Philippe Coutinho:Ein Name, der Fußballkunst verspricht

FILE PHOTO: La Liga Santander - Barcelona v Villarreal

Philippe Coutinho ist in Barcelona nie glücklich geworden.

(Foto: Albert Gea/Reuters)
  • Der FC Bayern bestätigt, dass Philippe Coutinho auf Leihbasis vom FC Barcelona nach München wechselt.
  • Der Brasilianer kommt zunächst für ein Jahr, danach hat der deutsche Rekordmeister eine Kaufoption.
  • In Barcelona ist Coutinho nicht glücklich geworden, beim FC Bayern könnte er sehr gut ins System von Trainer Niko Kovac passen.

Aus dem Stadion von Tim Brack, München

Uli Hoeneß überließ die Bühne denjenigen, die Informationen aus erster Hand hatten. Beim Verlassen der Münchner Arena sagte er nur - und sein Gesicht wirkte etwas säuerlich: "Herr Rummenigge wird etwas sagen." Die Laune hatte an diesem Abend einzig das 2:2 (1:2) gegen Hertha BSC zum Bundesliga-Auftakt getrübt. Ansonsten waren die Münchner beschwingt unterwegs. Es gab Erfolge auf dem (Achtung) Transfermarkt zu vermelden.

Nach allerlei Fehltritten im Werben um Leroy Sané dürfte es Balsam für das bajuwarische Selbstverständnis sein, die Verpflichtung von Philippe Coutinho, 27, verkünden zu können. Nach der Einführung durch Hoeneß betrat der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge die Bühne und verkündete, dass es "sowohl mit dem Klub als auch mit dem Spieler" eine Einigung über eine Leihe gebe. Coutinho kommt zunächst ein Jahr vom FC Barcelona, danach haben die Bayern eine Kaufoption. 24 Millionen Euro koste das Leihgeschäft den FC Bayern, berichtet die spanische Zeitung El Pais.

Am Beispiel Coutinho zeigt sich, wie schnell es auf diesem Transfermarkt zugehen kann. Rummenigge war am Mittwoch zusammen mit Sportdirektor Hasan Salihamidzic nach Barcelona gereist, um sich mit dem Spieler, dessen Berater und den Entscheidern von Barça zu treffen. Am Sonntag oder Montag soll der Brasilianer zum Medizincheck in München eintreffen. Er müsse sich bei Barcelona bedanken, sagte Rummenigge: "Ich habe mit dem Präsidenten (Josep Maria Bartomeu, Anm. d. Red.) ein sehr, sehr gutes und freundschaftliches Verhältnis." Diese Beziehung sei am Ende des Tages hilfreich dabei gewesen, Coutinho nach München zu transferieren.

Coutinho soll Bayerns Offensivspiel aufwerten

Es ist ohne Zweifel einer der großen Namen im Weltfußball, die der FC Bayern da an die Säbener Straße lockt. Coutinho, das klingt nach Schüssen, die auf exquisiten Kurven durch die Luft reisen, nach Fußballkunst. Er ist nach Neymar der Profi, für den die zweithöchste Ablöse bezahlt wurde. 145 Millionen Euro soll Barcelona im Winter 2018 für Coutinho an Liverpool, wo sie ihn "kleiner Magier" nannten, überwiesen haben. Mit Bonuszahlungen sind sogar 160 Millionen Euro möglich. "Der Name hat überhaupt keine Rolle gespielt, exklusiv die Qualität", sagte nun Rummenigge.

Die Bayern sehen in Coutinho einen Spieler, der das Offensivpotenzial der Mannschaft aufwertet, wie der Vereinsboss erklärte. Soll bedeuten: Coutinho ist einer, der die restlichen Münchner mit seinen Pässen besser in Szene setzen kann. Gegen Hertha BSC war am Freitagabend auffällig, dass so ein Spielertyp manchmal durchaus fehlte. Der eine massierte Abwehr mit einem Kunstschuss oder einem Steckpass überwindet. Die Schwachstelle war offenbar bekannt. Seit "ein paar Wochen" sei man mit Coutinho schon in Kontakt, sagte Hasan Salihamidzic.

Coutinho suchte sein Glück in Barcelona vergeblich

Dass Salihamidzic und Rummenigge mit ihren Avancen überhaupt erfolgreich sein konnten, liegt an Coutinhos Beziehung zu Barcelona. Begann das Abenteuer in Katalonien zunächst traumhaft mit acht Toren und fünf Vorlagen in 18 Liga-Partien, geriet es im Anschluss immer mehr zum Albtraum. Nach einem Muskelbündelriss verlor er seinen Stammplatz, dann sein Selbstvertrauen und am Ende die Liebe der Fans. Die Erwartungen seitens der Barça-Anhänger waren seit jeher immens. Der damalige Sportdirektor Robert Fernandez hatte Coutinho als den "idealen Ersatz für Iniesta" bezeichnet. Ein Siegel, an dem er gemessen wurde. Als er die Erwartungen nicht erfüllen konnte, gab es immer häufiger Pfiffe. Der als introvertiert geltende Coutinho reagierte mit einer provozierenden Geste: Nach seinem Tor gegen Manchester United im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League (3:0) steckte er sich die Zeigefinger in die Ohren.

Es verdeutlichte sich, dass Fernandez eine Fehleinschätzung unterlaufen war. Coutinho ist kein Stratege wie Iniesta, aber - denn das schließt sich nicht aus - ein exzellenter Spielmacher. Nur dafür ist in Barcelonas System nicht so recht Platz. Dort regiert seit jeher Messi. Bei Bayern könnten Coutinhos Stärken dagegen gut zur Geltung kommen. Sein Stil passt in der Theorie zu dem von Kovac präferierten vertikalen Fußball. Ein klassischer Flügelstürmer (wie etwa Sané) ist Coutinho aber nicht. Er klebt nicht an der Seitenlinie und wartet auf den Ball. Das dürfte weiterhin die Aufgabe von Kingsley Coman und Serge Gnabry bleiben. Coutinho bewegt sich lieber in den Halbräumen, zieht von der linken Seite oder aus der Zentrale das Spiel auf. Coman und Gnabry könnte diese Spielstärke zugutekommen.

Bayerns Sportdirektor Salihamidzic ist überzeugt, in dem Brasilianer einen Zugang zu haben, "der uns viele Optionen gibt". Vorstellbar ist, dass Coutinho im 4-3-3 die linke Achterposition übernimmt oder Niko Kovac sein Mittelfeld auf zwei Sechser umstellt, mit Coutinho als Regisseur davor. Mit ihm böte man den Fans "etwas Spektakuläres", sagte Salihamidzic. "Wir sind sehr glücklich, dass wir diesen Spieler zum FC Bayern holen werden."

"Das wird der Spieler des FC Bayern", sagt Salihamidzic über Cuisance

Ein weiterer Spieler, der Freude bei Salihamidzic auslöst, heißt Michaël Cuisance. Fast nonchalant bestätigte Salihamidzic Gerüchte, die schon länger um den Mittelfeldspieler von Borussia Mönchengladbach und den FC Bayern handeln. "Das ist ein Spieler, den wir schon sehr lange beobachten. Ein großes Talent, das großes Potenzial hat", sagte Salihamidzic. Der 20-Jährige habe "Mentalität, hervorragende Technik und einen hervorragenden linken Fuß". Details seien zwar noch zu klären, aber Salihamidzic gab sich zuversichtlich: "Das wird der Spieler des FC Bayern." Am Samstag bestätigten die Gladbacher dann den Wechsel.

Cuisance war nach dem Hertha-Spiel aber nur eine Randnotiz, die Schlagzeilen dominierte Coutinho. Bei all dem Lobpreis erinnern die Umstände und Modalitäten dieses Transfers an einen anderen traurigen Regisseur aus Spanien, der nach München kam, um sein Glück zu finden. James Rodríguez spielt mittlerweile wieder bei Real Madrid, war zwischenzeitlich zwei Jahre an den FC Bayern ausgeliehen. Die Kaufoption zogen die Münchner am Ende nicht.

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