Ihren großen Tag hat Spaniens Policía Nacional am 2. Oktober, zumindest in religiöser Hinsicht. Denn dieses Datum ist im Heiligenkalender der katholischen Kirche dem Patron der Polizei vorbehalten, den Santos Ángeles de la Custodia, den Heiligen Schutzengeln. "Meinen Sie, wir sollten ihnen ein Gebet widmen?", fragte ein Polizeisprecher am Dienstag in Sevilla auf die Frage nach dem Schutzheiligen seines Korps. Nun, um es mit den berühmten Worten des Komponisten Maximilian Stadler an Ludwig van Beethoven zu sagen: Nutzt's nix, schadt's nix.
Am Mittwoch steht in Sevilla das Europa-League-Finale zwischen Eintracht Frankfurt und den Glasgow Rangers an, es geht einher mit einer beispiellosen Besucherzahl, die Generalkommissar Juan Carlos Castro bei einer Pressekonferenz "einen einzigen Wahnsinn" nannte, "una barbaridad". Sevilla hat 750 000 Einwohner.
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Man rechne anhand der registrierten Buchungen verlässlich mit etwa "80 000 bis 100 000 Schotten sowie mit 50 000 Deutschen", doch selbst diese Zahlen können sich als Wunschtraum entpuppen. Allein an der nahen portugiesischen Algarve leben 30 000 Schotten, wie viele davon sich von dort und anderen Auswanderhotspots wie der Costa del Sol, den Balearen oder den Kanaren auf den Weg machen, sei nicht absehbar. Die Hotelkapazitäten sind komplett erschöpft. Doch wenn's nur das wäre.
Das Stadion Ramón Sánchez Pizjuán reiche nicht an die 44 000 Plätze heran, beide Klubs seien mit lediglich 10 000 Karten versorgt worden, eine Hälfte der Restkarten reservierte der ausrichtende europäische Fußballverband Uefa für sich, die andere Hälfte ging in den freien Verkauf. Es werde Fans geben, die "unter allen Umständen" versuchen werden, ins Stadion zu gelangen - gewaltsam, mit gefälschten Karten "oder verkleidet als Sicherheits-Stewards". Zudem seien beide Fanlager bekannt dafür, sowohl vor als auch im Stadion Feuerwerk zu zünden und gegebenenfalls den Platz zu stürmen.
In der Nacht zum Mittwoch gab es nur kleinere Zwischenfälle und fünf Festnahmen von Eintracht-Fans
Der Masse stünden insgesamt 3000 Einsatzkräfte der Policía Nacional gegenüber, die Zahl der privaten Sicherheitsleute und der örtlichen Polizei nannte Castro nicht. Zum Vergleich: Nicht nur die Charter, Fähren und Züge nach Sevilla sind komplett ausgebucht. Es wurden in Andalusien auch 2000 Landeerlaubnisse für Privatflieger erteilt. Ein Rekord. Immerhin: Die Fangruppen gelten als nicht verfeindet, auch wenn sie politisch unterschiedlichen Lagern angehörten. So oder so: "Es ist die totale und absolute Herausforderung", sagte Castro.
In der Nacht zum Mittwoch war die Lage weitgehend ruhig, vor allem gemessen an der Zahl der Fans, die bereits angereist waren. Die spanische Polizei vermeldete am Mittwochmorgen allerdings fünf Festnahmen von deutschen Fans. Sie sollen Teil einer etwa 200 Mann starken Gruppe gewesen sein, die Fans der Glasgow Rangers in Nähe der Kathedrale angegriffen hätten. Auf einem Video, das von einem spanischen Journalisten bei Twitter verbreitet wurde, war zu sehen, wie eine Gruppe schottischer Anhänger mit einem Feuerwerkskörper beschossen wurden. Die Polizei habe sofort eingegriffen und sei ebenfalls mit Flaschen, Gläsern, Tischen und Bengalos attackiert worden.
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Wie lange es am Tag des großen Spiels wohl ruhig bleibt? "Ein großer Teil der Fans trinkt und trinkt sehr viel. Und wenn sie in ihren Heimatländern schon warmes Bier trinken, werden die hier, wo das Bier schön kühl ist, noch mehr trinken", vermutet Castro. Zumal die Hitze von über 30 Grad hinzukommt, "die die Bewohner Sevillas nicht wahrnehmen, weil sie für sie normal ist, und die dazu einlädt, sich zu erfrischen. Wie man weiß, ist Wasser fad, geschmack- und geruchslos. Ein Bier schmeckt besser", sagte der Polizist. Die örtliche Brauerei Cruzcampo rechnet mit einem neuen Bierrekord, die aktuelle Bestmarke wurde 2003 bei einem Finale zwischen dem FC Porto und den Rangers-Erzrivalen von Celtic aufgestellt.
Für alle Fälle wurde den Gaststätten verboten, Mobiliar auf die Terrassen zu stellen. Auch die vielen Baustellen in der Stadt bereiteten der Polizei Sorgen - weniger wegen der Behinderung der Fanbewegungen, sondern weil dort Material liege, das auch "von einem Teil" der Fans zu Wurfgeschossen umfunktioniert werden könnte.
"Aber um das klar zu sagen: Nichts liegt der Polizei ferner, als Alarmstimmung zu verbreiten", sagte Castro. Die Bewohner Sevillas müssten sich auf "ein paar Unannehmlichkeiten" einstellen, auf Gesänge, die auch die ganze Nacht andauern könnten. Was er seinen Nachbarn rate? "Geduld."