Basketball:Momentaufnahmen der Begeisterung

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Abgehoben: Vor kurzem noch bei der Weltmeisterschaft in Japan, stand der französische Nationalspieler Sylvain Francisco (Mitte) jetzt erstmals für den FC Bayern auf dem Parkett. (Foto: Philippe Ruiz/Imago)

Die Bayern-Basketballer bieten 8000 Zuschauern im Heim-Vorbereitungsturnier nicht nur wegen ihres Sieges beste Unterhaltung - auch neben dem Feld, wo die Weltmeister Andreas Obst, Isaac Bonga und Niels Giffey geduldig Autogramme schreiben.

Von Ralf Tögel

Am Wochenende schaute Yassin Idbihi wieder mal bei den Münchner Basketballern vorbei. Es gab ja auch ein paar interessante Spiele zu verfolgen im BMW Park, vier Euroleague-Klubs trafen sich dort zum Testen der aktuellen Vorbereitungsform. Knapp drei Wochen bleiben den Teams, um sich für die europäische Königsklasse schick zu machen, folglich war das, was Idbihi zu sehen bekam, nicht mehr als eine Momentaufnahme. Der ehemalige Nationalspieler, der unter anderem für Alba Berlin und den FC Bayern unter dem Korb rackerte, war aber nicht aus alter Verbundenheit zu Gast beim Magentasport Cup, der 40-Jährige kam als Scout des NBA-Klubs Charlotte Hornets. Seine Aufgabe ist es, den europäischen und afrikanischen Markt zu beobachten, da war das Aufeinandertreffen von Gastgeber München, Berlin, Virtus Bologna und Roter Stern Belgrad natürlich eine prächtige Gelegenheit, ein paar Expertisen nach North Carolina zu funken. Welche Spieler der pensionierte Nationalcenter im Auge hatte, war natürlich Betriebsgeheimnis, dennoch gab es ein paar Eindrücke, die sich auch dem geneigten Beobachter erschlossen.

Und dann wanderte auch noch die magentafarbene Trophäe in die Vitrine des FC Bayern, nach einem nervenaufreibenden 84:82-Sieg gegen Roter Stern Belgrad. Im kleinen Finale unterlagen die Berliner Bologna 76:90, es war eine kleine Wiedergutmachung der hoch gehandelten Italiener, die sich namhaft verstärkt haben, dem FCB tags zuvor aber 73:76 unterlegen waren. Bologna hatte indes direkt vor dem Turnier Coach Sergio Scariolo, auch spanischer Nationaltrainer, entlassen. Und Nachfolger Luca Banchi, der als lettischer Nationalcoach beinahe den Siegeszug der Deutschen im WM-Viertelfinale beendet hätte, war noch abwesend. Wie alle Kontrahenten mussten auch die Berliner auf eine Handvoll wichtiger Akteure verzichten, allerdings ist abzusehen, dass Alba nach dem Weggang vieler Schlüsselspieler europäisch eine kleinere Rolle spielt.

Das dürfte beim zweiten deutschen Euroleague-Vertreter anders sein: Jüngster Beleg ist der Wechsel von NBA-Urgestein Serge Ibaka an die Isar. Der 2,08-Meter-Athlet aus Brazzaville/Kongo, der an diesem Montag 34 Jahre alt wird, stand für Oklahoma City Thunder, Orlando Magic, Toronto Raptors, Los Angeles Clippers und die Milwaukee Bucks in insgesamt 1071 Partien auf dem NBA-Parkett. 2019 gewann er mit Toronto als Führungsfigur sogar den bedeutendsten Basketball-Titel. Im zweiten Jahr bei den Clippers, wohin Ibaka im Corona-Herbst 2020 gewechselt war, warf ihn eine Rückenoperation zurück, später in Milwaukee bekam er nicht die gewünschte Spielzeit, Anfang 2023 wurde sein Vertrag aufgelöst.

Die Werte des Zugangs Serge Ibaka aus der NBA sind eindrucksvoll: zwölf Punkte und 7,1 Rebounds im Schnitt, 36 Prozent Dreierquote

Seine bis dahin erzielten Werte sind eindrucksvoll: zwölf Punkte und 7,1 Rebounds im Schnitt, dazu eine Dreierquote von 36 Prozent. Dass die Münchner überhaupt die Chance bekamen, einen solchen Mann zu verpflichten, lag zum einen an seiner unbefriedigenden letzten Station in Milwaukee, zum anderen an der zweiten Königspersonalie der Bayern: Trainer Pablo Laso. "Dass Pablo Laso der Trainer ist, war für mich ebenfalls ein entscheidender Faktor. Für mich ist er einer der besten Trainer der Welt", ließ Ibaka nach seiner Ankunft wissen.

Der Angriff auf die europäische Spitze ist ja das erklärte Ziel des FCB und sollte nach dieser Saison einigermaßen fortgeschritten sein, dann nämlich ziehen die Bayern in den 12 000 Zuschauer fassenden SAP Garden. Dafür hat der 55-jährige spanische Coach seinem Team einen ansehnlichen Tempo-Basketball verordnet, vor allem der neue US-Spielmacher Carsen Edwards flitzte atemberaubend schnell übers Parkett und war mit 41 Punkten bester Schütze des Turniers. Auch der argentinische Guard Leandro Bolmaro sowie der französische Nationalspieler Sylvain Francisco, der nach der WM erstmals für den FCB auflief, wussten das Spiel zu beschleunigen. Dass Devin Booker hohes Euroleague-Niveau hat, ist keine Neuigkeit, entsprechend trat der Center in Erscheinung. Zudem weiß der FC Bayern in Ivan Kharchenkov, der erst 16 Jahre alt ist und sich auch von einer großen Bühne wie dem BMW Park nicht beeindrucken ließ, ein Riesentalent in seinen Reihen.

Überbewerten will den Erfolg im Lager der Bayern niemand, aber er ist ein Ausrufezeichen. Denn die Serben zählen zu jenen Euroleague-Teams, die nach einer wenig befriedigenden Vorsaison ihrem Kader ein völlig neues Gesicht verpasst haben. So kamen unter anderen der serbische Altstar Milos Teodosic oder der brasilianische Spielmacher Yago Dos Santos, der Ulm mit überragenden Leistungen zum deutschen Meistertitel geführt hat und auch bei der WM überzeugte. Auch wenn den Gegnern wichtige Akteure fehlten, bleibt ein starker Eindruck der Münchner. Und man darf nicht vergessen, dass natürlich auch dem Gastgeber eine Handvoll seiner Besten fehlte: Die drei Weltmeister Andreas Obst, Isaac Bonga und Niels Giffey hatten zwar auch ordentlich zu tun, allerdings beschränkte sich das auf eine Autogrammstunde, bei der Hunderte Fans eine ähnliche Stimmung machten wie in der Halle. "Wenn du diese Begeisterung hier siehst, diesen Wahnsinn, dann realisierst du doch irgendwann, was das für ein großes Ding ist", sagte Giffey über den WM-Titel.

Die drei Weltmeister werden am Montag ins Training einsteigen, wie Ibaka, zudem wartet Coach Laso auf die Rückkehr der verletzten Freddie Gillespie und Kapitän Vladimir Lucic. An den beiden Tagen waren im Übrigen knapp 8000 Zuschauer in der Halle, obwohl in knapp zwei Kilometern Entfernung die Wiesn tobte. Und der Reiz, mal vorbeizuschauen, wird nicht nur für Yassin Idbihi steigen.

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