Eisbären Berlin:Besonderer kleiner Kerl

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Berlins Ty Ronning (links) jubelt nach seinem Treffer zum 3:1. (Foto: Andreas Gora/dpa)

Nur noch ein Sieg fehlt den Eisbären Berlin in der DEL-Finalserie gegen die Fischtown Pinguins zum Titelgewinn. Der Kanadier Ty Ronning übernimmt dabei die Hauptrolle.

Von Christian Bernhard

Das Bild, das Ty Ronning vor dem Spiel lieferte, war ein besonderes. 14 200 Zuschauer passen in die Arena am Berliner Ostbahnhof, doch drei Stunden vor dem vierten Play-off-Finalspiel der Deutschen Eishockey Liga (DEL) war noch kein Zuschauer da. Die einzige Person, die im weiten Rund auf einem der blauen Klappstühle saß, war Ty Ronning, Stürmer der Eisbären Berlin. Der Kanadier, purpurfarbener Eisbären-Hoodie und Eishockeyschläger in der Hand, hatte die Augen geschlossen, er machte das, was man in der Sportpsychologie Visualisierung nennt: mental das durchzugehen, was später im Spiel passieren könnte. Visualisieren sei mentales Doping, heißt es unter Sportpsychologen.

Spielzüge, Pässe und Schüsse habe er vor seinem inneren Auge durchgespielt, erzählte Ronning am späten Dienstagabend, als er eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte, dass sein Visualisierungstraining wunderbar funktioniert hatte. Drei Tore hatte er zum 4:1-Heimsieg der Berliner über die Fischtown Pinguins aus Bremerhaven beigesteuert, es war der dritte Eisbären-Sieg in der Best-of-seven-Finalserie, nur noch einer fehlt zum zehnten Meistertitel in der DEL. Diesen können sich die Berliner schon am Freitag mit einem Sieg in Bremerhaven sichern.

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Der kleinste und leichteste Spieler der Eisbären (1,75 Meter, 74 Kilogramm) war in der vierten Finalpartie der Größte. "Er ist ein besonderer kleiner Kerl", sagte Berlins Trainer Serge Aubin über den schnellen, wendigen, energetischen und mit einem platzierten Schuss ausgestatteten Angreifer. Dreimal bezwang er Bremerhavens Kristers Gudlevskis auf dessen Stockhandseite (18, 48., 56.), dreimal konnte der DEL-Torhüter des Jahres wenig bis nichts machen. DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke war auch von Ronning angetan, der nun mit acht Toren die Playoff-Torschützenliste anführt, er bezeichnete ihn als "kleines Playoff-Monster".

Ronnings Weg war vorgezeichnet, sein Vater Cliff bestritt knapp 1300 Spiele in der NHL

Das hatte Ronning bereits vergangene Saison angedeutet, als er ein großer Faktor beim Finaleinzug des ERC Ingolstadt war. In seinen drei Monaten in Ingolstadt war er so gut, dass er seinen Plan, nach Bozen zu wechseln, verwarf, da ein Eisbären-Angebot herein flatterte. In Südtirol wollte er eigentlich die italienische Staatsbürgerschaft und damit die Möglichkeit bekommen, bei Olympia 2026 in Mailand und Cortina für das Heimatland seiner Mutter Ivana aufzulaufen. Überhaupt ist er ein Mann für die besonderen Momente. Seinen drei Final-Treffern am Dienstag war im Halbfinale gegen Straubing der alles entscheidende in der Verlängerung vorangegangen. Wenige Tage vorher entschied sein Schuss in Straubing das drittlängste Spiel der DEL-Geschichte, in der 111. Minute, ebenfalls in der Verlängerung.

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Ronnings Weg in das Eishockey-Geschäft war vorgezeichnet. Sein Vater Cliff bestritt knapp 1300 Spiele in der NHL, Ty war als Kind immer in der Kabine mit dabei, in Nashville, Los Angeles, Minnesota und New York, wo sein Vater die letzten seiner 19 NHL-Jahre bestritt. "Er war mein Superheld", sagt Ronning junior über seinen Vater. Seine drei Schwestern sind allesamt im Show-Business tätig, er selbst war ein Stunt-Double bei der bekannten Eishockey-Fernsehserie Mighty Ducks. Ronning weiß sich im Licht der Öffentlichkeit zu bewegen.

Und er spürt Verlangen nach seinem ersten Meistertitel als Profi. "Wir wollen es. Wir wollen es unbedingt", sagte er nach seiner Gala-Vorstellung bei Magentasport. Als er auf sein Interview auf der Eisfläche wartete, murmelte er " one more", noch ein Sieg, vor sich hin und unterstrich das mit einem wippenden Zeigefinger. Womöglich visualisierte er da schon, was am Freitag passieren könnte.

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