FC Bayern - 1. FC Nürnberg:Pinola entschuldigt sich

Lesezeit: 4 min

Nach seiner Spuck-Attacke ruft der Nürnberger Verteidiger Widersacher Bastian Schweinsteiger an. Sonst zeigte das bayerische Derby, dass der FC Bayern einige neue Varianten hat.

Thomas Hummel

Bastian Schweinsteiger hatte schon ein schwarzes Sweatshirt an, mit der rechten Hand zog er seinen Rollkoffer kraftvoll hinter sich her, die linke Hand sollte die Angreifer abwehren. Schweinsteiger wollte die Szene, die ihn zum Kochen brachte, nicht noch einmal kommentieren. Und so rannte er fast durch die Katakomben der Münchner Arena, bald hetzte eine Meute Kameras und Männer mit Mikrofonen und Stiften hinter ihm her.

Dabei gibt es in Argentinien gar keine Lamas: Javier Pinola, der Spucker aus Nürnberg. (Foto: dapd)

Die Meute erlegte ihr Opfer dann doch in dem Sinne, als dass Schweinsteiger seine Worte, die er zuvor in Fernsehsendern kundgetan hatte, kurz vor dem Ausgang wiederholte. Er warf dem Nürnberger Linksverteidiger Javier Pinola vor, ihn während des 3:0 des FC Bayern gegen den 1. FC Nürnberg angespuckt zu haben. "Das find ich unglaublich", sagte der Mittelfeldspieler des FC Bayern, "so was hab ich noch nie erlebt." Schweinsteigers kantiges Gesicht erhärtete sich vor Erregung. "Das ist kein Fairplay, kein Respekt, bei ihm hat man schon öfter so was erlebt." Er forderte Sanktionen gegen Pinola: "Da muss noch etwas nachkommen."

Die Fernsehsender mussten zunächst lange suchen, um die Szene ausfindig zu machen. Sky fand sie dann, musste sie aber arg heranzoomen, selbst dann war es nur vage zu erahnen.

Mit bloßem Auge war nach 43 Spielminuten zu erkennen gewesen, dass Pinola bei einem Freistoß der Münchner aus der Mauer gerannt war und ihm Schweinsteiger mit dem Ellbogen im Gesicht den Weg versperrt hatte. Als sich der Nürnberger wieder aufrappelte, lief er abseits des Balles (es folgte eine Ecke) hinter seinem Kontrahenten her, beschwerte sich und wollte ihn zur Rede stellen. Doch Schweinsteiger würdigte ihn keines Blickes. Pinola ließ nicht locker, Schweinsteiger würdigte ihn weiter nicht. Plötzlich zuckte Schweinsteiger und beschwerte sich bei Schieds- und Linienrichtern.

Pinola selbst passierte im Stadion-Untergeschoss Mikrofone und Stifte mit der Aussage: "Ich hab nichts zu sagen. Es tut mir leid." Sein Sportdirektor Martin Bader hingegen warf sich verbal in den Ring mit dem erregten Schweinsteiger: "Pino ist alles andere als ein unfairer Sportsmann." Schweinsteiger solle sich die Mühe machen, sich öfter mit "Pino" zu beschäftigen als zweimal im Jahr, erregte sich Bader.

Am Montag löste Pinola selbst die Situation auf: FC-Bayern-Mediendirektor Markus Hörwick berichtete am frühen Nachmittag, der Argentinier habe den Schweinsteiger angerufen. "Er hat sich kleinlaut entschuldigt, und Bastian Schweinsteiger hat die Entschuldigung angenommen", sagte Hörwick.

Wenn eine solche Szene derart im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, verlief das Spiel zuvor entweder sehr langweilig, oder sehr einseitig. An diesem frühen Sonntagabend in München galt Letzteres. Der FC Bayern München ist auf dem Weg, die Dominanz der vergangenen Saison wiederzufinden, und weil nun einige lange verletzte Profis zurückgekommen sind, steigt die Zuversicht in München.

