5:1-Sieg gegen Arsenal:Bayern spielt in einer eigenen Welt

Von Gunnar Jans

Es passiert nicht mehr allzu oft, dass von einer Ergebniskrise die Rede ist beim FC Bayern, vom Druck vor dem nächsten Spiel und sogar eine Gefahr heraufbeschworen wird für den Fall, dass etwas schief gehen sollte.

In der Bundesliga kommt so etwas gar nicht mehr vor, in der Champions League aber wurden nach der 0:2-Niederlage beim FC Arsenal vor zwei Wochen schon derartige Schreckensszenarien entworfen, dass sich Matthias Sammer am Mittwochabend zu einem Lächeln genötigt fühlte, als er sagte: "Ich liebe solche Spiele. Wenn wir bei Bayern damit nicht umgehen können, läuft etwas falsch." Tut es natürlich nicht. Die gewaltige Antwort beim Wiedersehen mit den Londonern: ein 5:1 (3:0)-Sieg der Bayern.

Bayern machte Lust - und hatte auch noch Wut zu bieten: in Person von Arjen Robben

Von einem "Schlüsselspiel" sprach Thomas Müller danach, weil die Bayern ihren Gruppenplatz festigten, während Arsenal sechs Punkte Rückstand auf Platz zwei hat. "Schon nahe dran" an 100 Prozent sei dieser Auftritt gewesen, "also ganz okay", ergänzte Müller, mit zwei Treffern nicht ganz unbeteiligt, während sein Mit-Weltmeister Per Mertesacker einsehen musste: "So wie die Bayern aufgetreten sind, waren wir nicht in der Lage, dagegenzuhalten." Bayern-Trainer Pep Guardiola sagte: "Bei diesem Verein geht es immer um Vollgas-Fußball. Wir sind fast für das Achtelfinale qualifiziert, das ist das Wichtigste." Arsenal dagegen droht das Aus. "Sehr eng" werde es jetzt, sagte Trainer Arsène Wenger, "zu viele Spieler waren unter ihrem Niveau".

Dabei hatte Guardiola doch vorher so geschwärmt von Wengers Spielern, vor allem vom Torwart. "Petr Cech ist einer der besten Torhüter der Welt", hatte er gesagt, "aber das Tor ist immer noch groß genug." 7,32 Meter exakt sind es zwischen den Pfosten und 2,44 Meter zwischen Boden und Unterkante der Latte, und natürlich findet einer wie Robert Lewandowski da früher oder später eine Lücke, in die der Ball passt. Diesmal war es eher früher, schon in der 10. Minute, das lag vor allem an Thiago, der nach einem Zuspiel von Coman den richtigen Moment gefunden hatte für seine Flanke ins Zentrum, wo Lewandowski lauerte und bei seinem Kopfball ins rechte untere Eck davon profitierte, dass Arsenal-Verteidiger Gabriel das Abseits aufhob, während dessen Kollege Mertesacker mit Reklamieren beschäftigt war.

Zwei Minuten später, auf der anderen Seite, war der Einsatz eines Reklamier-Arms erfolgreicher. Manuel Neuer hob den Arm, kaum dass Arsenals vermeintliche Antwort auf das 1:0 in Form eines Treffers von Mesut Özil in seinem Netz gelandet war.

Und wer sich bis hierhin gefragt hat, wozu es den fünften Offiziellen braucht und welche Daseinsberechtigung so ein Torrichter überhaupt hat, dem gab Antonio Donato aus Barnetta in diesem Moment die Antwort: Er bemerkte, dass Özil den Ball mit dem Ellbogen ins Tor bugsiert hatte. Kein Treffer also, Özil blieb nur der Ihr-könnt-mich-mal-Arm als Antwort.

Lust und Laune, Wut und Ärger

Einmal kurz durch- und aufgeatmet - fortan spielte nur noch Bayern, druckvoll, engagiert, ideenreich, während sich Arsenal, geschwächt durch das Fehlen von fünf Offensivkräften (u.a. Walcott und Chamberlain), mit neun Mann hinten reinstellte, als wollten sie das Ergebnis halten, um irgendwann vielleicht einmal zum Konter anzusetzen. Diese Bayern aber sollten nichts mehr zulassen.

Guardiola hatte die gleiche Aufstellung aufgeboten wie beim spielerisch herausragenden 3:1-Pokalsieg in Wolfsburg vor einer Woche, und wer da eine der besten ersten Hälften der Vereinsgeschichte gesehen haben wollte, der durfte jetzt an eine Wiederholung glauben. Mit gleichem Halbzeitergebnis. 3:0 also. Zuerst durch Thomas Müller dank der Unterstützung von Mertesacker, der beim 2:0 abfälschte (29.), dann David Alaba, der den Ball im Mittelfeld eroberte und ihn sich unbedrängt zurecht legen konnte, eher er maßgenau ins rechte Toreck traf (44.).

3:0 zur Pause. Dem seltsam humorigen Vorschlag von Felix Magath, der gerade dafür plädiert hat, die Bayern wegen zu großer Dominanz aus der Bundesliga auszuschließen, konnte man also getrost mit der ebenso unsinnigen Feststellung begegnen, Arsenal (in der englischen Premier League zuletzt mit fünf Siegen in Serie aufgefallen) bewerbe sich gerade für die Bundesliga: Sie spielten nämlich keinen Deut besser als der 1. FC Köln oder Mainz 05. Im Gegenteil: So viel Raum bekamen, so wenig Gegenwehr erlebten die Bayern selten.

Lust und Laune machten sie und hatten auch noch Wut und Ärger zu bieten - in Person von Arjen Robben. Der Holländer hatte die Gala seiner Kollegen in den ersten 45 Minuten von der Bank aus verfolgt, und bei allen Teamplayer-Qualitäten, der er inzwischen verinnerlicht hat, ärgert ihn das, zumal er sich nach einer Verletzung wieder komplett fit wähnte, noch immer.

Thomas Müller, der Mann für Tore und gute Laune

Entschlossen schaute er bei seiner Einwechslung für Coman in der 54. Minute. Es dauerte exakt 37 Sekunden bis zur seiner ersten Ballberührung, Alabas Flanke nutzte Robben eiskalt, aus acht Metern traf er zum 4:0 - und ließ dem entschlossenen Blick einen höchst grimmigen folgen. Seine Laune wirkte dabei kaum besser als bei jener Szene in der 82. Minute, als er beim Spielstand von 4:1 (Giroud hatte zwischenzeitlich per Seitfallzieher getroffen/69.) alleine auf Petr Cech zulief, beim Kontakt mit dem Torwart zu Boden ging, aber keinen Elfmeter zugesprochen bekam.

Robbens Missmut war schnell wieder vergessen - spätestens als Thomas Müller, der Mann für Tore und Stimmung, kurz vor Schluss mit seinem zweiten Treffer den Schlusspunkt setzte. 5:1 also gegen einen Gegner, der als Herausforderung galt. Und dann mit dem gleichen Ergebnis die Heimreise aus München antreten musste wie in dieser Saison schon der VfL Wolfsburg und Borussia Dortmund. Wenigstens in dieser Liga also spielt Arsenal. Und die Bayern? In ihrer ganz eigenen Welt.

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