Fußball:Operation mit offenem Herzen

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Werden Augsburg fehlen: Elvis Rexhbecaj and Carlos Gruezo (Trikotnummer 8), die hier Mitte Oktober Kölns Ondrej Duda bedrängen. (Foto: Frederic Scheidemann/Getty)

Beim FC Augsburg machen sich nach zuletzt nur zwei Remis in fünf Spielen die Ausfälle wichtiger Säulen zunehmend bemerkbar. Gegen Frankfurt fehlt nun auch noch das angestammte Sechser-Duo Carlos Gruezo und Elvis Rexhbecaj.

Von Maik Rosner

Drei Momente vom zurückliegenden Spiel in Stuttgart haben sie beim FC Augsburg in schlechter Erinnerung behalten, nicht nur das Gegentor in der Nachspielzeit. Dieses hatte dazu geführt, dass sie 1:2 beim VfB verloren. Ärgerlich geriet das aus Sicht der Augsburger auch deshalb, weil sie bereits im Spiel zuvor gegen Leipzig kurz vor dem Abpfiff ihren Ertrag schwinden gesehen hatten, als sie nach einer 3:0-Führung noch das 3:3 kassierten.

Die anderen beiden Momente, an die sie nicht gern zurückdenken, ereigneten sich in Stuttgart in der 13. und 78. Minute, und obwohl sie eher unscheinbar daherkamen, haben diese Momente den Nachteil, dass sich ihre unangenehme Wirkung erst jetzt entfaltet. Denn wenn die Augsburger an diesem Samstag Eintracht Frankfurt empfangen, werden Carlos Gruezo und Elvis Rexhbecaj wegen ihrer jeweils fünften gelben Karte gesperrt fehlen. Enrico Maaßen muss improvisieren, wie so oft in den vergangenen Wochen. Augsburgs Trainer spricht lieber davon, "kreativ" sein zu wollen. Er hat Übung darin, auch im defensiven Mittelfeld, im Herzen des Spiels.

Ende Juli hatte sich der fest eingeplante Sechser Niklas Dorsch einen Mittelfußbruch zugezogen. Bei seinem Comeback-Versuch in der zweiten Mannschaft Anfang Oktober brach die Fraktur erneut auf. Auch wegen seiner Absenz haben sich Rexhbecaj und Gruezo als Sechser-Duo etabliert. Rexhbecaj, Zugang aus Wolfsburg, ist sogar der Augsburger mit den meisten Pflichtspielminuten in dieser Saison. Er bringt es auf 1208 Minuten, hinter ihm folgen Jeffrey Gouweleeuw (1170) und Gruezo (1091).

Allein die Dauerpräsenz von Rexhbecaj und Gruezo veranschaulicht ihren Wert für die Mannschaft - und, welchen Verlust ihr Ausfall bedeutet. Hinzu kommt, dass Augsburg in dieser Saison die meisten Zweikämpfe geführt hat, fast 2500. Gefühlt entfällt die Hälfte davon auf Rexhbecaj, der mit seiner enormen Einsatzbereitschaft zur Symbolfigur der körperbetonten Augsburger Spielweise aufgestiegen ist. Dass er und der ebenfalls rauflustige Gruezo nun fehlen, fällt umso mehr ins Gewicht, weil Frankfurt jene Mannschaft stellt, die in der Liga die zweitmeisten Zweikämpfe geführt hat.

Es gibt auch Zeichen der Hoffnung: Torwart Gikiewicz und Innenverteidiger Oxford stehen wieder bereit

Es ist für die Augsburger wegen dieser Ausfälle im Zentrum also keine Operation am offenen Herzen, sondern eher eine Operation mit offenem Herzen, wenn man so will. Wie Maaßen das Fehlen des angestammten Duos im Maschinenraum auffängt, will er selbstredend nicht verraten. Er verweist nur auf die Optionen Arne Maier, Julian Baumgartlinger, Fredrik Jensen und Mads Pedersen sowie auf die Möglichkeit, eine Dreierkette und nur einen Sechser anzuordnen. So oder so werde es wegen Frankfurts Qualität im Mittelfeld und der Offensive "wichtig sein, sorgsam mit dem Ball umzugehen", sagt Maaßen. Es gehe darum, "unsere Angriffe gut abzusichern, gutes Gegenpressing zu spielen, gut gegen den Ball zu sein, vor allen Dingen auch geschlossen gegen den Ball zu verteidigen." Damit sind vor allem jene Aufgaben umschrieben, die ins Ressort der fehlenden Kämpfertypen Rexhbecaj und Gruezo fallen.

Schon zuletzt hatte es sich bemerkbar gemacht, dass immer wieder Säulen wegbrachen. Nur zwei Remis aus den vergangenen fünf Pflichtspielen stehen in der Bilanz, der Trend zeigt nach unten. Bei ihrer zwischenzeitlichen Serie von drei Siegen war das anders. Drei Mal hintereinander konnten sie mit derselben Startelf auflaufen, ehe Stammtorwart Rafal Gikiewicz (Prellung) und André Hahn (Knorpelschaden) ausfielen und seit zwei Wochen auch der Rechtsverteidiger Robert Gumny fehlte. Sein möglicher Vertreter Raphael Framberger zog sich im Training eine Schnittwunde am Knie zu und steht ebenfalls nicht zur Verfügung. Zwischendurch war sogar die komplette Innenverteidigung ausgefallen, nachdem sich Gouweleeuw und Maximilian Bauer gegen Wolfsburg binnen zwei Minuten ihre jeweils fünfte gelbe Karte eingehandelt hatten. Insgesamt 41 Mal wurden die Augsburger schon verwarnt, mit Abstand am häufigsten in der Liga. Da ließe sich ansetzen.

"Nicht einfach", nennt Maaßen die häufigen Ausfälle. Es sei auch für die Mannschaft angenehmer, "wenn man mehrere Spiele mit einer ähnlichen Aufstellung spielen kann. Man hat ja gesehen zwischendrin, dass uns das sehr gut getan hat". Doch Maaßen will nicht klagen vor den letzten drei Spielen vor der WM-Pause gegen Frankfurt, bei Union und gegen Bochum. Zumal es auch Gründe zur Zuversicht gibt. Gikiewicz dürfte gegen Frankfurt wohl ins Tor zurückkehren. Zudem steht nach Felix Uduokhai und Frederik Winther nun auch der weitere lange verletzte Innenverteidiger Reece Oxford wieder bereit. In seinen ersten beiden Jahren beim FCA spielte der Engländer übrigens oft als Sechser.

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