Europa League:Dortmund will raus aus der Klopp-Starre

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Wird das Rückspiel endlich ein normales Fußballspiel? Der BVB hofft, dass sich seine Spieler ungehemmt ins Duell mit Ex-Trainer Jürgen Klopp stürzen.

Von Freddie Röckenhaus, Liverpool

Der Einreisebeamte am John-Lennon-Flughafen in Liverpool gab sein Bestes. Pierre-Emerick Aubameyang hatte seinen Reisepass vorgezeigt, musste aber noch die Baseball-Kappe absetzen; der Beamte prüfte gewissenhaft, ob das Foto im Pass mit dem Gesicht des Mannes vor ihm übereinstimmte. Nach einigen Blicken durfte Borussia Dortmunds Torjäger passieren: Sein Einsatz in der Europa League beim FC Liverpool ist also gesichert.

Der Rummel vor dem Viertelfinal-Rückspiel am Donnerstag (21.05 Uhr/Sport 1) hat sich gelegt im Vergleich zum Hinspiel, bei dem man den Eindruck hatte, als gehe es in erster Linie um die Rückkehr von Jürgen Klopp an dessen alte Wirkungsstätte. Wenn sie am Zoll "Afrikas Fußballer des Jahres" schon nicht mehr erkennen, scheint sich ja manches normalisiert zu haben.

Watzke: "Unsere Spieler alle bei 120 Prozent"

Dortmunds Boss Hans-Joachim Watzke war jedenfalls heilfroh, dass "die ganze Wiedersehens-Arie jetzt mal ein Ende hat". Im Hinspiel (1:1) vor einer Woche schienen einige Dortmunder Profis in Ehrfurcht vor ihrem alten Trainer Klopp erstarrt zu sein. Andere, die sich bei Klopp eher missverstanden fühlten, hatten wohl etwas zu viel beweisen wollen.

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Watzke sagte auf dem Flug nach Liverpool, dass "dieses Mal unsere Spieler alle bei 120 Prozent" sein würden. Die Europa League werde von allen sehr ernst genommen, die Total-Rotation, die Trainer Thomas Tuchel am Sonntag beim 2:2 bei Schalke 04 vorgenommen hatte, beweise das. Rausrotierte Stammspieler wie Marcel Schmelzer lobten Tuchel ausdrücklich dafür, trotz des prestigeträchtigen Bundesliga-Spiels auf Erholung gesetzt zu haben.

"Trotzdem lache ich mich tot," sagte Watzke, "wenn ich höre, wir hätten bei diesem Spiel in Liverpool besonderen Druck. Das ist Quatsch. Wir sind schon für die Champions League im nächsten Jahr qualifiziert." Liverpool dagegen hat nur noch die Chance, die Europa League zu gewinnen, um nächste Saison in der Champions League dabei zu sein - für diese qualifiziert sich der Sieger der Europa League. Ihre Leistung im Hinspiel hatten viele Dortmunder selbstkritisch beurteilt. Ob die verkrampfte Spielweise gegen eine nicht gerade überragende Mannschaft an der Gegenwart des langjährigen BVB-Trainers Klopp lag, wollte aber keiner zugeben.

Am Mittwochabend in Anfield gab Tuchel jedoch überraschend offen zu, dass man sich "der Energie nicht entziehen" konnte, die entstanden sei, als Klopp in Dortmund erstmals als Trainer eines potenten Gegners auftauchte. "Viele meiner Spieler haben eine großartige Zeit mit ihm gehabt. Das hat eine besondere Atmosphäre erzeugt."

In Liverpool aber sei dies kein Faktor mehr: "Wir sind hier um ein oder zwei Tore zu machen - oder sogar mehr, wir werden also offensiv sein und bereit sein, auch Risiken einzugehen."

Hummels ist wieder fit

Klopp selbst wollte nichts davon wissen, dass seine Anwesenheit seine ehemaligen Spieler in eine schwächere Leistung getrieben habe. "Ich konnte ja nicht wegbleiben, weil ich eventuell jemanden irritiert hätte." Im Rückspiel kann Tuchel auf alle Spieler zurückgreifen, auch der wegen einer Grippe in Schalke zur Pause ausgewechselte Kapitän Mats Hummels sowie der zuletzt mehrere Wochen verletzte Ilkay Gündogan sind einsatzfähig.

Kann gut sein, dass die Dortmunder, sowohl die Klopp-Jünger als auch die Klopp-Gegner im Kader (etwa Henrik Mkhitaryan oder Sven Bender), in der vergangenen Woche tatsächlich ihre Aufarbeitung der Vergangenheit abgeschlossen haben. Nachdem alle die Passkontrolle erfolgreich absolvierten, könnte dieses Mal wirklich der Akzent auf Fußball liegen.

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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