FC Bayern im DFB-Pokal:Ungewohnte Töne von Kovac

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Muss gar nicht unbedingt Meister werden, aber schön wär's schon: Bayern-Trainer Niko Kovac. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Im Viertelfinale des Pokals trifft der FC Bayern auf Zweitligist Heidenheim, während alles schon vom Liga-Gipfel gegen Dortmund spricht.
  • Trainer Kovac überrascht mit seinen Aussagen zu den Saisonzielen und wehrt sich gegen Kritik an seiner Spielidee.
  • Hier geht es zu den Pokal-Begegnungen im Viertelfinale.

Von Jonas Beckenkamp

Ein wenig seltsam muss sich das anfühlen für den FC Bayern. Dortmund, überall Dortmund, es ist fast so, als gebe es nur noch dieses eine, große Spiel. Und tasächlich, das Duell am Samstag mit dem Trend-Namen Germanico geht ja durchaus als Supermegariesenkracher durch - das Problem ist nur: Es handelt sich bei diesem vermeintlichen Spiel des Jahres gar nicht um das nächste Spiel für die Münchner.

Mancher hat es fast vergessen, dass zuvor noch ein kleiner Wegpfeiler auf dem Programm steht. An diesem Abend. Im DFB-Pokal, Viertelfinale gegen Heidenheim. Und unter den Bedrohungen des Fußballs zählen solche Partien zu den gefürchtetsten, schließlich schaut hier gerne der Schlendrian vorbei. Wo man dieser Tage auch in die sogenannte "Branche" hineinhörte: Von Heidenheim sprachen nur wenige, vom BVB dagegen viele.

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Zum Beispiel beim Rendezvous der Ehrenspielführer zur Eröffnung einer "Hall of Fame" in Dortmund am Montagabend. Da schwärmte Lothar Matthäus vom "absoluten Highlight der Saison" - er meinte selbstredend den Ligagipfel in München und nicht das Heidenheimer Gastspiel im Pokal. "Schöner kann es für uns Fußball-Fans nicht werden", erklärte auch Günter Netzer, während Philipp Lahm fand: "Es ist schön, dass es mal wieder so spannend ist."

Dortmund mache "wirklich einen tollen Job", lobt Kovac

Die Bundesliga blickt also aufgeregt auf Samstag, Niko Kovac dagegen auf Mittwochabend - und auch ein wenig auf sich selbst. Heidenheim, ein Zweitligist, selten war mehr Außenseitertum zugegen in der Münchner Arena. "Ich habe meinen Spielern noch mal explizit gesagt: Was am Wochenende passiert, ist überhaupt nicht relevant", sagte der Bayern-Coach bemüht alarmiert. Und er erinnerte noch einmal daran, dass Dortmund erst "nach Heidenheim" komme, damit das ja niemandem entgeht. Kovac ist seit Tagen darum bemüht, die Sinne seines Personals auf das Pokalspiel zu schärfen. Er selbst, betonte der Trainer, könne Dortmund "ausblenden".

Weniger ausblenden konnte Kovac die Kritik an seiner Person, die ihn seit einigen Wochen begleitet. Er vermittle den Bayern keine klare Spieliedee, heißt es dann. Kovac wehrte sich via Sportbild: "Weil ich das System nicht ändere, heißt es, ich kann es nicht? Nein, das ist nicht korrekt." Das Münchner System, einst maßgeblich implementiert von Louis van Gaal, funktioniere ja: "Von daher besteht nicht die Notwendigkeit, großartig etwas Neues zu kreieren", erklärte Kovac, "damit hätte man die Mannschaft verwirrt und ihr die Sicherheit genommen."

