FC Bayern:Münchner Traum von 100 Prozent Ballbesitz

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  • Der FC Bayern begeistert beim 5:1 gegen den FC Arsenal mit erstaunlichem Pressing.
  • Doch Trainer Pep Guardiola strebt nach mehr: 100-Prozent-Ballbesitz-Fußball.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen in der Champions League.

Aus dem Stadion von Saskia Aleythe

Matthias Sammer hat eine Metapher gefunden, die er in jüngster Zeit gerne bemüht. Der Sportdirektor des FC Bayern setzte also zum Philosophieren an nach dem 5:1 gegen den FC Arsenal: Die Bundesliga sei für die Mannschaft wie ein Marathonrennen, erklärte Sammer, die Champions League hingegen wie ein 10 000-Meter-Lauf. Beiden gemein: "Wir stehen erst am Anfang des Rennens." Dieses 5:1-Fußballballett vom Mittwochabend mit dem Abschnitt eines schnöden Langstreckenlaufes zu vergleichen, war natürlich unanständig untertrieben.

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Wie kunstvoll die Bayern gegen die Londoner kombinierten, begeisterte sogar Fußballfreunde, die normalerweise nicht mit den Münchnern sympathisieren. Hier ein Pässchen, dort eine Flanke und drin war der Ball. Und überhaupt: Fünf zu eins gegen den FC Arsenal! Waren vor diesem wichtigen Gruppenspiel in der Champions League nicht gerade ein paar wunde Pünktchen in der Spielweise von Pep Guardiola aufgetaucht? Im Hinspiel gegen Arsenal hatten die Münchner 0:2 verloren, in der Bundesliga gegen Eintracht Frankfurt zuletzt nur 0:0 gespielt. Beides war dem Trainer des FC Bayern völlig schnuppe. Seine Mannschaft spielte gegen Arsenal den extremsten Ballbesitz-Angriffs-Fußball, nach dem Motto: Jetzt erst recht. Egal, wie der Gegner heißt.

Dabei hatten die Münchner tatsächlich ein wenig unter Druck gestanden, ohne den Sieg gegen die Engländer hätten sie ernsthaft ums Achtelfinale bangen müssen. Nervös machte das allerdings niemanden. "Wir sind fast schon qualifiziert für die nächste Runde", sagte Guardiola nach der Partie und holte zu Grundsätzlichem aus: "Auch wenn wir kein Tor schießen wie in Frankfurt: Wir sind, was wir sind. Angriffspressing. Immer auf den Ball." Dann sagte er: "Hundert Prozent Ballbesitz? Wenn das möglich ist, will ich das!"

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Was den Münchnern das Leben enorm erleichterte: Schon in der zehnten Minute glückte Robert Lewandowski nach einer Flanke von Thiago das 1:0, artistisch anspruchsvoll noch dazu. "Es hängt oft vom ersten Tor ab und wenn du das erzielst, spielt es sich leichter", erklärte Manuel Neuer. Eine simple Theorie, deren Erwähnung sich aber eben aus jenem Hinspiel und der Partie gegen Frankfurt erklärte. Das erlösende erste Tor hatte den Münchnern in London gefehlt, "wir haben ja nicht katastrophal gespielt", befand auch Thomas Müller, "es ist da einfach nicht so glücklich gelaufen für uns".

Besonders anschaulich formulierte es Per Mertesacker, der im Arsenal-Abwehrverbund diesmal wenig ausrichten konnte: "Das einzige, was dich retten kann gegen Bayern: Wenn sie nicht so früh in Führung gehen. Wir wollten so lange wie möglich die Null halten, das hat nicht geklappt. Dann sind wir hinten rausgerückt, das war tödlich."

Nach dem Eröffnungstor durch Lewandowski durfte sich jeder mal im Strafraum austoben. In der 29. Minute nutzte Müller einen Abpraller von Per Mertesacker zum 2:0, David Alaba erhöhte kurz vor der Strafraumlinie noch vor der Pause. "Wenn du gegen Wolfsburg und gegen Arsenal jeweils zur Halbzeit 3:0 führst, dann hast du schon ein gutes Spiel gemacht", befand Müller.

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Nach einer offensiveren Phase der Engländer machte Arjen Robben 37 Sekunden nach seiner Einwechslung mit dem 4:0 weiter (55.), Müller vollendete schließlich zum 5:1 (89.) und zog durch sein 31. Europapokal-Tor für den FC Bayern an Karl-Heinz Rummenigge vorbei, vor ihm liegt nun nur noch Gerd Müller (69 Tore).

Es war mal wieder eine Machtdemonstration des FC Bayern, der deshalb auch auf hohem Niveau eigene "Schwachstellen" thematisieren konnte. Die zweite Hälfte fand Pep Guardiola "nicht korrekt", die Bayern hatten da doch tatsächlich Konter zugelassen, einer führte zum zwischenzeitlichen 4:1 durch Olivier Giroud, was aber nicht ein bisschen an der Dominanz der Münchner kratzte.

"Wir sind auch nur Menschen"

"In der zweiten Halbzeit haben wir ein paar Mal zu oft nach hinten laufen müssen", resümierte auch Müller und sagte dann mit Verweis auf die nachlassende Konzentration etwas Beängstigendes: "Wir sind auch nur Menschen. Aber wird arbeiten dran."

Sollte diesem FC Bayern auf dem Weg zum Triple-Ziel tatsächlich noch die Puste ausgehen, hat es Matthias Sammer mal wieder als Erster geahnt. Und die wohl allerletzte Sorge ausfindig gemacht, die einen in München derzeit noch umtreiben kann.

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