FC Bayern:Die große Ungewissheit

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Wann stehen sie wieder gemeinsam auf dem Trainingsplatz? Hansi Flick (rechts) und Thiago. (Foto: dpa)
  • Wie geht es beim FC Bayern in Zeiten von Corona weiter? Der Klub wartet auf die Entscheidungen der DFL am Montag und der Uefa am Dienstag.
  • Im Moment haben die Bayern-Profis offiziell zwei Tage frei, ab Dienstag soll wieder trainiert werden - unter Vorbehalt.

Von Christof Kneer, München

Der Sonntag war ein schöner Tag in München. Zwölf, dreizehn Grad veranschlagten die Thermometer, und vom weiß-blauen Himmel schien jene tadellose Sonne, die angeblich mal von der CSU erfunden wurde (vermutlich zu einer Zeit als die Partei noch 50 +1 Prozent der Wählerstimmen einsammelte). Dieser Sonntag war ein guter Tag, um vor oder nach Erledigung der Kommunalwahlpflichten ein wenig an der Isar spazieren zu gehen, jedenfalls fand Hansi Flick, dass das doch eine gute Idee sein könnte. Der Trainer des örtlichen FC Bayern kennt sich ja eigentlich nicht so gut aus mit freien Sonntagen, er muss an Sonntagen meist das Spielerersatztraining beaufsichtigen.

Das ist zwar ein enorm furchtbares Wort, aber doch eine wichtige Einrichtung, beim Spielerersatztraining werden jene Spieler professionell bewegt, die tags zuvor beim Bundesligaspiel nicht zum Einsatz kamen. Die, die zum Einsatz kamen, dürfen sich dagegen meist mit ein bisschen Auslaufen oder Ausradeln begnügen. Der Cheftrainer muss aber natürlich immer da sein, er kann schlecht sagen: Burschen, radelt's heut mal allein, und beim Spielerersatztraining reicht's eh, wenn der Co-Trainer die Hütchen aufstellt. Nein, das reicht natürlich nicht. Der Cheftrainer kann nicht einfach zum Auslaufen an die Isar gehen.

Aber es ist ja so: Wenn es kein Spiel gibt, dann gibt es auch keine Spieler und Ersatzspieler. Und es gibt dann auch kein Spielerersatztraining, und es braucht dann auch keinen Trainer, der sich das alles anschaut.

"Montag und Dienstag werden ganz wichtige Tage", sagt Trainer Flick

Hansi Flick, 55, konnte am Sonntagmittag also entspannt an der Isar spazieren gehen, aber er konnte den Ausflug leider nicht nutzen, um sich ein paar entspannten Gedanken über die Zukunft zu machen, über seine eigene oder die der von ihm betreuten Fußballmannschaft. Denn dazu hätte er zumindest ahnen müssen, wie die unmittelbare Zukunft aussehen könnte - beziehungsweise, ob diese aktuelle Saison überhaupt noch eine Zukunft hat.

"Keiner kann heute seriös beantworten, wie die nächsten Wochen ausschauen", sagt Hansi Flick also am Sonntag, "der Montag und der Dienstag werden für unsere Planungen ganz wichtige Tage sein."

Am Montag und Dienstag werden der deutsche und der europäische Fußball konkrete Corona-Szenarien entwerfen und erste Beschlüsse verkünden, und frühestens dann wird der Sportlehrer Flick ein Gefühl dafür entwickeln, wie er mit seinen Schülern umzugehen hat. Schickt er sie in Urlaub, ausgestattet mit individuellen Trainingsplänen? Oder gibt er nur ein paar Tage frei, und am Wochenende treffen sich alle wieder zum offiziellen Mannschaftstraining an der Säbener Straße? Im Moment haben die Bayern-Profis offiziell zwei Tage frei, sie sollen an diesen zwei Tagen zwei Läufe und ein paar Stabilitätsübungen absolvieren, und für Dienstag ist die Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs vorgesehen - unter Vorbehalt.

Fußballtrainer kennen Sommer- und Winterpausen, für diese Zeitfenster haben sich in der Branche inzwischen klare Abläufe etabliert, aber niemand weiß, was eine plötzliche Pause im März und im April bedeuten würde - eine Pause, von der man zudem nicht mal genau wüsste, ob sie eine Pause ist oder vielleicht doch schon ein Saisonende. Hansi Flick sagt, im Falle einer längeren Unterbrechung müsse man womöglich auch noch mal neue Daten erheben, es brauche dann wahrscheinlich noch mal einen neuen Leistungstest; um jedem Profi für die Pause einen passenden Trainingsplan auf den Leib zu schneidern, reiche es nicht, einfach die Daten vom letzten Test im Januar zu nehmen.

Das Herumtüfteln an solchen Details zeigt, dass der Fußball unter Corona-Einfluss lernen muss, völlig neu zu denken. Es gibt keine Erfahrungswerte mit so einer Situation, der Fußball in Deutschland befindet sich im Ausnahmezustand. Entsprechend unterschiedlich haben die Klubs auch auf die Unterbrechung des Ligabetriebs reagiert: In Mönchengladbach trainieren sie einstweilen weiter, in Schalke und Frankfurt haben sie ihre Spieler ins Home Office geschickt, Union Berlin hat erst mal ein gemeinsames Frühstück angeordnet, und in Paderborn haben sie nach dem positiven Corona-Test bei Verteidiger Luca Kilian den Betrieb eingestellt und die Geschäftsstelle geschlossen; einige SC-Spieler stehen unter häuslicher Quarantäne. Die meisten Klubs machen es aber ähnlich wie Flicks FC Bayern, so haben auch Hertha BSC, Werder Bremen und einige andere ihren Spielern zwei, drei Tage frei gegeben - um die Lage dann am Montag, abhängig von den Festlegungen der DFL-Mitgliederversammlung, neu zu bewerten.

Aber auch im Falle einer längeren Pause werden sich den Vereinen Fragen stellen, die sich bisher noch nie gestellt haben. Kann man die Spieler in Zeiten des Virus einfach in den Urlaub fliegen lassen, oder kann/darf/muss ein Verein auch Reisewarnungen aussprechen oder gar einen Urlaub zu Hause empfehlen? Können die Profis der heutigen Generation, die sonst am ersten Urlaubstag gleich den ersten Flieger nach Sardinien oder Miami nehmen, überhaupt Urlaub zu Hause machen, ohne akut an Lager- oder sonstigem Koller zu erkranken? Und wie schafft es ein Trainer im Falle einer etwas kürzeren Pause, die körperliche und geistige Spannung der Spieler hochzuhalten, wenn das nächste Spiel vielleicht erst in ein paar Wochen stattfindet?

Hansi Flick hat dann doch noch eine Idee entwickelt bei seinem ungewohnten sonntäglichen Ausflug. Vielleicht, sagt er mit einem Schmunzeln, könne es für die Spieler mal ganz interessant sein, gemeinsam die Isar entlang zu spazieren.

© SZ vom 16.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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