Bayern-Basketballer in der Euroleague:"Wir haben das noch nicht abgeschrieben"

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Erst enteilt, dann verkürzt: Hier ist Wade Baldwin (re.) im Duell der Spielmacher schneller als Mailands Malcolm Delaney. (Foto: Markus Fischer /Imago Images/Passion2Press)

Das gab's noch nie: Die Bayern gewinnen als erstes deutsches Team ein Playoff-Spiel in der Euroleague. Nach dem 85:79 ist die Serie gegen Mailand extrem spannend - Ex-Coach Pesic stichelt gegen die Italiener.

Von Ralf Tögel

Es war die Szene des Spiels: Sergio Rodriguez setzt zu einem seiner gefürchteten Dreier an, doch vor ihm hebt Paul Zipser im richtigen Augenblick ab und blockt den Wurf des Mailänder Spielmachers. Obendrein klaut der Münchner dem verdutzten Spanier den Ball einfach aus den Händen und sprintet unaufhaltsam zum gegnerischen Brett, wo er ihn trotz Foul in den Mailänder Korb legt. Eine sehenswerte Aktion, die auch dafür steht, wie die Münchner am Mittwochabend die favorisierten Gästen aus Mailand besiegten: entschlossen, wuchtig, mit einer enorm starken Defensive - und hoch verdient.

Durch den 85:79-Sieg im dritten Euroleague-Playoffspiel gegen Olimpia Mailand in der Best-of-five-Serie hat der FC Bayern auf 1:2 verkürzt und ist zurück Kampf um den Einzug in das Final-Four-Turnier Ende Mai in Köln, für das drei Siege vonnöten sind. Den Glauben daran will Bayern-Präsident Herbert Hainer jedenfalls nicht aufgeben: "Wir haben das hier noch nicht abgeschrieben." Wichtiger aber dürfte sein, dass es der Mannschaft neues Selbstvertrauen bringt. Das war ja die große Frage, wie die Spieler die Niederlagen in Mailand und das ehrabschneidenden 62:100-Desaster gegen Alba Berlin wird wegstecken können. Die Antwort gab die Mannschaft umgehend auf dem Spielfeld: problemlos.

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Die Bayern kompensieren fehlende Erfahrung mit Kampfgeist und Mannschaftsspiel

Bayern-Trainer Andrea Trinchieri hatte es ohnehin gewusst, wie er nach dem Triumph wissen ließ: "Niemand sollte am Charakter meiner Mannschaft zweifeln." Und er hatte diese hervorragend eingestellt, die Bayern agierten von der ersten Sekunde an in der Defensive mit einer enormen Intensität, gestatteten dem Gegner keine einfachen Würfe, keine leichten Punkte.

Der Favorit zeigte sich beeindruckt, es war wenig zu sehen, von dessen hoch dekorierten Einzelkönnern. Neben Rodriguez gibt es kaum einen Protagonisten, der nicht schon zahlreiche solcher Playoff-Duelle gespielt hat. Diese mangelnde Erfahrung hatte FCB-Geschäftsführer Marko Pesic, selbst einst auf höchster europäischer Ebene aktiv, als Hauptursache für die beiden ersten Niederlagen ausgemacht: "Das kann man nicht in zwei Spielen lernen".

Aber kompensieren: mit Kampfgeist und Mannschaftsspiel. Genau das trägt die Bayern durch diese famose Saison, damit haben sie jedes europäische Spitzenteam bis auf Real Madrid düpiert. Die Königlichen im Übrigen haben sie in der Abschlusstabelle der Hauptrunde hinter sich gelassen. Und mit dem Ball wissen sie auch trefflich umzugehen, vor allem im ersten Viertel beeindruckten sie am Mittwochabend mit einer fast fehlerfreien Wurfquote und einer daraus resultierenden 23:9-Führung. Von Milano war wenig zu sehen, Erinnerungen an den Auftakt im ersten Spiel wurden wach, doch der Favorit kam schnell zurück.

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Mailands Trainer Messina lobt Münchens Topscorer Lucic: "Er war fantastisch"

Ein 13:2-Lauf zu Beginn des zweiten Viertels offenbarte die individuelle Klasse des Mailänder Kaders, dieses Mal war es Luigi Datome, ebenfalls NBA-erfahren und bereits einmal Euroleague-Champion, der die wichtigen Punkte beisteuerte. In den ersten beiden Partien war er kaum aufgefallen. Mitte des zweiten Viertels gelang Olimpia sogar mit 33:32 die erste Führung - es sollte die einzige bleiben.

Dann kam der Block von Zipser, derlei Aktionen können Spiele drehen, die Teamkollegen mitreißen. Spielmacher Wade Baldwin und Vladimir Lucic stellten den 39:35-Halbzeitstand her, womit neben Zipser die beiden auffälligsten FCB-Akteure des Abends genannt sind. Vor allem Lucic ging voran, der Serbe ist der unangefochtene Anführer im Team, was er nicht gerne hört, aber einmal mehr bewies. 27 Punkte sammelte Lucic und er war stets zur Stelle, wenn es eng wurde. Was selbst Mailands Coach Ettore Messina respektvoll anerkannte: "Was soll ich sagen, er war fantastisch."

Nach der Pause erhöhten die Bayern die Intensität noch einmal, als sie wie im ersten Viertel furios starteten und mit einem 14:0-Lauf erneut zu einer zweistelligen Führung enteilten. Besonders Zan Mark Sisko spielte sich dabei in den Vordergrund, der 23-Jährige setzte seine Mitspieler ein und traf wichtige Würfe, was ihm ein Sonderlob des Trainers einbrachte: In der Finalserie um die deutsche Meisterschaft vergangenen Juni hatte er nur ein paar Minuten Einsatzzeit bekommen, "in dieser Saison ist er echter Spielmacher", sagte Trinchieri.

Vor dem finalen Viertel führten die Bayern 64:51 - und an diesem Abend ließen sie sich den Vorsprung nicht mehr nehmen. Und das obwohl Münchens Regisseur Wade Baldwin (11 Punkte) nach nur 34 Sekunden mit dem fünften Foul vom Feld musste, die Bayern brachten den Erfolg mit einiger Routine nach Hause.

"Wir haben heute wieder als Team gespielt", analysierte Trinchieri. Er habe zwar mehrere große Spieler im Kader, doch "Seeley, Flaccadori und Johnson haben uns heute uns sehr geholfen". Nun müsse man versuchen "Frische zu finden", schon am Freitag steht an selber Stelle Spiel vier (20.45 Uhr) an. Ein Sieg würde ein Entscheidungsspiel am Mittwoch in Mailand erzwingen - und Präsident Hainer könnte weiter auf das Final Four hoffen.

Der ehemalige Bayern-Coach Svetislav Pesic, der sich wie Ehrenpräsident Uli Hoeneß den historischen Sieg nicht entgehen ließ, kam zu einer gewagten Einschätzung: Er habe alle drei Spiele analysiert und komme zu dem Schluss, dass Mailand zwar stark besetzt sei, aber: "Diese Mannschaft beeindruckt mich nicht, sie spielen altmodischen Basketball. Wir sind das bessere Team."

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