Fußball-EM:Deutschland scheidet im Achtelfinale gegen England aus

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Manuel Neuer: Kann bei der EM nicht mehr eingreifen (Foto: dpa)

Die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw unterliegt in London 0:2 - und scheitert bei dessen letztem Turnier früh.

Die Ära von Joachim Löw als Trainer der deutschen Nationalmannschaft ist nach einer schmerzhaften Wembley-Niederlage beendet. Die Engländer zerstörten durch einen den Traum vom vierten deutschen Europameister-Titel abrupt - die Zeit des Weltmeister-Coaches geht im EM-Achtelfinale vor dem ersehnten letzten Endspiel zu Ende.

55 Jahre nach dem legendären WM-Endspiel 1966 brauchten die Three Lions am Dienstagabend kein historisches Lattentor, um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft erstmals wieder in einem entscheidenden Turnierspiel zu bezwingen. Löw hatte, als es gegen England schieflief, keinen Plan B parat. Raheem Sterling (75. Minute) und Harry Kane mit seinem ersten EM-Treffer (86.) erzielten vor 45 000 euphorisierten Fans die Tore zum 2:0 (0:0)-Sieg der Engländer gegen eine in der spannungsgeladenen Stimmung viel zu harmlose DFB-Elf. Für Rekordcoach Löw endet die DFB-Zeit nach fast 15 Jahren und 198 Länderspielen als Bundestrainer mit einer Enttäuschung.

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Von Philipp Selldorf, London

Thomas Müller vergab in der 81. Minute die große Chance auf den zwischenzeitlichen Ausgleich. Während die DFB-Elf nur zum Kofferpacken nach einem Turnier mit mehr Schatten als Licht noch einmal ins EM-Quartier in Herzogenaurach zurückkehrt, geht die EM-Reise der Engländer weiter. Am Samstag soll im Viertelfinale gegen Schweden oder die Ukraine in Rom das Ticket für die nächste Wembley-Partie im Halbfinale gelöst werden. Der 11. Juli ist als Endspiel-Tag im englischen Fußball-Kalender vorgemerkt.

Zeichen gegen Rassismus vor dem Spiel

Löw und die DFB-Spieler haben dann ungewollt frei. Im September startet Hansi Flick als neuer Bundestrainer mit der Fortsetzung der WM-Qualifikation für Katar 2022 ein neues Kapitel - auf den einstigen Löw-Assistenten wartet viel Arbeit wartet nach der EM-Enttäuschung.

Die Deutschen setzten vor dem Anpfiff zusammen mit den Engländern mit einem Kniefall ein Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt. Auch Löw und sein englischer Kollege Gareth Southgate schlossen sich der Geste an. Wieder gab es vereinzelte Buhrufe während der Geste, die überwiegende Mehrheit der bis zu 45 000 Zuschauer und Zuschauerinnen im Wembley-Stadion klatschte jedoch lautstark Beifall.

Löw winkt frustriert ab

Die Anfangsphase gehörte der DFB-Elf. Leon Goretzka, der bei seinem ersten Startelf-Einsatz bei diesem Turnier wie erwartet Ilkay Gündogan (Schädelprellung) ersetzte, war nach einem feinen Pass von Thomas Müller kurz vor der Strafraumgrenze nur durch ein Foul zu stoppen (8.). Den Freistoß aus zentraler Position schoss Kai Havertz aber in die englische Mauer. Neben Goretzka war auch Havertz' Chelsea-Kollege Timo Werner neu in die Startelf gerückt. Der Angreifer hatte nach einer guten halben Stunde die beste Chance zur Führung, scheiterte aber an Keeper Jordan Pickford (32.). Zwanzig Minuten vor Schluss musste Werner raus, für ihn kam Serge Gnabry.

Zwischen den beiden Chancen und in der Viertelstunde vor der Halbzeit dominierten aber die Engländer. Die Deutschen verloren zu viele Zweikämpfe im Mittelfeld, die Three Lions spielten aggressiver und erarbeiteten sich zeitweise ein deutliches Übergewicht. Löw verschränkte die Arme. Er winkte frustriert ab. Was er auf sah, gefiel ihm nicht.

Sinnbildlich stand zu diesem Zeitpunkt Bayern-Profi Müller, der (zu) viel im leeren Raum rannte und versuchte, seine Mitspieler anzutreiben. Joshua Kimmich war ständig in der Defensive gebunden und konnte offensiv kaum Akzente setzen. Dies gelang den Engländern besser. Sterling scheiterte mit einem Schuss an Torwart Manuel Neuer, der wie sein Gegenüber Harry Kane eine Kapitänsbinde in Regenbogenfarben als Zeichen für Toleranz und sexuelle sowie geschlechtliche Vielfalt trug (16.). Der bislang im Turnier recht glücklose Angreifer von Tottenham Hotspur hätte die Deutschen dann kurz vor dem Wechsel beinahe bestraft.

Pickford rettet sensationell gegen Havertz

Nach einem Fehlpass von Müller drang Sterling in den Strafraum ein. Der Rettungsversuch von Matthias Ginter landete bei Kane, der Neuer schon überlistet zu haben schien - ehe Mats Hummels mit einer eindrucksvollen Grätsche den fast sicheren 0:1-Rückstand verhinderte (45.+2). Hummels war um defensive Stabilität bemüht - konnte die beiden Gegentore aber auch nicht verhindern.

Auch im Prestigeduell mit den Engländern hielt Löw an seiner Grundformation im 3-4-3 System fest. Sein Kollege Gareth Southgate änderte sein System und stellte in der Abwehr auf eine Dreierkette um, die wenige Minuten nach Wiederanpfiff fast bezwungen war.

Doch den Dropkick von Havertz lenkte Pickford reaktionsschnell über die Latte (48.). Wieder gehörte die Anfangsphase dem DFB-Team - wieder aber währte die Drangphase zu kurz. Stattdessen sorgten der starke Sterling und Kane mit seiner Turnierpremiere für den deutschen K.o.

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