Eishockey:Happy End: Mannheim wieder Eishockey-Hauptstadt

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Ingolstadt (dpa) - Berauscht von der siebten Eishockey-Meisterschaft stimmte Mannheims Christoph Ullmann auf dem Rathaus-Balkon seine eigene Version von Helene Fischers "Atemlos" an.

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Ingolstadt (dpa) - Berauscht von der siebten Eishockey-Meisterschaft stimmte Mannheims Christoph Ullmann auf dem Rathaus-Balkon seine eigene Version von Helene Fischers „Atemlos“ an.

Die Stimmungskanone des Champions animierte die mehr als 1000 Adler-Anhänger zum Mitsingen und präsentierte nach acht Jahren Durststrecke ausgelassen den ersehnten Silberpokal. „Mir kann es gar nicht bessergehen. Die Stimme ist etwas heiser, sonst geht es mir super“, sagte ein glücklicher Adler-Kapitän Marcus Kink bei strahlendem Sonnenschein. Noch vor dem Auto-Korso lobte Oberbürgermeister Peter Kurz die Truppe überschwänglich: „Ihr habt eine tolle Saison mit dem Titel gekrönt.“ Schon in der zigarrenrauchgeschwängerten Kabine flossen in der Nacht zum Donnerstag literweise Bier und Schampus, zu dumpfen Bässen läuteten die Adler Mannheim um NHL-Rückkehrer Jochen Hecht dann ihre langersehnte Party ein. „Das bisschen Kraft, das wir noch im Tank haben, werden wir raushauen!“, versprach Ullmann noch am Abend des erlösenden 3:1-Finalsieges beim entthronten ERC Ingolstadt.

Mannheim ist auch dank der Leistungen des zum wertvollsten Spieler der Finalserie gekürten Hecht wieder die Eishockey-Hauptstadt Deutschlands. Nach einer starken Hauptrunde und kaum glaublichen Comebacks in den Playoffs völlig verdient. Erfolgscoach Geoff Ward verglich den Sieg sogar mit dem Gewinn des Stanley Cups in der NHL als Co-Trainer 2011 in Boston. „Es fühlt sich ähnlich an“, sagte er am Mittwochabend durchnässt nach der obligatorischen Bierdusche durch seine Spieler.

Ein leicht blutender Cut an der rechten Wange störte den Trainer nicht - beim Jubel über das erlösende dritte Tor durch Jonathan Rheault Sekunden vor der Schlusssirene hatte Ullmann seinem Trainer den Schläger aus Versehen ins Gesicht gehauen. Doch an Schmerzen hatten sich die Adler in den vergangenen Jahren voller Enttäuschungen mit dem Fast-Titel 2012 und dem erschreckend frühen Playoff-Aus im Viertelfinale 2013 gewöhnt.

„Das war alles Lehrgeld, das wir bezahlt haben“, erinnerte Ullmann, der wie Kapitän Kink und Stürmer Ronny Arendt schon bei der bis dato letzten Mannheimer Meisterschaft 2007 auf dem Eis stand. „Du kämpfst und ackerst und fightest, und am Ende fällt die ganze Last von dir ab. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl.“ Wie kaum ein anderer weiß Ullmann, was dieser Titel für das eishockeyverrückte Mannheim bedeutet: „Die ganze Region hat gelechzt danach.“

Tausende Fans in der heimischen SAP Arena ließen es sich am frühen Donnerstagmorgen nicht nehmen, ihre aus Ingolstadt heimkehrenden Helden zu feiern. Gegen halb vier Uhr in der Früh präsentierten die Cracks in weißen Meister-Shirts den Anhängern den Pokal.

In einer spannenden Finalserie, die nach Spiel drei und einem 6:1 der Ingolstädter in Mannheim zugunsten der Oberbayern zu kippen schien, hatten die Adler am Ende einfach mehr Kraft und den besseren Kader. „Herz und Leidenschaft“ erkannte Nationaltorhüter Dennis Endras als Erfolgsfaktoren und betonte: Wir waren ein eingeschworener Haufen, jeder kämpfte für jeden. Es hat jeden Tag Spaß gemacht. An die anstehende Saison-Draufgabe mit der Nationalmannschaft bei der WM in Prag wollte er erst einmal nicht denken.

Angeführt von Hecht, der nach dem Rückstand durch ERC-Profi Christoph Gawlik (29. Minute) den wichtigen Ausgleich von Kurtis Foster (32.) vorbereitet hatte, spielten die Mannheimer ihre ganze Routine aus. Andrew Joudrey (43.) erzielte das zweite Tor. „Wir haben Vertrauen in uns gehabt, egal was kommt“, sagte Hecht.

Für den 37-Jährigen schloss sich nach den zwei Titeln 1997 und 1998 in Mannheim ein Kreis - und ein Jahr Vertrag hat der Stürmer ja noch bei den Adlern. „Den Alten haben wir mitgezogen“, scherzte Ullmann, ehe er voller Anerkennung in Richtung Hecht unterstrich: „Der hat schon so viele Schlachten geschlagen, so etwas ist Gold wert.“

Die Ingolstädter zeigten sich als faire Verlierer - und müssen den Abschied von Coach Larry Huras nach nur einer Saison zu Modo Hockey aus dem schwedischen Örnsköldsvik verkraften.

Nach dem Final-K.o. drückte Kapitän Patrick Köppchen den kleinen Pokal als DEL-Vizemeister frustriert einem Betreuer in die Hand. „Es ist ein blödes Gefühl, die Mannheimer in der eigenen Halle feiern zu sehen“, sagte er. Torhüter Timo Pielmeier räumte ein: Mannheim hat verdient gewonnen.

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