European Championships im Fernsehen:"Das sind Zahlen, die wir sonst nicht erreichen"

Die Olympischen Spiele basieren auf dieser Idee, und der Wintersport fährt so seit Jahren Traumquoten ein: Mit Biathlon und Ski alpin erreichen auch Sportarten wie Nordische Kombination oder Bob ein Publikum, von dem Sommersportarten bislang nur träumen konnten. Nur: Tauscht der Zuschauer im Sommer nicht lieber Fernsehcouch gegen Strandliege? Axel Balkausky plant das Sportprogramm der ARD, und wenn man ihn in diesen Tagen anruft, ist er bester Laune, so als gäbe es keine Kritik an den Öffentlich-Rechtlichen und ihren Ausgaben für Sport. Die neue Programm-Erfindung kostet jedenfalls laut Balkausky nicht mehr als die Rechte für die einzelnen Sportarten, die man früher auch schon erworben hatte. "Erfreulicherweise ist unser Konzept aufgegangen", sagt er. "Wir wussten, dass wir das sinkende Zuschauerinteresse von fast allen Sportarten nur dann stoppen können, wenn wir sie bündeln." Schon vor Jahren hatte der Sportkoordinator öffentlich an die Sommersportarten appelliert, sich am Wintersport ein Beispiel zu nehmen. "Es war ein enormer Aufwand, aber auch die Verbände hatten erkannt, dass man alleine nicht mehr die Relevanz hat, um einen Sendeplatz zu besetzen."

Die Zuschauerzahlen in der ersten Woche reichten an den Wintersport heran - obwohl das gerade in diesem heißen Sommer nicht unbedingt naheliegend ist. Aber die Faszination eines gebündelten Dauersportprogramms scheint bei manchen stärker zu sein als der Wunsch nach einem Tag am Badesee. "Unsere Analyse hat ergeben, dass sich die Quoten im Vergleich zu den Einzel-Europameisterschaften verdoppelt haben", sagt Balkausky. Am vergangenen Donnerstag schauten 2,81 Millionen die TV-Sendung vom Schwimmen, 1,95 Millionen Menschen sahen die Übertragung des Wasserspringens, normalerweise keine populäre Sportart. "Das sind Zahlen, die wir sonst nicht erreichen. Daher denke ich, dass dieses Format fantastisch ist", sagte Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz.

Die Übertragungen der Leichtathletik-Wettkämpfe zur besten Sendezeit am Abend schauen in der zweiten Woche noch mal doppelt so viele Zuschauer an wie die Übertragungen der restlichen Sportarten, sowohl bei der ARD als auch beim ZDF liegen die Quoten deutlich über dem Senderschnitt. Die Zahlen von fast fünf Millionen Zuschauern in der Spitze bei der Leichtathletik liegen zwar deutlich unter den Werten einer Fußballübertragung. Aber Balkausky sagt: "Es kann nicht das Ziel sein, an den Fußball heranzukommen. Aber das muss es auch gar nicht." Eben weil schon ein Bruchteil der Fußball-Quoten für Fernsehsender ein sehr gutes Ergebnis ist.

Über 100 Stunden Sport werden ARD und ZDF am Ende der European Champions am Sonntag gesendet haben und einen Beleg dafür haben, dass es im sportlichen Kampf um Zuschauergunst gemeinsam besser geht. Nur für Schwimmen, nur für Turnen oder Bahnradfahren schalten kaum Leute ein. Im Paket aber ist das Programm plötzlich attraktiv. Eine Win-win-win-Situation für Sender, Sportbegeisterte und Sportler. Nur: Was ist eigentlich mit Zuschauern, die anderen nicht gern beim Sport zusehen?

An diesem Sonntag jedenfalls gibt es in der ARD um 20.15 Uhr keinen Tatort, sondern Leichtathletik.

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