Um im gleichen Interview doch den ein oder anderen, der es mit den Münchnern hält, ordentlich zu verwirren. Denn was Kovac kurz vor dem Spitzenspiel über die Saisonziele des Klubs sagte, ließ aufhorchen. "Ich glaube, Uli Hoeneß hatte gesagt, er könne auch gern mal auf einen Meistertitel verzichten. Wenn man das zugrunde legt, wäre das kein Beinbruch, wenn wir nicht Meister werden", erklärte Kovac: "Unser Anspruch ist die Meisterschaft, dem stelle ich mich. Jeder, der hier Trainer wird, will und muss eigentlich Meister werden. Aber so einfach ist es nicht immer."

Der BVB mache "diese Saison wirklich einen tollen Job, die Art und Weise, wie die Jungs kicken, gefällt mir", sagte Kovac, bekräftigte aber auch: "Wenn wir unsere Klasse abrufen, sind wir die beste Mannschaft Deutschlands und werden Meister."

Nun aber erst mal Heidenheim. Im 50. Pokal-Duell mit einem Zweitligisten - 42-mal kam der Rekordmeister weiter - möchten sich die Bayern das undenkbare Schlamassel einer Niederlage ersparen. Das Double ist das erklärte Ziel, da kann Heidenheim nur eine Ausfahrt an der Raststätte nach Berlin sein. Immerhin scheinen Kovacs Weckrufe bei seinen Profis anzukommen. "Wenn wir nur an Samstag denken, wird definitiv etwas anbrennen", erklärte Mats Hummels. Robert Lewandowski erbat sich derweil Respekt vor dem kleinen Herausforderer: "Die kommen nicht nach München und sagen: Bitteschön, nächste Runde."

So ganz weit hergeholt sind solche Warnungen ja nicht: Die letzte Bayern-Blamage gegen einen Klub aus dem Bereich der Leichtgewichte ist mehr als 15 Jahre her, am 4. Februar 2004 unterlagen Oliver Kahn, Michael Ballack und Co. im Pokal-Viertelfinale 1:2 bei Alemannia Aachen. Und der Name Vestenbergsgreuth geistert ebenfalls noch durch die Erinnerung.

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Stellt Kovac eine Art "1b"-Team auf?

Signale zur Aufmerksamkeit liefert aber auch die laufende Pokalsaison. Die Bayern blicken schließlich auf hauchdünne Siege bei den Regionalligisten SV Drochtersen/Assel (1:0) und SV Rödinghausen (2:1) zurück, in der Liga ließ man zuletzt gegen Freiburg, Düsseldorf und Augsburg acht Punkte liegen. "Es wird wie immer gegen kleinere Gegner nicht einfach werden", sagte Kovac. Das klang ein wenig nach Branchensprech, aber die Wahrheit ist ja: Gegen Mannschaften, die wie Heidenheim den Weg des Verbarrikadierens wählen, taten sich die Münchner schon öfter schwer unter Kovac. Trotzdem fand der Trainer, Heidenheim solle "uns hoffentlich ein positives Gefühl für Dortmund geben".

Aktuell ist jenes Gefühl nach dem Verlust der Tabellenführung nicht ganz so positiv. Wie in Freiburg wird Sven Ulreich erneut Kapitän Manuel Neuer (Wade) im Tor vertreten, David Alaba (Rückenzwicken) erhält eine weitere Pause zur Schonung. Am Ende könnte Kovac eine Art "1b"-Team aufstellen, in dem erneut Rafinha auf links spielen und der zuletzt oft verschmähte Renato Sanches etwas Wertschätzung in der Zentrale erfahren könnte.

Heidenheim sei "körperlich sehr robust" und "sehr schnell im Umschalten nach vorne", warnte Kovac noch, auch fußballerisch könnten die Underdogs von der Ostalb überzeugen, "wenn man sie lässt". Der 1. FCH wiederum sieht sich in einer solchen Außenseiterrolle, dass schon beachtliche Superlative her müssen. "Krasser geht eigentlich nicht", sagte Trainer Frank Schmidt vor dem "größten Spiel" der Vereinsgeschichte. Für die Heidenheimer ist das Treffen mit den Bayern also genauso ein Supermegariesenkracher wie für die Münchner das Spitzenspiel gegen Dortmund wenige Tage später.

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