FC Bayern gewinnt in Wolfsburg:Und dann kam Luiz Gustavo

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Bayrische Erleichterung in Wolfsburg: Trotz einer erneut schwachen Leistung in der Offensive gelingt dem FC Bayern München der erste Sieg der Saison. In letzter Sekunde. Luiz Gustavo verhindert einen historischen Fehlstart - und Felix Magath geht auf den Schiedsrichter los.

Sebastian Gierke

So schnell geht es nur in München. Gerade noch hatte der FC Bayern München "Plus" in einem begeisternden Spiel Brasilien besiegt, da drohte schon wieder heftiges Ungemach. Denn der FC Bayern "Minus", also abzüglich Mats Hummels, Mario Götze oder André Schürrle, der hatte das erste Saisonspiel in der Bundesliga ganz ohne Begeisterung verloren. Bei einer weiteren Niederlage in Wolfsburg - kaum auszudenken - hätte der schlechteste Saisonstart aller Zeiten gedroht. Aller Zeiten! Was wäre da los gewesen in München: Nichts Stolperstart. Katastrophe! So läuft das bei den Bayern.

Die Erleichterung war gewaltig: Luiz Gustavo (rechts) bejubelt mit Bastian Schweinsteiger und Rafinha seinen erlösenden Treffer. (Foto: dapd)

Was also tun? Der eigentlich so nüchterne Trainer Jupp Heynckes, mit den Mechanismen in München bestens vertraut, versuchte es vor dem Spiel gegen die Mannschaft des ebenso nüchternen Ex-Bayern-Trainers Felix Magath sogar mit ein wenig Pathos: "Du musst die Gier haben zu gewinnen." Und auch die Mannschaft probierte alles. Ohne Not (die Wolfsburger traten grashüpfergrün an), ließ man die traditionellen roten Trikots im Koffer. Der FC Bayern betrat den Platz mit weißen Hemden und dunklen Hosen.

Auf den ersten Blick wirkte das wie am Mittwoch bei der Nationalmannschaft. Und auch wenn es nicht aussah wieder bei der Nationalmannschaft, am Ende jubelten die in den weißen Hemden. Nach einem schwachen Spiel sicherten sich die Münchner einen glücklichen 1:0 Sieg - mit einem Last-Minute-Tor.

Uns so war nach dem Spiel auch die Nüchternheit zurück bei Heynckes: "Wir haben gegen eine VfL-Mannschaft gespielt, die mit breiter Brust aufgelaufen ist. Dass das 1:0 glücklich war, kann ich bestätigen," erklärte der Bayern-Trainer.

Tatsächlich traten die Wolfsburger zu Beginn des Spiels auf, als wollten sie unter allen Umständen und im Alleingang die Fußballehre Brasiliens retten. Schon nach 20 Sekunden bekam das Heimteam die erste Ecke zugesprochen, nach 80 Sekunden rutschte Ex-Bayer Hasan Salihamidzic in der Mitte nur äußerst knapp am Ball vorbei, nachdem Patrick Ochs auf der rechten Seite völlig frei zum Flanken gekommen war. Wolfsburg war da, die Bayern schienen überrascht, überrumpelt, überfordert.

Ohne Arjen Robben, der aufgrund von Rückenproblemen die Reise nach Wolfsburg gar nicht angetreten hatte, liefen die Bayern hinterher.16 Spieler aus dem Bayern-Kader waren in der Woche mit ihrer Nationalmannschaft unterwegs gewesen, eine Vorbereitung auf das Spiel: kaum möglich. Das schien sich zu rächen.

Toni Kroos war es dann, der ein erstes Zeichen setzte. "Klack!" So klang es, als er Hasan Salihamidzic an seiner empfindlichsten Stelle traf. Seinem eingegipsten linken Arm. Kroos reklamierte kurz Handspiel, Salihamidzic, das 34-jährige Bürschchen, lächelte. So wie er neun Jahre lang in München gelächelt hatte. Er war in dieser Zeit sechs Mal Deutscher Meister, hat die Champions-League gewonnen und den Weltpokal.

Ob er jetzt, im Spiel gegen gegen seine alte Liebe, seinem neuen Team tatsächlich noch helfen kann? Er konnte. Denn er rannte. Auch bis zur eigenen Grundlinie, warf sich, wenn es sein musste, mit dem Gips voran dem Gegner entgegen.

Auf der anderen Seite blieb Franck Ribéry dagegen meist an der Mittellinie stehen. Doch ab der Mittelinie rackerte der Franzose in Richtung Wolfsburger Tor, als wollte er sogar Mario Götze vergessen machen. Durch einen eher harmlosen Wischer im Getümmel gegen einen Gegenspieler zog er sich den Zorn des Publikum zu, dem seiner Gegenspieler versicherte er sich durch bissiges Nachsetzten und technische Finessen.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Gruppenknuddeln in Ekstase

Manuel Neuer hat seine Kollegen schrecklich lieb, Franck Ribéry wird einen ganzen Nachmittag lang ausgepfiffen, Toni Kroos bewirbt sich mit einer peinlichen Schwalbe für einen Stammplatz und Luiz Gustavo schießt ganz unverhofft ein wichtiges Tor. Der FC Bayern beim 1:0 in Wolfsburg in der Einzelkritik.

Maik Rosner, Wolfsburg

"Natürlich hatten wir etwas Glück", räumte Ribéry nach dem Spiel ein, "aber wir waren viel aggressiver als vor einer Woche gegen Gladbach. Wenn wir so weiter spielen, mache ich mir keine Sorgen."

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:Gruppenknuddeln in Ekstase

Manuel Neuer hat seine Kollegen schrecklich lieb, Franck Ribéry wird einen ganzen Nachmittag lang ausgepfiffen, Toni Kroos bewirbt sich mit einer peinlichen Schwalbe für einen Stammplatz und Luiz Gustavo schießt ganz unverhofft ein wichtiges Tor. Der FC Bayern beim 1:0 in Wolfsburg in der Einzelkritik.

Maik Rosner, Wolfsburg

Doch Sorgen bereitete es auch Ribéry, den letzten Ball zu spielen, auch ihm gelang dieser letzte Pass lange nicht. Der gelang keinem der bayerischen Offensiven.

Die Münchner bekamen das Spiel zwar immer besser in den Griff, waren weitaus öfter in Ballbesitz als Wolfsburg, doch nach vorne vermisste man, wie schon im ersten Saisonspiel, Kreativität und Durchsetzungsvermögen. Mario Gomez war kaum ins Spiel eingebunden, Toni Kroos, mit Ribéry noch der aktivste, leistete sich eine peinliche Schwalbe, für die er mit Gelb bestraft wurde.

Der VfL Wolfsburg dagegen blieb immer gefährlich und kam sogar kurz vor dem Halbzeitpfiff zur vermeintlichen Führung. Doch der eigentlich reguläre Kopfballtreffer von Patrick Helmes fand wegen einer angeblichen Abseitsstellung keine Anerkennung. Felix Magath führte deshalb im Sitzen einen Veitstanz auf, wie er selten in dieser Exaltiertheit zu bewundern ist. "Ich habe von der Bank aus gesehen, was vier schwarze Schiedsrichter nicht gesehen haben", echauffierte sich Magath nach dem Spiel.

In der zweiten Hälfte übernahmen dann die Bayern immer mehr das Kommando. Fast wirkte es, als seien die Wolfsburger körperlich nicht mehr in der Lage, das Tempo der ersten 45 Minuten zu gehen. Kaum vorstellbar, bei einer Magath-Mannschaft. Salihamidzic, zumindest der, konnte tatsächlich nicht mehr, wurde ausgewechselt. Magath brachte in der 69. Minute den Südkoreaner Ja-Cheoul Koo, Heynckes nahm Thomas Müller vom Feld und ermöglichte dem Japaner Takashi Usami sein Bundesliga-Debüt.

Auch nach den Umstellungen waren die Bayern präsenter, Bastian Schweinsteiger dirigierte jetzt auffallend und zielstrebig. Sein Schuss strich nur Sekunden nach Wiederanpfiff knapp über das Wolfsburger Tor, drei Minuten später versuchte er sich an einem Solo, es sah aus wie damals, bei der WM in Südafrika gegen Argentinien, doch diesmal konnte Schweinsteiger rechtzeitig vor dem entscheidenden Pass gestoppt werden.

Die Bayern konnten immer vor dem entscheidenden Pass gestoppt werden. Als wäre der Sechszehnmeterraum verbotenes Terrain. Trotz Gomez, Müller, Ribéry oder Kroos. Auf der Tribüne blickte Präsident Uli Hoeneß voller Unverständnis auf das statte, weil ganz neu verlegte Wolfsburger Grün.

Noch nie in der langen und ruhmreichen Bundesligazeit des FC Bayern war den Münchner in den ersten beiden Spielen kein Tor gelungen. Es lief die 90. Minute. Gerade war der lange verletzte Ivica Olic eingewechselt worden. Olic begab sich in die verbotene Zone, bekam den Ball von Ribéry, spielte den letzten Pass zu Defensivmann Luiz Gustavo und der schob den Ball aus siebzehn Metern ins Tor.

Jupp Heynckes wechselte Usami wieder aus, Der Schiedsrichter pfiff ab. Die Katastrophe war abgewendet. In letzter Sekunde. So läuft das bei den Bayern.

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