Zugänge des FC Bayern:Ein Kader gegen die Skepsis

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Zwei von vier: Am Montag stellte Sportvorstand Hasan Salihamidzic (rechts) Bouna Sarr und Eric Maxim Choupo-Moting (von links) der Öffentlichkeit vor, am Dienstag sollen Rückkehrer Douglas Costa und Marc Roca folgen. (Foto: POOL/REUTERS)

Bayerns Sportchef Hasan Salihamidzic erklärt bei der Vorstellung von Choupo-Moting und Sarr seine Transfers - und erörtert, dass es in diesem Jahr auch Grenzen für seinen FC Bayern gab.

Von Sebastian Fischer, München

Manchmal hilft es Hasan Salihamidzic immer noch sehr, dass er als Fußballer viel erlebt hat. Zum Beispiel war er einst ein Offensivspieler, bis er der Empfehlung folgte, sich mehr auf die Defensive zu konzentrieren - genau wie Bouna Sarr. Salihamidzic war darüber hinaus ein Spieler, der bei keinem seiner Vereinswechsel eine Ablösesumme kostete - genau wie Eric Maxim Choupo-Moting. Der Sportvorstand des FC Bayern hat darauf jeweils hingewiesen am Montag, bei der Vorstellung von zwei der vier Zugänge, die der Rekordmeister vor einer Woche kurz vor Transferschluss noch verpflichtet hatte. Es gab ja noch einiges zu erklären.

Hinter Salihamidzic, 43, liegt die wohl komplizierteste Transferperiode seines inzwischen etwas mehr als drei Jahre langen Schaffens als Manager. Sie begann am 1. Juli, an seinem ersten Tag nach der Beförderung vom Sportdirektor, mit der Vorstellung des Defensivtalents Tanguy Nianzou - und der Frage, welche Neuen wohl noch kommen würden. Beim FC Bayern müsse man "immer die Augen offen halten", sagte er damals. Es gehe darum, "die Mannschaft in der Breite oder sogar in der Qualität zu verstärken". Die finanziellen Möglichkeiten seien derzeit aber "nicht unendlich", er müsse "sehr kreativ" sein. Nun, rund drei Monate später, ging es darum, ob ihm das gelungen ist. "Sehr, sehr gut aufgestellt" sei der Kader, sagte er.

Es hatte bis zum letzten Wochenende gedauert, bis ganz zum Ende der pandemiebedingt zweigeteilten und verlängerten Transferperiode Anfang Oktober, ehe der FC Bayern nach den Verpflichtungen von Nianzou, Torwart Alexander Nübel und Nationalspieler Leroy Sané jene Wechsel als perfekt vermeldete, die den Kader in der Breite verstärken sollen: neben Stürmer Choupo-Moting, 31, dessen Vertrag bei Paris Saint-Germain ausgelaufen war, und Rechtsverteidiger Sarr, 28, von Olympique Marseille noch Mittelfeldspieler Marc Roca, 23, von Espanyol Barcelona sowie den zur Leihe zurückgekehrten Flügelspieler Douglas Costa, 30, von Juventus Turin. "Wir haben schwierige Zeiten", sagte Salihamidzic am Montag. "Wir mussten mit unserem Budget richtig umgehen."

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Nun gab es natürlich auch schon vorher komplizierte Transferperioden, im vergangenen Winter etwa, als Flick öffentlich Zugänge forderte und Salihamidzic erwiderte, dass er "kein Freund medialer Kaderplanung" sei. Danach verpflichtete er in Álvaro Odriozola einen Rechtsverteidiger zur Leihe, den Flick allerdings nur fünfmal einsetzte. Diesmal gab der Klub zwar ein harmonischeres Bild ab. Er vertraue "Hasan und seinem Team", sagte Flick zuletzt bei nahezu jeder Gelegenheit. Doch der Druck war dennoch groß, für eine durch den Corona-Terminplan übervolle Saison einen Kader zu organisieren, der den Stammspielern auch mal eine Pause gönnt. Und nun saß dort also der in Deutschland eher unbekannte Franzose Sarr auf dem Podium an der Säbener Straße und sagte zu dem auch in seiner Heimat mit etwas Überraschung registrierten Wechsel zum Champions-League-Sieger, dass es sich dabei für ihn um ein "perfektes Ding" handele. Und für den FC Bayern?

Dass es so lange gedauert hatte mit den Neuen, begründete Salihamidzic damit, dass er die Konzentration auf das Finalturnier in der Champions League im August nicht stören wollte. Er sagte: "Wir wollten keine Gerüchte in der Gegend haben." Es waren aber trotzdem bald ein paar Gerüchte in der Gegend, zum Beispiel jenes, dass sich die Münchner für die Rolle als Ergänzung des Rechtsverteidigers Benjamin Pavard den jungen Sergiño Dest wünschten, der sich aber für einen Wechsel aus Amsterdam zum FC Barcelona entschied. In der Offensive bemühte sich Salihamidzic dazu zum wiederholten Male vergeblich um Callum Hudson-Odoi vom FC Chelsea.

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Es gebe "bei verschiedenen Transfers Grenzen", sagte Salihamidzic dazu nur, Grenzen des Budgets also. Lieber sprach er aber natürlich über jene, die neben ihm saßen. Er betonte die Vorzüge Choupo-Motings als Teamplayer, schließlich soll der Angreifer meistens als Ersatz für Robert Lewandowski auf der Bank sitzen. Und Sarr, dem Vernehmen nach rund acht Millionen Euro teuer, sei ein anderer, offensiverer Außenverteidigertyp als Pavard, der frühere Innenverteidiger. Beide würden sich hervorragend ergänzen.

"Es geht nicht nur um die Wünsche des Trainers", hat Salihamidzic bereits in der vergangenen Woche dem Kicker gesagt, es war ein Statement gegen die Lesart, dass er die Wünsche von Flick erfüllt habe; es war auch ein Statement gegen die Skepsis, die ihn, einst vom Markenbotschafter zum Sportdirektor befördert, auch als Sportvorstand noch begleitet. Wie er seine Aufgabe diesmal gelöst hat, das lässt sich natürlich kaum vorhersagen, bevor jemand wie Sarr nicht wenigstens ein Spiel gemacht hat. Dass es für Salihamidzic anspruchsvoll weitergeht, allerdings schon.

Der Vertrag von Abwehrchef David Alaba läuft weiterhin 2021 aus. "Wir werden David kein Ultimatum setzen, wir werden da keine Spielchen spielen", sagte Salihamidzic. Er hoffe, dass die Unterschrift "irgendwann erfolgt".

© SZ vom 13.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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