FC Augsburg:Nach dem Parabelflug

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Auf seiner neuen Position zeigt Arne Maier (hier gegen Schalke) wieder, was er kann. (Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/Imago)

Einst hochgelobtes Talent, dann nur noch Abstiegskämpfer: Arne Maier erlebt nach seinem bisher schwierigsten Karriereabschnitt beim FC Augsburg seine beste Phase in der Bundesliga. Sogar ins Blickfeld von Bundestrainer Flick hat er sich gespielt.

Von Maik Rosner

Viele Geschichten erzählt man am besten von ihrem Anfang oder Ende. Bei Arne Maier vom FC Augsburg aber muss wohl in der Mitte begonnen werden. Das ist nicht nur zeitlich zu verstehen, sondern auch räumlich. Seine Geschichte handelt ja von einem hochbegabten Fußballer, der dort, wo er sich zu Hause fühlte, plötzlich nicht mehr richtig klarkam. Das galt vor allem für seinen Heimatverein Hertha BSC, aber auch für seine Position in der Mittelfeldzentrale.

Bei den Berlinern war Maier schon kurz vor seinem 19. Geburtstag zum Stammspieler in der Bundesliga aufgestiegen. Von einem "Wunderkind" war die Rede, Maier wurde gehypt als neuer Toni Kroos, mindestens. Besonders stolz waren die Berliner auf ihn, weil Maier aus Ludwigsfelde im Speckgürtel der Hauptstadt stammt und sich der Hertha bereits 2007 angeschlossen hatte, im Alter von acht Jahren. Nach Maiers Durchbruch bei den Profis stand für seinen damaligen Trainer Pal Dardai fest, dass es für das Talent spätestens mittelfristig in die deutsche Nationalmannschaft gehen würde. Doch weder Maier noch seine Karriere konnten bei diesem Tempo Schritt halten, das er plötzlich nicht mehr selber vorgab, sondern die Erwartungen. Sehr steil war es aufwärts gegangen. Dass es danach rasant nach unten ging, hatte auch viel mit einer Knieverletzung zu tun, der weitere Blessuren folgten. Maiers Karriereverlauf in der Mitte seiner Geschichte glich einem Parabelflug.

Inzwischen ist es wieder deutlich nach oben gegangen. Maier hat großen Anteil daran, dass der FC Augsburg eine weitgehend sorgenfreie Saison spielt. Vielleicht kann das noch latent drohende Thema Abstieg nach Ostern schon als so gut wie erledigt betrachtet werden. Dem Heimspiel gegen den 1. FC Köln am Samstag folgen am Sonntag die direkten Vergleiche zwischen den Abstiegskandidaten Bochum und Stuttgart sowie Hoffenheim und Schalke. Dem FCA könnte diese Konstellation zugute kommen.

"Er hat in allen Bereichen einen Step gemacht", lobt Trainer Maaßen. "Ein guter Fußballer war er schon immer."

Die ziemlich komfortable Ausgangsposition der Augsburger darf auch auf jene Veränderungen zurückgeführt werden, die Maier nach seiner schwierigsten Karrierephase bei der Hertha durchlebte. Wann immer er über diese Zeit spricht, fallen Sätze, die von seinen damaligen inneren Kämpfen erzählen. "Ich musste einfach raus aus dem Umfeld, aus der Komfortzone." Oder auch: "Ich kannte jeden Mitarbeiter. Du warst immer der Jugendspieler." Es folgte im Oktober 2020 die Leihe zu Arminia Bielefeld und im Sommer 2021 die weitere Leihe zum FC Augsburg. Bei beiden Vereinen brauchte Maier etwas Anlauf, um sich zurechtzufinden. Beim FCA ist er spätestens seit dem vergangenen Sommer richtig angekommen, nachdem er für angeblich fünf Millionen Euro Ablöse fest verpflichtet worden war.

Bei der zweiten wichtigen Veränderung nach dem Abschied aus Berlin musste Maier ebenfalls nicht ganz freiwillig raus aus seiner Komfortzone. Diesmal war es seine angestammte Position im defensiven Mittelfeld. Der neue Augsburger Trainer Enrico Maaßen versetzte den 24-Jährigen im Januar ins rechte Mittelfeld. "Für mich war es am Anfang natürlich schwierig. Ich habe mein ganzes Leben auf der Sechs gespielt", sagt Maier. Inzwischen fühlt er sich in der neuen Rolle wohl. Davon kündet auch seine Statistik. Gleich in seinem ersten Spiel im rechten Mittelfeld gelang ihm in Dortmund ein Tor, je eines kam in den vergangenen beiden Heimspielen gegen Bremen und Schalke hinzu. "Er hat in allen Bereichen einen Step gemacht. Ein guter Fußballer war er schon immer", lobte Maaßen.

Sogar ins Blickfeld von Bundestrainer Hansi Flick hat sich Maier gespielt. Schon als Bayern-Trainer soll sich Flick für Maier interessiert haben. Vielleicht wird es ja mittelfristig doch noch etwas mit der Nationalelf. Maier hat alle Jugendteams des DFB durchlaufen und wurde 2021 als Kapitän der U21 Europameister. Fände seine Geschichte eine Fortsetzung bei Flick, wäre das mindestens bemerkenswert. Denn als Talent zum Shootingstar zu werden, ist schon schwierig. Noch schwieriger ist es, nach einem solchen Aufstieg eine längere Phase zu durchleben, in der es nicht gut läuft, und es dann doch nach ganz oben zu schaffen. Sollte Arne Maier das irgendwann gelingen, könnte man seine Geschichte wohl am besten erzählen, wenn man mit ihrem Ende anfängt.

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