Bundesliga:Fußball ist beim FC Bayern kein Thema mehr

FC Bayern Muenchen v FC Augsburg - Bundesliga

Hansi Flick.

(Foto: Alexander Hassenstein/Getty)
  • Auch beim FC Bayern hoffen sie lange, dass ihr Fußballalltag nicht eingeschränkt wird.
  • Trainer Hansi Flick spricht sogar vom Triple.
  • Dann werden sie von der Absage des Spieltags überrascht.

Von Benedikt Warmbrunn

Eine halbe Stunde nachdem Thiago Alcántara, der sonst so ruhige, besonnene, neben dem Fußballplatz unauffällige Profi des FC Bayern, wütend darum gebeten hat, mit dem Herumalbern aufzuhören, betreten Hansi Flick und Karl-Heinz Rummenigge das Pressestüberl des Klubs. Sie werden später noch ernste, besorgte Sätze sagen. Aber erst einmal albern sie herum.

"Seid ihr alle getestet?", fragt Flick die anwesenden Journalisten, deren Kommen begrenzt worden war, nur elf sind anwesend. Kurz darauf setzt sich Rummenigge auf das Podium, er sagt: "Kommen Sie uns nicht zu nahe." Dann lacht er.

Auch beim FC Bayern sind sie ratlos

Der FC Bayern ist der größte deutsche Fußballverein, er ist der Leitverein der Nation. Am Freitagmittag lässt sich an ihm im Kleinen beobachten, wie dem deutschen Profifußball in seiner Gesamtheit eine klare Haltung im Umgang mit dem Coronavirus fehlt. Auch beim FC Bayern sind sie ratlos, auch beim FC Bayern hoffen sie bis zuletzt, dass ihr Fußballalltag möglichst wenig eingeschränkt wird.

Als Rummenigge und Flick ins Pressestüberl kommen, gehen sie davon aus, dass der Spieltag an diesem Wochenende stattfinden wird, sie bereiten sich auf ein Auswärtsspiel bei Union Berlin vor, "professionell" will Flick die Partie angehen; es ist der Blick eines Fußballlehrers. "Sinnvoll" sei es, sagt Vorstandschef Rummenigge, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) am Vormittag beschlossen habe, erst nach diesem Spieltag eine Pause einzulegen; es ist der Blick eines Geschäftsmannes.

Und dann ist da noch der Blick von Thiago Alcántara, dessen Naturell nicht zur Panik neigt - sein Blick ist der eines besorgten Vaters, eines besorgten Sohnes; es ist der Blick eines besorgten Menschen. "Das ist verrückt", twittert er am Mittag auf Englisch zur vorläufigen Entscheidung der DFL. "Bitte hört auf herumzualbern und kommt in der Realität an. Lasst uns ehrlich sein, es gibt sehr viel wichtigere Prioritäten als jeden Sport."

Flick und Rummenigge sprechen eine halbe Stunde nach Thiagos Tweet viel von der berühmten gesellschaftlichen Verantwortung des Fußballs, Rummenigge lobt mehrmals, wie die Politiker in Berlin und München auf die Krise reagieren, "außerordentlich bemerkenswert" hätten diese bislang gehandelt. Er findet es daher "extrem wichtig, dass wir erst mal den Vorgaben und Empfehlungen der Politik Folge leisten". Am Freitagmittag sind Flick und Rummenigge der Ansicht, dass sie diesen Empfehlungen folgen, indem sie sich weiter auf ein Fußballspiel vorbereiten.

Das Thema Vertragsverlängerung ist erst einmal nebensächlich geworden

Flick sagt gleich zu Beginn, dass er sich "mit Sicherheit in meiner ersten Saison andere Themen gewünscht" hätte. Vor nicht einmal zwei Wochen musste er sich zum Protest der eigenen Fans gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp äußern, am Freitagmittag geht es noch um die sogenannten Geisterspiele, darum, ob es nicht doch sinnvoller wäre; auch schon an diesem Wochenende auf alle Bundesligapartien zu verzichten. Es geht also fast gar nicht mehr um das Thema, bei dem sich Flick am wohlsten fühlt: um Fußball.

Flick erinnert daher noch einmal daran, dass die Mannschaft bislang "eine sensationelle Rückrunde" gespielt habe, er sagt sogar, dass für den Tabellenführer der Bundesliga "das Triple machbar zu sein scheint", also die Meisterschaft, der DFB-Pokal, der Titel in der Champions League. Für Flick, der wie Thiago eher ein ruhiger, besonnener Redner ist, sind das fast schon forsche Sätze. Es sind auch die Sätze eines Trainers, der darum fürchtet, dass ihm mögliche Erfolge in seiner ersten Saison auf der Bank des FC Bayern erschwert werden oder gar ganz verwehrt bleiben. Flick hat ja nach wie vor nicht seinen Vertrag verlängert, auch dieses Thema ist erst einmal nebensächlich geworden (eher unwahrscheinlich erscheint es aktuell lediglich, dass er seinen Vertrag per Handschlag verlängert).

Natürlich wissen auch Flick und Rummenigge, dass es gegenwärtig Wichtigeres als den Fußball gibt, "jetzt geht es um die Gesundheit", sagt der Trainer einmal. Auch beim FC Bayern bereiten sie sich darauf vor, von Montag an viele Mitarbeiter ins Home-Office zu schicken, seit zehn Tagen, erzählt Rummenigge, habe sich der Verein darauf vorbereitet. Wer ein Kind hat, darf von Montag an zu Hause arbeiten, da möchte der FC Bayern "ein zuverlässiger und seriöser" Arbeitgeber sein.

Spieler und Angestellte hat der Verein zudem dazu aufgerufen, sich regelmäßig die Hände zu waschen, auf allen Toiletten seien Desinfektionsmittel bereitgestellt worden. Der Internist des Vereins, Roland Schmidt, unterweist alle regelmäßig, Flick berichtet, dass er am Vormittag mit ihm gesprochen habe. Wer Anzeichen zeige, Fieber oder Husten, müsse sich sofort untersuchen lassen, sagt der Trainer, "bisher war das noch nie der Fall". Daher sei bislang kein Spieler auf das Coronavirus getestet worden. Am Freitag sagt Flick, dass er nach dem Spiel in Berlin entscheiden wolle, wie in der nächsten Woche der Trainingsplan aussehen soll.

Nach einer knappen halben Stunde gehen Rummenigge und Flick, noch wissen sie nicht, dass am Freitagnachmittag ihr Spiel in Berlin abgesagt werden wird. Rummenigge sagt: "Ein gesundes Wochenende!"

Zur SZ-Startseite
Leeres Stadion: Fortuna ohne Publikum gegen Paderborn

Bundesliga
:Der Ball ruht

Das Coronavirus stoppt den Profifußball endgültig: Die Bundesliga-Verantwortlichen sagen die beiden nächsten Spieltage ab. Unter Druck korrigieren sie ihren Plan, wonach an diesem Wochenende nochmal gespielt werden sollte.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: