 3:1 gegen Hannover 96. Franck Ribéry wird eingewechselt und trifft.
  • Hannover bekommt einen umstrittenen Elfmeter, Stürmer Jonathas ist nur neun Minuten auf dem Platz.
  • Spieler des Tages ist trotzdem 96-Torhüter Michael Esser.

Von Martin Schneider

Im Tennis gibt es Ballmaschinen. Man stopft in diese Maschinen oben Bälle rein und dann feuert das Gerät die Bälle ganz automatisch über das Feld. Der Sportler auf der anderen Seite des Netzes muss dann versuchen, die im Sekundentakt gespielten Kugeln irgendwie zu parieren. Was das mit Fußball, dem FC Bayern und Hannover 96 zu tun hat? Genau so hat sich 96-Torwart Michael Esser an diesem 32. Spieltag gefühlt.

Die Fußball-Bundesliga ist die höchste deutsche Spielklasse, was man dazuschreiben muss, weil die Hannoveraner zum wiederholten Male bewiesen, dass sie in dieser Form nicht in diese Klasse gehören. Beim 3:1 des FC Bayern konnte man höchstens darüber debattieren, welche Szene das am besten verdeutlichte.

Das zwischenzeitliche 2:0 von Leon Goretzka, als er am Sechzehner den Ball unbedrängt annehmen konnte und der Hannoveraner Felipe sich erschrocken wegdrehte, als er schoss? Das 1:0 von Robert Lewandowski, als er nach der sechsten Flanke des FC Bayern recht problemlos einköpfen konnte? Oder vielleicht doch ein Lattentreffer von Goretzka kurz vor der Pause, als er den Ball nicht am Strafraum, sondern acht Meter vorm Hannover-Tor völlig frei zugespielt bekam und ihn noch ans Gebälk drosch?

Ribéry und Robben werden pausenlos gefeiert

Historisch gesehen wird dieses Spiel Franck Ribéry und Arjen Robben gehören, den beiden Ära-Spielern des FC Bayern, die beide eingewechselt wurden, vielleicht zum letzten Mal in dieser Arena aufliefen und pausenlos und frenetisch gefeiert wurden. Als Ribéry das 3:1 schoss, da jubelte das Stadion, als hätte er den Klub zur Meisterschaft geschossen. Der Jubel wäre vielleicht noch lauter gewesen, wenn Robben in der Nachspielzeit einen Freistoß versenkt hätte - aber er schoss drüber.

Spieler des Tages war trotzdem Esser. Was er leistete, sieht man am besten im Protokoll. 4. Minute: Esser rettet gegen Müller. 9. Minute: Esser rettet gegen Goretzka. 11. Minute: Esser rettet gegen Coman. 14. Minute: Esser rettet gegen Lewandowski. 16. Minute: Esser grätscht den Ball kurz vor Lewandowski ab. 18. Minute: Esser fängt eine Flanke von Kimmich. 26. Minute: Esser rettet gegen Müller. 27. Minute: Esser rettet nicht gegen Lewandowski. 36. Minute: Esser rettet gegen Müller, 37. Minute: Esser rettet gegen Boateng. 40. Minute: Esser ist chancenlos beim Tor von Goretzka. "Wir hätten mit 4:0 in die Halbzeit gehen müssen", rechnete Bayern-Trainer Kovac später nach.

Dass das Spiel tatsächlich mit einer Chance von Hannover 96 durch Genki Haraguchi begann - das war eine ironische Pointe dieser Halbzeit. Und dass das Team von Thomas Doll dank der Stuttgarter Niederlage in Berlin trotz 18 Punkten zwei Spieltage vor Ende rechnerisch immer noch nicht abgestiegen ist - das ist auch so eine Geschichte.

Dem Hannoveraner Jonathas und Schiedsrichter Christian Dingert gehörte dann nach dem Wiederanpfiff die Bühne. Jonathas wurde zur Pause eingewechselt und durfte plötzlich einen Elfmeter für sein Team schießen. Dingert entschied auf Strafstoß, als Jérôme Boateng einen Versuch von Linton Maina mit angelegtem Ellbogen abgewehrt hatte. Der Unparteiische sah sich die Szene am Bildschirm wieder an und blieb bei seiner Entscheidung. Boateng war so fassungslos, dass er erst minutenlang mit Dingert debattierte - und ihm dann im Weggehen den Vogel zeigte.

Das sah Dingert nicht, wohl aber, dass Jonathas, nachdem er den Elfmeter verwandelte, Sven Ulreich beim Versuch, den Ball schnell aus dem Netz zu holen, wegschubste. Dingert zeigte ihm Gelb, was deswegen wichtig war, weil er drei Minuten später wieder Gelb und damit Gelb-Rot sah. Er hatte Kimmich mit dem Arm getroffen - eine harte Entscheidung.

Jonathas hatte es also geschafft, in neun Minuten ein Tor zu schießen und zwei gelbe Karten zu kassieren. Kurz nach der Szene schoss übrigens Müller Miiko Albornoz den Ball im Hannoverander Strafraum an den Arm. Es gab keinen Elfmeter.

"Es war ein bisschen kurios, dass wir plötzlich nochmal dran waren - aus heiterem Himmel, das war ein Phantomelfer, wie wir ihn so oft erlebt haben die letzten Wochen", gab Hannovers Trainer Thomas Doll zu, haderte aber mit dem Platzverweis. "Dass wir dann einen Spieler verlieren, hat mich sehr, sehr geärgert. Da musst du als Schiedsrichter ein bisschen Fingerspitzengefühl zeigen."

Esser hielt in der Folge noch einige Bälle (56. Minute: gegen Müller, 60. Minute: gegen Alaba, 69: Minute: wieder gegen Alaba) und Franck Ribéry kam in die Partie. Sportlich war es einigermaßen absurd, dass der FC Bayern zu diesem Zeitpunkt nur mit einem Tor Vorsprung führte. Niko Kovac wurde sichtlich unruhiger - doch dann kam der gefeierte Franzose, dribbelte und schoss das 3:1. Vielleicht war es sein Abschiedstor.

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