Alphonso Davies:Bockstarke 90 Minuten

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Alphonso Davies (links) im Duell mit Dortmunds Paco Alcácer. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Davies Alphonso überzeugt beim 4:0 gegen Dortmund in allen Belangen.
  • Trainer Flick sagt: "Alphonso ist von Spiel zu Spiel besser geworden."
  • Er profitiert von seiner Umschulung - und könnte in den kommenden Wochen noch häufiger in der Startelf stehen.

Von Jonas Beckenkamp, München

Der Mann, den sie in München "Fonsi" nennen, hatte an diesem Abend Erstaunliches vollbracht. Er hatte sein wohl bestes Spiel für den FC Bayern gemacht, das einerseits. Andererseits hatte er auch wieder am wildesten getanzt. Als die Spieler nach geleisteter Arbeit vor der Fankurve feierten, stand der Kanadier Davies ganz vorne und zappelte, wie man eben zappelt mit 19 Jahren. Sein Auftritt vor den Fans gelang ihm mindestens so gut wie jene bockstarken 90 Minuten zuvor gegen Dortmund. Der jüngste von allen, Davies, überzeugte quasi in allen Belangen. Und das überraschte dann doch.

Dass er als Linksverteidiger eine fähige Aushilfskraft ist, hatte sich zuletzt angedeutet - wobei er nicht immer vollkommen überzeugte. Dass er sich zur überraschendsten Personalie dieser Bayern-Saison entwickelt, damit haben die wenigsten gerechnet. Noch vor wenigen Wochen wusste tatsächlich kaum jemand, welche Talente in ihm stecken. Davies, das war dieser Roadrunner aus dem seltsamen Fußballland Kanada, ein Leichtgewicht, ein Dribbler, ein guter Karaoke-Sänger, wie er in der Vorbereitung bewies. Aber doch keiner für den Großeinsatz ein Spitzenspiel gegen Dortmund?

FC Bayern in der Einzelkritik
:"Fonsi" kickt kernig und erwachsen

Der umgeschulte Linksverteidiger gewinnt seine Duelle. Alaba darf gern wieder in die Innenverteidigung. Und Lewandowski hat den 50-Tore-Kolben angeschmissen. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

War er nun aber doch. Und wie. Davies allein schaffte es, dass Dortmunds Hochbegabter Jadon Sancho überhaupt nicht in dieses Spiel hineinkam. Es war vielmehr so, dass Sancho schon nach einer guten halben Stunde wieder heraus musste. Ausgewechselt von Trainer Favre. Die Höchststrafe, weil Davies einfach jedes Duell gegen ihn gewonnen hatte. So bewies der einstige Flügelstürmer, dass die Bayern sich mit ihm in der Not gewissermaßen einen Linksverteidiger geschnitzt haben. Das allein verdient Anerkennung, denn geholt hatte man den jungen Mann, der in Edmonton aufwuchs, ja als Offensivkraft.

"Alphonso ist von Spiel zu Spiel besser geworden", sagt Hansi Flick

Lob gab es für den Überraschungsmann von allen Seiten. "Es hat sich in der Vorbereitung auf der USA-Reise schon angedeutet," sagte zum Beispiel Manuel Neuer über Davies, "da hat er seine Sache schon sehr gut gemacht, beim Gold-Cup oder wie das hieß." Es ehrte Neuer, dass er die guten Taten des Kollegen noch im Gedächtnis hatte, nicht aber den Namen des Sponsorenturniers in Übersee. Seitdem hat der gebürtige Ghanaer immer wieder seine Momente gehabt, "gegen Frankfurt etwa war er noch einer derjenigen, die sich okay verhalten haben", erinnerte sich Neuer. Klar verloren die Bayern da 1:5, aber an "Fonsi" lag es nicht.

Auch Karl-Heinz Rummenigge zeigte sich angetan von Davies. "Man hat gesehen, dass er eine gute Entwicklung macht", sagte der Bayern-Boss. Hansi Flick wiederum wusste als ehemaliger Co-Trainer schon länger von Davies' Können: "Alphonso ist von Spiel zu Spiel besser geworden", erklärte er, "er hat einen enormen Speed und ist im Zweikampf sehr geschickt. Er hat vielleicht noch nicht die offensiven Qualitäten wie Alaba, aber er macht seine Sache für einen 19-Jährigen sehr gut."

Zu verdanken hat Davies seinen Aufstieg natürlich auch den Rochaden mit vielen Ausfällen bei den Bayern. Er spielt, weil David Alaba plötzlich als Innenverteidiger aushelfen muss. Und er spielt, weil er zufällig halt gut links kann und schnell genug ist, um es mit einem wie Sancho aufzunehmen. Diesmal glänzte er aber nicht nur mit Speed, sondern auch mit Übersicht, Lufthoheit und einigen technischen Schmankerln.

Dass die Bayern neuerdings unter Trainer Hansi Flick offensiver verteidigen, liegt auch an der taktischen Flexibilität von Spielern wie Davies. Gegen Dortmund eroberte er besonders in der Anfangsphase einige Bälle an der Mittellinie, wodurch sofort Gegenangriffe möglich wurden. Einen Linksverteidiger wie ihn, der durchaus Lust aufs offensive Abenteuer hat, gibt es in München außer David Alaba nicht. So könnte sich seine Umschulung noch als Glücks-Option erweisen, denn in der aktuellen Situation der Bayern-Abwehr ist nicht ausgeschlossen, dass Alaba weiterhin im Zentrum spielt. Für Davies bedeutet das: Er kann weiter munter herumtanzen. Im Spiel - und womöglich bald auch wieder vor der Kurve.

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