Dabei dürfen Kritiker anmerken, dass der 1. FC Nürnberg wie so häufig auf der knapp 160 Kilometer langen Reise in die Landeshauptstadt irgendwo unterwegs den Mut verloren hatte. Selbst vier Pflichtspiel-Siege in Folge und ein lautstarker Anhang, der vor dem Anpfiff das Duell gegen die Münchner Fans leicht für sich entschied, im Gepäck halfen nicht. "Wir hatten zu viel Respekt und haben uns nicht richtig gewehrt", bemängelte Bader.

FC Bayern: Einzelkritik
:Sie kommen zurück!

Beim 3:0 der Bayern gegen den 1. FC Nürnberg beeindrucken ein neuer Aggressive Leader, Mario Gomez mit einer Müller'schen Quote - und ein Rückkehrer, der das Stadion zum Brodeln bringt. Die Einzelkritik mit Vote.

Thomas Hummel, Fröttmaning

Allein in der inzwischen üblichen Schwächephase des FC Bayern nach der Pause hatten die Gäste kurz die Möglichkeit, der Partie eine neue Wendung zu geben. Doch Julian Schieber vergab zweimal aussichtsreich, später auch Pinola und Gündogan, die das Außennetz beziehungweise das Tordach trafen. Sonst wurden die Franken von sich sehr lustvoll einsetzenden Oberbayern beherrscht wie eh und je. Seit 1992 hat Nürnberg nicht mehr in München gesiegt.

"So was hab ich noch nie erlebt" - Bastian Schweinsteiger echauffierte sich über Nürnbergs Javier Pinola. (Foto: imago sportfotodienst)

Dabei scheint Louis van Gaal neben der ewigen Ballkontrolle nun einige neue Varianten ins Spiel zu bringen. Waren die Bayern selbst vor einigen Wochen vom Mainzer Pressing überrascht worden, hechelten diesmal die Münchner selbst ihren Gegnern bis zu deren Strafraum hinterher. Und sollten die Nürnberger doch einen Rest Mut mit ins Stadion gerettet haben, die Münchner Attacken nahmen ihnen nun auch den.

Außerdem gab Trainer Louis van Gaal trotz der vielen Rückkehrer weiterhin den vielen einstigen Ersatzspielern die Chance, sich zu bewähren. Einigen verlieh das fast Flügel. Allen voran Danijel Pranjic, dem linken Außenverteidiger. Der Kroate sprintete die Außenbahn entlang wie schon lange kein Münchner Außenverteidiger mehr, der nicht Philipp Lahm heißt. Pranjic war lange Zeit an jedem guten Angriff beteiligt, bereitete das 1:0 von Mario Gomez vor (10.), leitete das 2:0 ein, als Gomez nach seinem Querpass gefoult wurde und Lahm den Elfmeter verwandelte (57.).

Den Bayern eröffnete dieses Spiel aber noch mehr Varianten. Breno verteidigte nach seinem Kreuzbandriss und acht Monaten Pause wieder 45 Minuten lang und war danach "glücklich aber sehr müde". Und dann wirbelte auch Franck Ribéry zum ersten Mal seit dem 21. September und einem Bänderriss im Knöchel. Seine Ecke führte zum 3:0 von Gomez (75.).

Ach ja: Mario Gomez trifft also weiterhin nach Belieben, das waren seine Bundesliga-Saisontore sechs und sieben. Und dennoch verließ er betrübt das Areal. Die Chance auf Saisontreffer Nummer acht hatte er nämlich beim zweiten Bayern-Elfmeter des Abends über die Latte gejagt (87.). "Das ist unheimlich ärgerlich. Ich war mir hundertprozentig sicher. Aber ich hab den Ball zu gut getroffen", klagte er .

Ein Abend also, an dem die Bayern mühelos 3:0 gewinnen und sich trotzdem mehrfach ärgern. Obwohl die Münchner weiterhin nur auf Platz sechs notiert sind, obwohl sie zwölf Punkte hinter Platz eins liegen, ist das ein sicheres Zeichen, dass sich die Bundesliga nicht zu sicher sein sollte. Der nächste Gegner heißt: Bayer Leverkusen.

© sueddeutsche.de/hum - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: